Nr. 59/2004
Kommentarfreiheit / Berichtigungspflicht / Redaktionelle Unabhängigkeit

(Rasi c. «Basler Zeitung») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 30. November 2004

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I. Sachverhalt

A. Vom 24. bis 28. März 2004 fand in Basel zum dritten Mal das Festival «les muséiques» (Basler Museums-Musik-Woche) statt. Medienpartner dieses Festivals ist die «Basler Zeitung», die mehrere Berichte über das Festival veröffentlichte.

B. Am 30. April 2004 gelangte Roland C. Rasi mit einer Beschwerde gegen die «Basler Zeitung» an den Presserat. Roland C. Rasi ist Präsident der Stiftung «les muséiques», der Trägerschaft des Festivals. Der Beschwerdeführer beanstandet, in den Artikeln der «Basler Zeitung» über das Festival vom 26., 27. und 29. März 2004 seien lückenhafte oder fehlerhafte Informationen zu einzelnen aufgeführten Werken verbreitet, bedeutende Künstler verunglimpft und beleidigt worden, das Festivalkonzept lächerlich gemacht, die Akustik in unverhältnismässiger Weise kritisiert, einzelne Auftritte von Künstlern unterschlagen und einzelne Werke nicht erwähnt sowie das Publikum mehrfach beschimpft worden. Zudem habe die «Basler Zeitung» durch Unterdrückung unzähliger Leserreaktionen die Monopolmedienmacht missbraucht. In ihrer Ausgabe vom 1. April 2004 habe die «Basler Zeitung» fälschlicherweise behauptet, der Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt, Jörg Schild, und der Beschwerdeführer seien Schulkollegen. Trotz des umgehenden Protests von Jörg Schild habe die «Basler Zeitung» nie eine Berichtigung veröffentlicht. Insgesamt habe sich die «Basler Zeitung» als «Medienpartner» gegenüber dem künstlerischen Leiter, dem Stiftungsrat «les muséiques» unkorrekt verhalten und gegen die Richtlinien 1.1 (Wahrheitssuche), 2.2 (Meinungspluralismus), 3.1 (Quellenbearbeitung), 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen), 5.1 (Berichtigungspflicht) und 5.2 (Leserbriefe) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.

C. In einer Stellungnahme vom 4. Juni 2004 wies die Redaktion der «Basler Zeitung» die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Beschwerdeführer habe offensichtlich geglaubt, aufgrund der Medienpartnerschaft gewähre die «Basler Zeitung» dem Festival unbeschränkt Raum und Sympathien. Dies sei jedoch nicht mit der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Zeitung vereinbar. Rasis Beschwerde gehe hauptsächlich darauf zurück, dass die Redaktion exzessive Wünsche nicht erfüllt habe. Die Konzertberichte seien für die Leserinnen und Leser eindeutig als Werturteile der beauftragten Konzertkritiker erkennbar gewesen. Die Zeitung habe Künstler und Veranstalter zwar kritisiert, aber nicht in unfairer Weise herabgesetzt. Es seien keine wichtigen Tatsachen unterschlagen worden; man habe ausführlich über das Festival berichtet. Schliesslich bestehe kein Anspruch des Publikums oder der Veranstalter, sich auf den Leserbriefseiten zu den Konzertberichten zu äussern. Insgesamt habe sich die Redaktion der «Basler Zeitung» gegenüber den Organisatoren nicht unfair verhalten.

D. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.

E. Am 9. Juni 2004 erklärte der Presserat den Schriftenwechsel als geschlossen und teilte den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium, bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher behandelt.

F. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 30. November 2004 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Der Presserat hat sich bereits mehrfach zur Kulturberichterstattung geäussert und dabei betont, dass die Grenzen der Kommentarfreiheit auch für die Kulturberichterstattung gelten. Danach muss das Publikum auch bei kulturellen Rezensionen in die Lage versetzt werden, faktengestützte Wertungen nachzuvollziehen und sich eine eigene Meinung zu bilden (Stellungnahme 30/2001). Allerdings verdient die Kulturberichterstattung und Kulturkritik einen grossen Spielraum. «Auch eine sehr harsche, einseitige Kritik von künstlerischen Leistungen ist mit der ÐErklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalistenð vereinbar, sofern diese für das Publikum als Werturteil erkennbar ist und zudem weder wichtige Elemente von Informationen unterschlägt noch die betroffene Person in unfairer Weise herabsetzt.» (Stellungnahme 44/2001).

