Nr. 24/2004
Unterschlagung wichtiger Informationen / Quellennennung / Kennzeichnung unbestätigter Meldungen

(X. AG c. «Basler Zeitung») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 21. Mai 2004

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I. Sachverhalt

A. In Ihrer Ausgabe vom 6. November 2003 veröffentlichte die «Basler Zeitung» im Regionalteil einen Bericht mit dem Titel «Flüchtiger Serbe wohnte in Laufen». Auslöser des Berichts war ein wegen «Schiessereien in Basel und Birsfelden» gesuchter Mann. Laut der «Basler Zeitung» wohnte dieser mit seiner Frau und drei Kindern in einem seiner Mutter gehörenden Haus in Laufen. Der Erwerb des Hauses sei äusserst korrekt abgelaufen. «Die Finanzierung sei über eine Bank abgewickelt worden. Es könne keine Rede davon sein, dass, wie teilweise behauptet, das Geld für das Haus bar hinterlegt worden sei. Das Haus soll 720000 Franken gekostet haben». Die Polizei, die aufgrund von abends eingeschaltetem Licht von der Anwesenheit der Bewohner ausging, habe die Liegenschaft während mehrerer Tage beobachtet und schliesslich gestürmt. Von den Bewohnern habe jede Spur gefehlt. «Bauherr der Überbauung (…) ist die X. AG. Das Areal, auf dem die 209 verschachtelt ineinander gebauten Häuser stehen, hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Die zentrumsnahe Lage, aber auch die geschützte Lage führten zu spekulativen Käufen. Zu den Besitzern hatte zuletzt auch die inzwischen konkursite Y. gehört. Der Verkauf der Liegenschaften ist noch in Gang. Der Fall V. sei deshalb für die Besitzer Ðäusserst unangenehmð (…). Rein gar nichts habe nämlich darauf hingewiesen, dass er in irgendwelche Gewalttaten verwickelt sein könnte.»

B. Mit Schreiben vom 10. November 2003 protestierte die X. AG dagegen, dass sie im Zusammenhang mit der Ergreifung eines Täters genannt wurde, der in Birsfelden aktiv gewesen sei. Insgesamt habe der Artikel offensichtlich bezweckt, durch die Aneinanderreihung mehrerer negativer Behauptungen die These zu stützen, «die Sache sei grundfaul, und eigentlich sei es nur logisch, dass in Birsfelden so etwas geschehen konnte, bei einer solchen Überbauung in Laufen».

C. Am 20. November 2003 wies der Konzernanwalt der Basler Zeitung Medien die Vorwürfe der X. AG als unverständlich zurück. Die «Basler Zeitung» erklärte sich jedoch bereit, zu berichtigen, dass nicht die X. AG, Bauherr der Überbauung sei, sondern vielmehr die Baugesellschaft Z. der die X. AG zusammen mit anderen Partnern angehöre. Die entsprechende Berichtigung erschien am 4. Dezember 2003.

D. Am 1. Dezember 2003 gelangte die X. AG mit einer Beschwerde an den Presserat. Darin rügte sie eine Verletzung der Ziffern 1 (Wahrheitspflicht) und 3 (Unterschlagung von wichtigen Informationen / Entstellung von Tatsachen / Kennzeichnung von unbestätigten Meldungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».

E. In ihrer Beschwerdeantwort vom 6. Januar 2004 wies die durch den Konzernanwalt vertretene Redaktion der «Basler Zeitung» die Beschwerde als unbegründet zurück.

F. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.

G. Am 8. Januar 2004 erklärte der Presserat den Schriftenwechsel als geschlossen und teilte den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium, bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher behandelt.

H. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 21. Mai 2004 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Soweit die X. AG generell eine «Falschinformation» durch die «Basler Zeitung» rügt, sieht sich der Presserat mangels näherer Begründung dieses Vorwurfs nicht in der Lage, diesen Vorwurf zu prüfen. Dementsprechend wird auf die generelle Beanstandung der Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» (Wahrheitspflicht) nicht eingetreten.

2. a) Laut der Beschwerdeschrift vom 1. Dezember 2003 stehen für die X. AG insbesondere zwei Passagen des Artikels vom 6. November 2003 im Vordergrund, durch die sie offenbar die Ziffer 3 der «Erklärung» verletzt sieht.

