Nr. 38/2009
Trennung von Fakten und Kommentar / Respektierung der Persönlichkeit / Menschenwürde

(EKT Holding c. «Thurgauer Zeitung») Stellungnahme des Presserates vom 21. August 2009

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I. Sachverhalt

A. Am 22. Dezember 2008 veröffentlichte die «Thurgauer Zeitung» auf der Frontseite einen Artikel von Marc Haltiner mit dem Titel «Ruf nach Konsequenzen bei EKT». Der Lead des Berichts lautet: «Der Druck auf den EKT-Verwaltungsrat nimmt zu. Die Grünen wollen den Einfluss des Kantons auf die EKT AG verstärken. Experten fordern personelle Konsequenzen.» Dem Lauftext ist zu entnehmen, der Verlust von 35 Millionen Franken, der dem kantonalen Elektrizitätswerk aufgrund einer Anlage in Papiere der im Herbst 2008 konkurs gegangenen amerikanischen Bank Lehman Brothers entstanden sei, bleibe vorerst ohne personelle Konsequenzen. Gemäss dem Präsidenten der Kantonsregierung, Bernhard Koch, werde der Regierungsrat den Verwaltungsrat wiederwählen und keinen Druck ausüben, um den EKT-Direktor zur Verantwortung zu ziehen.

Demgegenüber pochten die Grünen darauf, dass neben dem offenbar im Alleingang für die Anlage verantwortliche ehemaligen EKT-Finanzchef auch der Direktor und der Verwaltungsrat die Verantwortung übernehmen müssten. Ins gleiche Horn würden auch der Freiburger Professor Max Boemle und der St. Galler Wirtschaftsprofessor Vito Roberto stossen.

Illustriert ist der Artikel mit einem Bild von EKT-Direktor Urban Kronenberg. Die zugehörige Bildlegende lautet: «Der Steuermann steht in der Kritik: EKT-Direktor Urban Kronenberg.»

B. Am 9. Januar 2009 wandte sich die EKT Holding (nachfolgend: EKT) mit einer Beschwerde gegen die «Thurgauer Zeitung» an den Presserat. Die Aussage und den Inhalt des Berichts vom 22. Dezember 2008 lasse man so stehen. Hingegen stösst sich die EKT an der Veröffentlichung des Bildes, das aus dem Jahr 2004 stamme. Während die Bildlegende von einem Steuermann in der Kritik spreche, zeige das Bild einen fröhlichen EKT-Direktor. Damit werde suggeriert, den Direktor kümmere die aktuelle Situation wenig. Dies entspreche aber absolut nicht den Tatsachen. Auch wenn neben dem Bild der Hinweis «Archivbild» stehe, unterscheide die Leserschaft nicht zwischen einem Bild aus guten Tagen und der Krise, von welcher der Artikel berichtet. Durch die Publikation des nach Auffassung der Beschwerdeführerin unangemessen und die Persönlichkeit des Betroffenen nicht respektierenden Bilds habe die «Thurgauer Zeitung» die Richtlinien 2.3 (Trennung von Fakten und Kommentar), 7.3 (Personen des öffentlichen Lebens), 7.10 (Bilder von Kriegen, Konflikten und Prominenten) und 8.1 (Achtung der Menschenwürde) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.

C. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Presseratspräsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher und Vizepräsident Edy Salmina, hat die vorliegende Stellungnahme per 21. August 2009 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

Gemäss Art. 10 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat auf offensichtlich unbegründete Beschwerden nicht ein. Die EKT stellt deutlich überhöhte Anforderungen an die Illustration von Medienberichten. Sowohl aufgrund des Kontexts wie auch aus der Kennzeichnung als Archivbild wird für die Leserschaft klar, dass das Bild von EKT-Direktor Urban Kronenberg nicht den aktuellen Gemütszustand des Betroffenen widerspiegelt, ihm also nicht eine entsprechende Dokumentationsfunktion zukommt.

Es entspricht gängiger, durch den Presserat nicht zu beanstandender Medienpraxis, Berichte zu aktuellen Themen häufig mit Archivbildern zu illustrieren. Die «Thurgauer Zeitung» hat das von ihr verwendete Archivbild, in Übereinstimmung mit der Richtlinie 3.3 zur «Erklärung», ausdrücklich als solches gekennzeichnet. Der Bericht vom 22. Dezember 2008 setzt sich zwar mit der Frage bzw. entsprechenden politischen Forderungen auseinander, ob Direktor und Verwaltungsrat nicht persönliche Konsequenzen aus dem Millionenverlust ziehen sollten. Dabei stellt die «Thurgauer Zeitung» aber keineswegs in den Raum, Direktor Kronenberg nehme die Situation nicht ernst. Entsprechend ist für den Presserat nicht nachvollziehbar, inwiefern durch die aus Sicht der EKT verfehlte Bildauswahl Fakten und Kommentare ungenügend getrennt sowie die Persönlichkeit des Direktors, insbesondere sein Recht am eigenen Bild oder gar die Menschenwürde verletzt sein sollten.

III. Feststellungen

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.