I. Sachverhalt
A. Am 15. August 2016 veröffentlichte die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) einen als Glosse bezeichneten Beitrag mit dem Titel «Burka tragende Trans-Menschen», gezeichnet von Jan Flückiger. Der Lead lautet: «Trans-Frauen, die Burka tragen, sind bis anhin keine bekannt. Gäbe es sie, die SP-Frauen würden sich für sie einsetzen.» Der Autor setzt sich im Artikel damit auseinander, dass sich die SP-Frauen neuerdings mit * schreiben (SP-Frauen*). Damit wollten sie zum Ausdruck bringen, dass sie sich auch für Trans-Frauen einsetzten. Ganz abgesehen davon, dass der geneigte Leser wegen des * stets vergeblich nach der inexistenten Legende oder Fussnote suche, sei es von den Urhebern wohl nicht ganz beabsichtigt, dass mit der expliziten Erweiterung des biologischen Geschlechts im Parteinamen genau dieses noch betont werde. Gänzlich verwirrend werde es allerdings, wenn die Co-Präsidentin der SP-Frauen* sich in einem SP-Editorial gegen das Burkaverbot ausspreche. Es gebe keine offizielle Statistik dazu, wie viele Männer, die lieber Frau wären oder schon zu einer geworden sind, eine Burka oder einen Nikab trügen. Tröstlich sei selbst für konvertierte Trans-Menschen – wenn es sie denn gäbe – dass sich die SP-Frauen* für sie einsetzen würden.
B. Am 12. September 2016 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen diesen Artikel ein und beantragte, dass der Autor für diese Publikation, welche er nur gegen die «Political Correctness» der SP-Frauen* Schweiz richte, zur Verantwortung zu ziehen und zu einer offiziellen Entschuldigung und Abdruck derselben in der NZZ zu verpflichten sei. Der als Glosse bezeichnete Beitrag beginne schon im Titel und Untertitel, eine absolute Minderheit der Bevölkerung, die erwiesenermassen schon im alltäglichen Privatleben, im Wirtschaftsleben und im öffentlichen Leben mit Diskriminierung, Zurücksetzung/Ausgrenzung und wirtschaftlicher Ausgrenzung im Arbeitsleben zu kämpfen habe, ins Lächerliche zu ziehen. Flückiger wolle deutlich machen, dass der Gender-Stern als Anhängsel am Gruppennamen der SP-Frauen* genauso haltlos, unnötig, lachhaft, politisch überflüssig, gesellschaftlich nicht konsensfähig und auch nicht tolerierbar sei wie zum Beispiel der Einsatz der SP-Frauen* Schweiz für gesellschaftliche Gerechtigkeit, deren Nicht-Herstellung in Staat und Gesellschaft eben diesen Staat jährlich Unsummen koste. Durch die Illustration des Artikels mit einem Foto, welches drei muslimisch bekleidete Frauen spazierend in einer Einkaufszone zeige, werde eine völlig entfremdete Situation als Satire/Glosse dargestellt, welche weder etwas mit dem Anliegen der SP-Frauen*, noch mit dem muslimischen Glauben, noch mit dem Anliegen der Gendergerechtigkeit und am allerwenigsten mit der Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft zu tun habe. Der Verfasser versuche, das Anliegen der SP-Frauen* nach Inklusion von Menschen, deren Erscheinungsbild nicht demjenigen der Mehrheit der Bevölkerung entspreche, ins Lächerliche zu ziehen. Durch die Bezugnahme allein auf die Gruppe von Menschen, welche gemeinhin «Trans*Frauen» genannt werden, nehme der Autor eine patriarchalische und voreingenommene Verunglimpfung speziell dieser Menschen vor. Im Abschnitt «Keine Fussnote» setze er den Inklusionsstern (*) absolut nur mit Geschlecht gleich. Mit dem Hinweis auf ein SP-Editorial der Co-Präsidentin der SP-Frauen*, welches mit dem Satz «Obwohl es nur um einige wenige Burka-tragende Frauen* (sic!) geht, fordern rechtsnationale Kreise nun eine Kleidervorschrift in der Verfassung …, vermeintlich, um unterdrückte Frauen* zu befreien» zitiert werde, werde klar, dass hier eine Minderheit diskriminierend, herablassend und keinesfalls «satirisch» benutzt werde. Im Ergebnis – so die Beschwerdeführerin – habe der Verfasser für einen «satirischen» Beitrag zur öffentlichen Diskussion über den Inklusionsstern (*) im Anhängsel der SP-Frauen* schlichtweg das Thema verfehlt, schlecht recherchiert und eine Menschengruppe diskriminiert. Der Autor sei wegen Verstosses gegen die Standesregeln zu rügen und evtl. zu einer Gegendarstellung im Gespräch mit den SP-Frauen* zu verpflichten.
C. Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presserats-präsidium, bestehend aus Dominique von Burg, Präsident, Francesca Snider, Vizepräsidentin, und Max Trossmann, Vizepräsident, Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.
D. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 29. September 2017 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Gemäss Art. 11 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, die offensichtlich unbegründet ist.
2. a) Als Glosse wird ein kurzer und pointierter, oft satirischer oder polemischer journalistischer Meinungsbeitrag bezeichnet, dessen überzeugende oder unterhaltende Wirkung von der formal und inhaltlich leichten Eleganz des Textes abhängt, zu der eine verblüffende Überschrift, Wortspiele, Wissens- und Bildungshäppchen, ein überraschender Schlussgag und – vor allem – Komik beitragen. Ob der Autor das Thema verfehlt hat, wie die Beschwerdeführerin meint, hat der Presserat nicht zu beurteilen, ebenso wenig die Qualität der Glosse Jan Flückigers. Soweit X. zudem eine offizielle Entschuldigung und Abdruck derselben verlangt sowie die Verpflichtung zu einer Gegendarstellung im Gespräch mit den SP-Frauen, sei auf das Geschäftsreglement des Presserats verwiesen. Gestützt darauf kann der Presserat in seinen Stellungnahmen Feststellungen treffen und Empfehlungen erlassen. Er hat keine Sanktionsmöglichkeiten (Art. 17 Abs. 2 Geschäftsreglement) und kann demnach Journalisten auch nicht zu einer Entschuldigung verpflichten. Gegendarstellungen sind zudem zivilrechtlich geregelt und fallen somit in die Zuständigkeit der Zivilgerichte.
b) Implizit stellt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerdeschrift die Frage nach den Grenzen von Satire. In ständiger Praxis hat der Presserat festgehalten, dass die berufsethischen Normen auch für satirische Beiträge gelten. Satire als Absicht soll dem Publikum zudem erkennbar sein. Letzteres ist vorliegend der Fall, der Artikel «Burka tragende Trans-Menschen» ist als Glosse bezeichnet. Für die Leserin und den Leser ist klar, dass der Autor die Namensbezeichnung der SP-Frauen neu mit Sternchen bzw. Asterisk (*) auf die Schippe nimmt und in Verbindung setzt zur Aussage der Co-Präsidentin der SP-Frauen*, welche sich gegen das Burkaverbot ausgesprochen hat. Als berufsethische Norm beruft sich die Beschwerdeführerin auf das Verbot der Diskriminierung. Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichte und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verlangt von Medienschaffenden, dass sie die Menschenwürde respektieren und in ihrer Berichterstattung in Text, Bild und Ton auf diskriminierende Anspielungen, welche die ethnische oder nationale Zugehörigkeit, die Religion, das Geschlecht, die sexuelle Orientierung, Krankheiten sowie körperliche oder geistige Behinderung zum Gegenstand haben, verzichten. Der ergänzte Name hat laut Selbstdeklaration der SP-Frauen den Zweck, die SP Frauen für Trans*frauen zu öffnen und so ihre Offenheit für alle Trans*menschen zu symbolisieren. Der Autor nimmt u.a. eine Aussage zu Burka-tragenden Frauen* zum Anlass, um unter dem Titel «Im falschen Körper» die Frage zu erörtern, wie viele Männer, die lieber Frau wären, eine Burka oder einen Nikab tragen mögen und sich somit zu mokieren über die allfälligen Konsequenzen der Wortwahl Frauen* im Zusammenhang mit dem Tragen einer Burka. Im Visier hat der Autor damit klar die SP-Frauen* und deren Namenswahl, nicht jedoch Trans-Menschen oder Menschen muslimischen Glaubens generell. Eine Diskriminierung in Bezug auf die sexuelle Orientierung oder Religion ist für den Presserat nicht ersichtlich. Die Beschwerde ist somit offensichtlich unbegründet.
III. Feststellung
Der Presserat tritt auf die Beschwerde nicht ein.