2. Der Beschwerdeführer sieht die dargelegten Grenzen der Kulturberichterstattung mehrfach überschritten:

a) Im Bericht vom 26. März 2004 von Michael Kunkel über das Eröffnungskonzert des Festivals im Basler Kunstmuseum beanstandet Roland C. Rasi insbesondere folgende Passagen:

«Aus zweiten Händen bedienen sich Gubaidulina und Martinu: Ein Schubert-Impromptu, das vielen heute als Handy-Signal geläufig ist, setzte Gubaidulina in ihrem ÐImpromptuð für Flöte (Irena Grafenauer), Violine (Gidon Kremer) und Streichorchester modernistischer Verballhornung aus. Martinu nutzt musikantisches Vokabular seiner böhmischen Heimat, um es im ÐConcerto da camerað in bewährt neoklassizistischer Manier durch Notenwölfe zu drehen. In beiden Werken trat die Kremerata Baltica souverän in Aktion.»

«Neben Gubaidulinas und Martinus Konzertsätzen enttäuschte Thomas Koppels belangloses Stück «Los Angeles Street» trotz beträchtlichem Können der Virtuosin Michala Petri.»

«Akustik-Probleme. Es gehört zur Kernidee des Festivals, Musik aus dem Konzertsaal zu befreien. Ihrer Verpflanzung ins Museum kann ein dekorativer Effekt nicht abgesprochen werden. Doch die akustischen Verhältnisse sind dort unter Umständen, wie die Konzerte vom Mittwoch zeigten, miserabel. Man kann nicht sagen, dass dies dem Hörerlebnis ungemein zuträgt. Es macht vielleicht nichts. Denn der Feier des Selbst – seitens der Künstler, seitens des Publikums – ist ein geeigneter Rahmen gegeben.»

Ausgehend von den oben dargelegten Massstäben der Kulturberichterstattung steht fest, dass die Bezeichnung des «Impromptus» von Gubaidulina als «modernistische Verballhornung» ebenso als Wertung des Rezensenten erkennbar ist wie die Floskel «in bewährt neoklassizistischer Manier durch die Notenwölfe zu drehen». Die Kritik am Werk Gubaidulinas drückt die Vorliebe des Journalisten für das Original Schuberts aus. Diejenige am Werk Martinus bezeugt offenbar ein Missbehagen an der Einbindung von «Rohmaterial» aus der heimatlichen Volksmusik des Komponisten in strenge musikalische Formen. Beide Werturteile äussern sich zudem zu den Werken und dem musikalischen Schaffen von Komponisten, weshalb sie nicht geeignet sind, Personen unfair herabzusetzen. Zudem kommt in der nachfolgenden Passage zum Stück von Thomas Koppel («Neben Gubaidulinas und Martinus Konzertsätzen enttäuschte Thomas Koppels belangloses Stück») zumindest eine relative Wertschätzung zum Ausdruck: Offenbar vermochte der Berichterstatter den beiden Konzertsätzen also doch etwas abzugewinnen.

Bei der ebenfalls als subjektive Wertung erkennbaren Kritik des Werks von Thomas Koppel «Los Angeles Street» als «belanglos» und des entsprechenden Konzertteils als «enttäuschend» ist zwar für die Leserschaft nicht nachvollziehbar, wie der Rezensent zu seinem kritischen Werturteil gelangt. Es würde aber zu weit führen, berufsethisch zu verlangen, bei jeder Wiedergabe einer subjektiven Einschätzung der künstlerischen Qualität eines Werkes oder einer Aufführung in einer Kunstkritik, dem Publikum eine faktische Begründung dieser Kritik mitzuliefern. Die Begründung kann sich auch aus dem Kontext ergeben. Der Presserat hat in der bereits zitierten Stellungnahme 44/2001 darauf hingewiesen, dass auch äusserst subjektive, harsche Kritik, die sich in erster Linie zur künstlerischen Leistung und nicht über private A
spekte der Person des Künstlers äussert, im Rahmen der medialen Kultur- und Kunstkritik ohne weiteres zulässig ist.

