I. Sachverhalt
A. Am 3. August 2015 berichtete «Blick.ch» unter dem Titel «Polizist fesselt kranken Bub (8) mit Handschellen» über die Verhaftung eines achtjährigen Buben in den USA. In der Oberzeile heisst es: «Er schreit vor Schmerzen», der Lead lautet «‹Hör auf zu zappeln›, sagt der Beamte zu dem kleinen Jungen, der unter einer Hyperaktivitätsstörung leidet. Und bindet ihm die Arme auf den Rücken.» Der Text beschreibt den Vorfall, der zudem auf einem Video zu sehen ist. Das Vergehen des Drittklässlers: Er habe im Unterricht gestört und versucht, den Beamten mit dem Ellbogen zu treffen. Die verstörenden Szenen seien dem TV-Sender CNN von der Bürgerrechtsorganisation ACLU zugespielt worden. Diese habe inzwischen Klage gegen den an der Schule als Aufsichtsperson angestellten Polizisten eingereicht.
B. Am 5. August 2015 reichte X. Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Das Video mit der regelrechten Misshandlung des Schülers bleibe nicht nur ihm, sondern vielen weiteren Lesern verstörend, irritierend und nachhaltig in Erinnerung. X. macht geltend, die Publikation von Bildern eines misshandelten Kindes stehe dem Gebot der Menschenwürde (Ziffer 8 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten») diametral entgegen. Daran ändere nichts, dass das Gesicht des Kindes nicht erkennbar sei. Selbst wenn der Bericht über die Misshandlungen einem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspräche, gelte dies bestimmt nicht für das begleitende Video. Die Oberzeile «Er schreit vor Schmerzen» sowie die zum Video gehörende Bildlegende «Schockvideo: Polizist fesselt 8-Jährigen mit Handschellen» animiere den Leser geradezu, das Video anzuklicken. Ebenso verstosse der Artikel gegen Richtlinie 8.1. Die Achtung der Menschenwürde schütze auch die Öffentlichkeit. Die Bilder dienten sodann eher einer sensationellen Darstellung als dem Recht der Öffentlichkeit auf Information. Sowohl hinsichtlich Grösse, Detaillierung als auch Beschreibung gingen die Bilder weit über das Notwendige hinaus (Richtlinie 8.3).
C. Gemäss Art. 13 Abs. 1 seines Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.
D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann, hat die vorliegende Stellungnahme per 31. Dezember 2015 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Gestützt auf Art. 11 Absatz 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn diese offensichtlich unbegründet erscheint.
2. Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde insbesondere gegen die Veröffentlichung des Videos «mit einer regelrechten Misshandlung des Schülers» und räumt ein, selbst wenn der Artikel über die Misshandlungen einem Informationsbedürfnis des Öffentlichkeit entspräche, gelte dies bestimmt nicht für das begleitende Video. Für den Presserat ist denn auch die Berichterstattung von «Blick.ch» im Artikel selbst nicht zu beanstanden. Für das Video ist diese Frage gesondert zu beantworten. Für den Presserat fällt speziell ins Gewicht, dass die darin gezeigten Personen nicht erkennbar sind. Zudem informiert das Video über mehr als fragwürdige Methoden der Polizei, es hat somit einen realen Informationswert. Richtlinie 8.1 verlangt, dass sich die Informationstätigkeit an der Achtung der Menschenwürde zu orientieren hat. Sie ist ständig gegen das Recht der Öffentlichkeit auf Information abzuwägen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der direkt betroffenen oder berührten Personen als auch gegenüber der gesamten Öffentlichkeit. Vorliegend überwiegt offensichtlich das Recht der Öffentlichkeit auf Information, die Verbreitung des Videos ist deshalb vertretbar.
Nicht folgen kann der Presserat zudem dem Beschwerdeführer, wenn er eine Verletzung von Richtlinie 8.3 (Opferschutz) geltend macht. Danach müssen Autorinnen und Autoren von Berichten über dramatische Ereignisse oder Gewalt immer sorgfältig zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und den Interessen der Opfer und der Betroffenen abwägen. Journalisten sind sensationelle Darstellungen untersagt, welche Menschen zu blossen Objekten degradieren. Als sensationell gilt insbesondere die Darstellung von Sterbenden, Leidenden und Leichen, wenn die Darstellung in Text und Bild hinsichtlich detailgetreuer Beschreibung sowie Dauer und Grösse der Einstellungen die Grenze des durch das legitime Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit Gerechtfertigten übersteigt. Wie oben ausgeführt, geht das Recht der Öffentlichkeit auf Information im vorliegenden Fall vor. Die Darstellung der Behandlung des Schülers degradiert diesen nicht zum blossen Objekt. Zudem ist er im Video nicht erkennbar. Ziffer 8 der «Erklärung» (Menschenwürde) ist deshalb offensichtlich nicht verletzt.
III. Feststellung
Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.