Nr. 41/2009
Quellennennung / Unterschlagung von wichtigen Informationen

(X. c. «Gesundheitstipp») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 28. August 2009

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I. Sachverhalt

A. In der Ausgabe 3/2009 vom 3. März 2009 titelte der «Gesundheitstipp» auf der Frontseite: «Rotwein fürs Herz. Stichprobe: Das sind die gesündesten Tropfen.» Der zugehörige Artikel auf den Seiten 14 und 15 mit dem Titel «Das sind die gesündesten Rotweine» führt dazu im Lead aus: «Resveratrol ist ein natürlicher Stoff, der das Herz schützt. Wie viel davon Rotweine enthalten, hängt von der Anbaumethode und vom Klima ab. Das zeigt eine Stichprobe des ‹Gesundheitstipp›». Der Wirkstoff Resveratrol, ein Abwehrstoff gegen Mehltau und den Botrytis-Pilz, stamme aus den Schalen und Kernen der blauen Trauben. Er komme deshalb nur im Rotwein und im roten Traubensaft vor. Besonders Bio-Weine und Weine aus eher kühlen und feuchten Regionen wie aus den Schweizer Bergen oder dem Norden der USA würden viel Resveratrol enthalten. «Forscher vermuten, dass Resveratrol sogar das Altern verlangsamen und vor Krebs schützen kann.»

B. Am 30. März 2009 gelangte X. mit einer Beschwerde gegen den «Gesundheitstipp» an den Presserat. Die Überschrift auf dem Titelblatt («Rotwein fürs Herz. Stichprobe: Das sind die gesündesten Tropfen.») sei reisserisch und suggeriere, dass Rotwein an sich gesund sei. «Auch dass es dazu gesündere und gesündeste Sorten gibt. Diese Gesundheitsanpreisung ist gesetzwidrig (…) Tatsache ist, dass trotz eventuell herzschonender Eigenschaften die negativen ‹Nebenwirkungen› durch den Alkoholgehalt derart ins Gewicht fallen, dass verantwortungsbewusste Forscher davon abraten, dass bisherige Nicht-Konsumenten wegen dieser möglichen positiven Wirkung mit dem Konsum beginnen.»

Der Hauptartikel nenne zudem die Quellen nicht, auf welchen die Behauptungen über die positive Wirkung von Resveratrol beruhten. Nicht erwähnt werde, dass Resveratrol inzwischen auch synthetisch hergestellt werde und im roten Traubensaft enthalten sei. Eine Versorgung mit Resveratrol sei möglich, ohne die schädigenden Wirkungen des Alkohols in Kauf zu nehmen. Beim Leser des Artikels werde einzig der Eindruck haften bleiben, dass der Konsum von Rotwein ungeachtet der Menge gesund sei. «Auf die Menge werden sie kaum mehr gross achten, denn Rotwein ist ja gesund bis am gesündesten.» Das Titelblatt und der Artikel sei einer Zeitschrift nicht würdig, die sich als Hüter und Förderer der Gesundheit seiner Leserschaft anpreist.

C. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Presseratspräsident Dominique von Burg und Vizepräsident Edy Salmina, hat die vorliegende Stellungnahme per 28. August 2009 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet. Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher, freie Mitarbeiterin des «Gesundheitstipp», trat in den Ausstand.

II. Erwägungen

1. Gemäss Art. 10 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat auf offensichtlich unbegründete Beschwerden nicht ein. Der Presserat hat sich bereits in der Stellungnahme 33/2006 im Zusammenhang mit einer ähnlich lautenden Beschwerde mit dem Standpunkt des Beschwerdeführers zu den gesundheitlichen Risiken des Alkoholkonsums auseinandergesetzt. Er wies damals darauf hin, es sei nicht Sache des Presserats, «in Bezug auf die (positiven oder negativen?) Wirkungen von massvollem Alkoholgenuss zu den unterschiedlichen Positionen Stellung zu nehmen. Zudem ist der Beschwerdeführer daran zu erinnern, dass aus der ‹Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten› keine berufsethische Pflicht zu ‹objektiver Berichterstattung› abgeleitet werden kann.»

2. An diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der beanstandeten Berichterstattung des «Gesundheitstipp» festzuhalten. Ebenso wie dem Beschwerdeführer, der auf seiner Website alkoholpolitik.ch seine Auffassung umfassend darstellt, ist es auch einem Medium wie dem «Gesundheitstipp» unbenommen, einen generellen Bericht zum Thema «Alkoholkonsum» oder zu einzelnen Teilaspekten zu veröffentlichen, der von einem anderen Standpunkt ausgeht.

Es ist deshalb berufsethisch nicht zu beanstanden, wenn der «Gesundheitstipp» in Titel und Text kommentierend wertet, der Konsum von Rotwein sei gesund. Zumal er in einer für die Leserschaft nachvollziehbaren Weise darlegt, auf welchen Fakten – die gesundheitsfördernde Wirkung von Resveratrol – diese Wertung beruht. Im Sinne der Richtlinie 3.1 (Quellenbearbeitung) ist es zudem für das Verständnis der Leserschaft nicht zwingend, die Quellen zu nennen, auf die sich die Zeitschrift für die behauptete gesundheitsfördernde Wirkung abstützt. Und ebenso wenig war der «Gesundheitstipp» bei der Veröffentlichung der Ergebnisse eines Tests zum Resveratrolgehalt von verschiedenen Rotweinen verpflichtet, ergänzend darauf hinzuweisen, dass Resveratrol auch synthetisch hergestellt werden kann und auch im (alkoholfreien) roten Traubensaft enthalten ist. Die Zeitschrift propagiert im beanstandeten Bericht schliesslich keineswegs den übermässigen Konsum von Rotwein. Die (implizite) Empfehlung des Artikels zielt wenn schon eher darauf, Bioweine oder solche aus kühleren Regionen zu trinken, bei denen der gewünschte Effekt bereits beim Konsum von massvollen Mengen eintritt.

III. Feststellungen

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.