– «Die Finanzierung sei über eine Bank abgewickelt worden. Es könne keine Rede davon sein, dass, wie teilweise behauptet, das Geld für das Haus bar hinterlegt worden sei. Das Haus soll 720000 Franken gekostet haben.»

– «Das Areal, auf dem die 209 verschachtelt ineinander gebauten Häuser stehen, hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Die zentrumsnahe Lage, aber auch die geschützte Lage führten zu spekulativen Käufen.»

Bezüglich der ersten Passage macht die Beschwerdeführerin sinngemäss geltend, aus der Formulierung «wie teilweise behauptet» gehe die Informationsquelle nicht hervor. Der Hinweis auf Bargeld mache den Fall interessant, weil er Spekulationen über Schwarzgeld auslöse. Schliesslich mache die unüberprüfte Nachricht, dass das Haus 720000 Franken gekostet haben «soll», die «Sache zusätzlich dubios».

Bei der zweiten Passage werde «die architektonische Verpackung und die im übrigen attraktive Zentrumslage völlig unbegründet als Mittel verwendet, Verbrechertheorien zu stützen. (…) Abwegig, nicht begründet, in keiner Weise nachvollziehbar und nicht bewiesen ist der Hinweis auf «spekulative Käufe».

b) Für die «Basler Zeitung» ist demgegenüber nicht nachvollziehbar, weshalb die journalistische Information «im Zusammenhang mit den Aussagen über die Finanzierung des betreffenden Bauwerks» undurchsichtig sei. Ebensowenig werde die Leserschaft allein aus der Verwendung des Verbs «soll» beim Hinweis auf den Kaufpreis und den Zahlungsmodus ableiten, die Sache sei dubios oder es sei Schwarzgeld im Spiel. Generell macht die «Basler Zeitung» geltend, die beanstandete Berichterstattung beruhe auf seriösen Recherchen des verantwortlichen Redaktors. Schliesslich sei der Vorwurf der X. AG grotesk, aus der Beschreibung der Berichterstattung über die architektonische Gestaltung liessen sich Verbrechertheorien ableiten und der Artikel enthalte «dunkle Anspielungen».

c) Bei Betrachtung des beanstandeten Berichts mag man sich zwar durchaus fragen, wie die «Basler Zeitung» dazu kommt, eine Meldung über eine (fehlgeschlagene) Polizeiaktion im Zusammenhang mit der Personenfahndung nach einem wegen einer Schiesserei in Birsfelden gesuchten Mann bloss deshalb mit Informationen über die Geschichte einer Wohnüberbauung zu verweben, weil der Gesuchte zufälligerweise dort gewohnt hat. Ebenso könnte man sich fragen, was es der Leserschaft bringt, im Zusammenhang mit dem Titel «Flüchtiger Serbe wohnte in Laufen», zu erfahren, dass die X. AG, bzw. eine Gesellschaft, an der sie beteiligt ist, Bauherrin dieser Überbauung ist. Dies zu beurteilen ist allerdings weder Sache der Beschwerdeführerin, noch diejenige des Presserates. Gemäss ständiger Praxis des Presserates liegt die Auswahl der zu publizierenden Informationen im alleinigen Ermessen der Redaktion (vgl. beispielsweise die Stellungnahmen 1/1992, 9/1994, 26/2000).

Soweit die X. AG darüber hinaus subjektiv sinngemäss geltend macht, die Leserschaft der «Basler Zeitung» habe aus dem Artikel fälschlicherweise einen Zusammenhang zwischen einem Verbrechen und einer Überbauung abgeleitet, kann der Presserat diesen Vorwurf nicht nachvollziehen. Denn dem unbefangenen Leser dürfte nach der Lektüre des Artikels weiterhin klar sein, dass es vorliegend weder der Bauherrschaft noch den Mitbewohnern einer Liegenschaft oder Überbauung angelastet werden kann, dass ein mutmasslicher Krimineller dort wohnt oder gewohnt hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die «Basler Zeitung» in Bezug auf die Informationen über Hintergründe der Überbauung die Quellen nicht nennt. Zumal aus den Formulierungen ersichtlich wird, welche Informationselemente unbestätigt oder gar dementiert worden sind. Schliesslich
kann der Presserat auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht beurteilen, ob der Hinweis auf «spekulative Käufe» berechtigt ist oder jeglicher Grundlage entbehrt.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.