Schliesslich vermögen auch die kritischen Bemerkungen zur Akustik der Konzertsäale und der daraus gezogenen Folgerungen auf die Präferenzen von Publikum und Künstlern keine Überschreitung der Grenzen der Kommentarfreiheit zu begründen. Der Presserat ist selbstverständlich nicht in der Lage, die akustische Qualität der beim Festival «les muséiques» als Konzerträume verwendeten Museumsräume «objektiv» zu beurteilen. Und selbst wenn letzteres für einen Fachmann bis zu einem gewissen Grad möglich sein sollte, haftet auch der Beurteilung der Akustik eines Raumes immer etwas subjektiv Wertendes an. Dementsprechend ist es mit der Kommentarfreiheit vereinbar, einen Konzertraum als akustisch miserabel zu bezeichnen und gleichzeitig den ebenfalls erkennbar subjektiven Eindruck wiederzugeben, Publikum und Künstler hätten sich dadurch offensichtlich nicht stören lassen. Letzteres kommt im übrigen zumindest indirekt auch in einer – in einem Schreiben von Roland C. Rasi an den Chefredaktor der «Basler Zeitung» vom 6. Mai 2004 wiedergegebenen – äusserst positiven Reaktion der teilnehmenden Künstlerin Lera Auerbach, New York, zum Ausdruck: «The idea of bringing music into museum spaces, although acoustically difficult at times, provides an inspiring atmosphere und a polyphony of the arts.»

b) Beim Bericht von Benjamin Herzog vom 27. März 2004 über ein weiteres Konzert in der Fondation Beyeler («Liebeslied, Liebesleid und ein zerstreuter Chef») rügte die Beschwerde folgende Passagen:

«Listig lotst Ernst Beyeler die Besucher durch sein Museum. Wer gekommen ist, um die Altistin Dagmar Peckovà zu hören oder den Festivalleiter und Geiger Gidon Kremer, muss sich an Bacon und Rothko vorbeischleichen. Und somit auch an der ursprünglichen Festivalidee, bildende Kunst und Musik in einen Einklang zu bringen, zur Synthese, zum Gesamtkunstwerk.»

«Kremer, Sudraba und Homer waren kein homogenes Ensemble. Spielten die beiden jungen Musikerinnen selbstsicher und souverän, so schien Kremer wenig vertraut mit dem Text. Dass ein Spitzengeiger simple Einsätze verpasst, hätte man eigentlich nicht erwartet. Bogenansatz, Vibrato, Intonation und dadurch bedingt auch die interpretatorische Eigenständigkeit waren nicht auf der Höhe, die Kremer sonst hat. Das Bild eines leicht zerstreuten Geigers wiederholte sich in der Sonate, die bestenfalls die Qualitäten eines guten Al-fresco-Spiels hatte, nicht aber die Tiefe einer Meisterinterpretation. Vielleicht sollte Kremer sich mehr auf seine Rolle als künstlerischer Leiter des Festivals beschränken und das Podium freigeben für andere Musiker.»

Der Beschwerdeführer legt auch hier nicht näher dar, inwiefern die beanstandeten Passagen «mehrheitlich tatsachenwidrig» sein sollen. Offensichtlich hat die einleitende Beschreibung des Zugangs zum Konzert im Museum Beyeler, wertenden Charakter. Allein schon deshalb wird ein unbefangener Leser die Formulierung «muss sich an Bacon und Rothko vorbeischleichen» kaum als besonders abwertend interpretieren. Wenn auch etwas umständlich formuliert sagen die beiden Sätze letztlich nicht viel anders, als dass die Besuchers des Konzerts auf dem Weg in den Konzertsaal mit bildender Kunst konfrontiert wurden, was der Idee des Festivals entspreche.

Wie verhält es sich bei der scharfen Kritik der musikalischen Leistung von Gidon Kremer an diesem Konzert und bei der Schlussfolgerung, er sollte sich vielleicht besser auf seine Rolle als künstlerischer Leiter des Festivals beschränken? Beide Aussagen sind für die Leserschaft als Wertungen des Rezensenten mitsamt den zugrundeliegenden Fakten erkennbar. Ob letztere der Wahrheit entsprechen, ob Kremer beispielsweise tatsächlich «simple Einsätze» verpasst hat, vermag der Presserat anhand der ihm vorliegenden Dokumente nicht zu beurteilen. Auch hier geht es letztlich um eine subjektive Kritik, die sich aber wiederum auf die Sache beschränkt, ohne Eigenschaften der Person unfair aufs Korn zu nehmen.

c) Beim Artikel vom Sigfried Schibli vom 29. März 2004 («Ein Feuerwehrmagazin kann ein prächtiger Konzertsaal sein») beanstandet der Beschwerdeführer folgende Passagen:

«Und dieses war der dritte Streich. Was 2002 (…) begann, ist mittlerweile zum fast schon gewohnten Basler Frühlings-Event geworden: der Versuch, anspruchsvolle Musik in ungewohnter Umgebung zu präsentieren, in Museumsräumen von Basel und Umgebung (…) Und dies mitten in der konzertreichsten Jahreszeit, da ohnehin alle Säle und viele Kirchen von Musik widerhallen. Da bedeuten gut bis sehr gut besuchte Konzerte, wie ÐLes muséiquesð sie dieses Jahr sah, schon einen zumindest quantitativen Erfolg.»

