Nr. 7/2003
Unvorteilhaftes Bild einer Politikerin

(X. c. «Weltwoche») Stellungnahme des Presserates vom 14. März 2003

Drucken

I. Sachverhalt

A. Die «Weltwoche» veröffentlichte in der Ausgabe Nr. 48/2002 einen Artikel von Markus Schneider mit dem Titel «Warten auf die Ohrfeige», der sich mit der Ausgangslage von Bundesrätin Ruth Metzler vor der Wiederwahl vom 4. Dezember 2002 beschäftigte. Der Artikel war mit einem Porträtfoto der Bundesrätin illustriert.

B. Mit Schreiben vom 1. Januar 2003 gelangte X. an den Presserat und machte geltend, der Abdruck einer «entstellenden» Fotografie der Justizministerin komme einem Missbrauch der Pressefreiheit gleich. Seine Beschwerdebegründung ergänzte der Beschwerdeführer am 5. Januar 2003 dahingehend, der Abdruck habe auch die Menschenwürde der Bundesrätin und mithin Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Zudem sei mit der Veröffentlichung einer «derart brutal und unprofesssionell ausgeleuchteten, ins Nasenloch hinaufgezielten Grossaufnahme» auch das Fairnessprinzip verletzt. Im übrigen wäre der «ganze Aufwand» nicht nötig gewesen, wenn die «Weltwoche» seinen kurzen Leserbrief vom 30. November 2002 veröffentlicht hätte.

E. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen. Das Presseratspräsidium – bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidenten Daniel Cornu und Esther Diener-Morscher – hat die vorliegende Stellungnahme per 14. März 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Ziffer 8 der «Erklärung» haben die Journalistinnen und Journalisten die Menschenwürde zu respektieren. Die zugehörige Richtlinie 8.1 lautet: «Die Informationstätigkeit hat sich an der Achtung der Menschenwürde zu orientieren. Sie ist ständig gegen das Recht der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der direkt betroffenen oder berührten Personen als auch gegenüber der gesamten Öffentlichkeit.» In seiner bisherigen Praxis zu Ziffer 8 der «Erklärung» und zur Richtlinie 8.1 hat der Presserat die Veröffentlichung des Unfallbildes eines sterbenden jungen Mannes in Nahaufnahme (Stellungnahme 25/00 i.S. P. c. «Blick») sowie die systematische Verunglimpfung eines Politikers mit einer «Fäkaliensprache» (Stellungnahme 38/00 i.S. S. c. «WochenZeitung») als Verletzung der Menschenwürde taxiert.

2. Zwar ist dem Beschwerdeführer zuzugestehen, dass Bundesrätin Metzler im beanstandeten Porträt nicht in vorteilhaftester Weise gezeigt wird, weil insbesondere das linke Auge zugekniffen ist und der Blickwinkel von unten herauf die gewohnten Proportionen verändert. Dessenungeachtet kann jedoch keine Rede davon sein, dass sie allein schon dadurch in ihrem Menschsein herabgewürdigt oder verunglimpft worden wäre.

3. Ebensowenig ist die Fairnesspflicht verletzt. Der Presserat hat in der Stellungnahme 2/99 i.S. C. c. «Facts» festgehalten, dass auch Äusserlichkeiten von Personen des öffentlichen Lebens kritisch beschrieben werden dürfen, wenn diese für jedermann ohnehin sichtbar sind. Im Zusammenhang mit der Bildberichterstattung über Kulturveranstaltungen hat der Presserat in der Stellungnahme 5/96 zudem bereits festgehalten, dass es zwar im Interesse der Veranstaltungen liege, ihre Veranstaltung möglichst im besten Licht darzustellen. Aufgabe der Journalistinnen und Journalisten sei es hingegen, eine kritische Distanz zu wahren. Diese kritische Distanz kann sich auch dadurch äussern, dass eine Politikerin durch die Medien – insbesondere wenn ein solches Bild zur Illustration eines entsprechenden Textbeitrages verwendet wird – im Gegensatz zur kommerziellen Kommunikation – nicht immer mit dem strahlendsten Lächeln abgebildet werden muss.

4. Abschliessend sei daran erinnert, dass die «Weltwoche» gemäss der Richtlinie 5.2 (Leserbriefe) zur «Erklärung» berufsethisch nicht verpflichtet war, die Zuschrift des Beschwerdeführers abzudrucken.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.