«Nein, grosse Kunst und grosse Ideen tragen allemal das Risiko des Scheiterns in sich. Zum Beispiel der kupplerische Einfall, Musik mit bildender Kunst zu verheiraten.»

«Dass sich zwischen der Musik der sechs Recitals von angeblichen pianistischen ÐRising Starsð und den in Reih und Glied aufgestellten Stühlen aus dem 20. Jahrhundert keine Kommunikation herstellen konnte, verweist auf eine konzeptionelle Schwäche des Festivals: Inhalt und Form, Anspruch und Wirklichkeit klaffen mitunter weit auseinander. Auch im Historischen Museum, wo Kremer mit seinen Kremerata-Freunden zwei anspruchsvolle Konzerte gab, suchte man vergebens nach einem Konnex zwischen Musik und Raum. Etwas weit hergeholt wirkte der Zusammenhang im Brügglinger Kutschenmuseum, das Schauplatz eines ums Thema ÐReisenð kreisenden Abends war. Gerade das Highlight des Abends, die Rekonstruktion der ursprünglichen Fassung des 2. Quartetts ÐVon den Affenfelsenð (…) liess jeden Bezug zu den ausgestellten Kutschen vermissen. Man darf schon nach dem Surplus fragen, der sich durch die Umbettung der Musik in museale Räume ergeben soll.»

«Ein eigenwilliger, durchaus reizvoller Sphärentausch war im Konzert des ausgezeichneten Kamer-Riga-Jugendchors unter Mariss Sirmais zu beobachten. Dieser sang mit Rachmaninows herrlich wohlklingendem ÐGrossen Abend- und Morgenlobð ein eindeutig geistliches Werk, tat dies aber, wie wenn es in Basel keine Kirchen gäbe, im Kunstmuseum. Dessen hallige Akustik, sonst eher konzertfeindlich, erwies sich als durchaus günstig für derlei sakral ausgelegte Musik. Auch hier fehlte jedoch jeder Bezug zu den Bildern.»

«Damit ist das Festival zu Ende, das auch im dritten Jahr spannende Ansätze zeigte, ohne seine Kinderkrankheiten – akustische Probleme, zu lange Programme, unklare Anfangszeiten überwunden zu haben. Ganz ist ÐLes muséiquesð auch dieses Jahr nicht aus dem Dunstkreis eines Schicky-Micky-Events gekommen, der im städtischen Musikleben wenig verankert ist.»

Auch hier ist für den Presserat nicht nachvollziehbar – soweit er sich überhaupt ein Urteil bilden kann – inwiefern die «Basler Zeitung» mit den zitierten Passagen die wie ausgeführt weit zu ziehenden Grenzen der Kulturberichterstattung überschritten haben sollte. Zwar mag in der Wendung «kupplerischer Einfall» vom Wortsinn des Begriffs Kuppelei eine abwertende Konnotation mitschwingen. Doch würde es wesentlich zu weit führen, daraus einen unfairen Angriff auf einzelne Personen zu konstruieren. Ebenso ist es offensichtlich mit der Kommentarfreiheit vereinbar, die Konzeption des Festivals «les muséiques», die faktische Umsetzung dieser Konzeption und den nach Auffassung der Journalisten ungenügenden Bezug zwischen den Konzerten und der musealen Umgebung zu kritisieren. Zumal auch diese Passagen offensichtlich als kommentierende Wertungen erkennbar sind. Wer einen Anlass, bei dem offenbar vor allem Leute aus betuchteren gesellschaftlichen Schichten präsent sind, etwas despektierlich als «Schicky-Micky-Event» bezeichnet, überschreitet die Grenzen der Kommentarfreiheit noch nicht.

3. a) In einem am 1. April 2004 veröffentlichten Artikel («Von Barock bis Jazz: Ein trinationales Musikfest im August») schrieb Sigfried Schibli im Zusammenhang
mit der Finanzierung des von Renato D. Pessi initiierten neuen Festivals:

«Pessi will sich bereits mit dem Erziehungsdepartement über ein finanzielles Engagement des Kantons verständigt haben. (…) Pikant am Rande: Renato D. Pessi, sein Konkurrent als Festivalchef Roland C. Rasi (ÐLes muséiquesð) und Regierungspräsident Jörg Schild, als Polizeidirektor oberster Herr über den Lotteriefonds, haben einst in der gleichen Klasse die Schulbank gedrückt. Basel ist eben ein Dorf, in dem die Bäume ziemlich hoch in den Himmel wachsen.»

Roland C. Rasi rügt hierzu, der Journalist habe zum Beweis seiner unhaltbaren These («Basel ist keine Festivalstadt») bewusst eine falsche persönliche Koalition zwischen dem Regierungspräsidenten Jörg Schild und ihm konstruiert, indem er wider besseren Wissens behaupte, es handle sich um ehemalige Schulkollegen.

Siegfried Schibli entgegnet zu diesem Vorwurf, er habe sich für diese Behauptung bei Jörg Schild entschuldigt. Dieser habe sich bei ihm bedankt und keine öffentliche Gegendarstellung gefordert.

b) Laut Ziffer 5 der «Erklärung» sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, jede von ihnen veröffentlichte Meldung zu berichtigen, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist. Die Richtlinie 5.1 zur «Erklärung» präzisiert hierzu, dass die Berichtigungspflicht von den Medienschaffenden unverzüglich von sich aus wahrzunehmen ist. Vorliegend war es deshalb unerheblich, dass Regierungsrat Jörg Schild keine Gegendarstellung verlangt hat. Zumal die Korrektur auch aus Sicht des Publikums nicht ohne Belang war (Stellungnahme 4/1997). Denn mit der Falschmeldung insinuierte der Journalist zumindest indirekt, dass beim Entscheid über Beiträge des Lotteriefonds an kulturelle Veranstaltungen möglicherweise nicht sachliche Kriterien, sondern persönliche Beziehungen massgebend sein könnten. Das ergibt sich auch aus dem anschliessenden wertenden Satz. Dementsprechend wäre die Redaktion der «Basler Zeitung» verpflichtet gewesen, von sich aus eine kurze Berichtigung zu veröffentlichen.

4. a) Roland C. Rasi beanstandet weiter, dass die «Basler Zeitung über mehrere Konzerte des Festivals gar nicht – Lunchkonzert vom 26. März 2004 – oder nur unvollständig – Konzert der «Rising (Piano-)Stars» und «Bach meets (A) + (D)Sch» vom 27. März – berichtet habe. Zudem sei die Zeitung gegenüber dem künstlerischen Leiter, dem Stiftungsrat «les muséiques» und dem Publikum unkorrekt gewesen. Sie habe als Medienpartner eine konsequente und systematische Kampagne gegen das Festival gefahren, ohne eine Stellungnahme der Organisation zu Konzept und Bedeutung des Anlasses zuzulassen.

b) Es liegt allein im Ermessen einer Redaktion, zu entscheiden, ob sie über ein bestimmtes Ereignis berichtet oder nicht (Stellungnahmen 1/1992, 33/2000). Zudem ist auch eine einseitige, parteiergreifende Berichterstattung mit den in der «Erklärung» festgehaltenen berufsethischen Pflichten vereinbar (vgl. zuletzt die Stellungnahmen 1 und 37/2004). Dies gilt ungeachtet der Richtlinie 2.2 zur «Erklärung» (Meinungspluralisumus) grundsätzlich auch für Medien, die in ihrem Verbreitungsgebiet eine Monopolstellung oder zumindest eine regionale Vormachtstellung innehaben (Stellungnahmen 11/1998, 23/2002). Vorbehalten ist allerdings die Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen und die Wiedergabe zumindest eines kurzen Statements, wenn in einem Medienbericht schwere Vorwürfe erhoben werden (Richtlinie 3.8 zur «Erklärung»).

Ungeachtet der von der «Basler Zeitung» bestrittenen Behauptung des Beschwerdeführers, die Zeitung habe gegen das Festival eine Kampagne geführt, war die Redaktion jedenfalls berechtigt, sowohl über einzelne Konzerte wie auch über den Gesamtanlass kritisch zu berichten. Schwere Vorwürfe, die zwingend eine Anhörung des oder der davon Betroffenen notwendig gemacht hätten, wurden in der dem Presserat zur Beurteilung vorgelegten Berichterstattung keine erhoben (es sei denn, die bereits oben gerügte falsche Behauptung, Rasi, Schild und Pessi hätten gemeinsam die Schulbank gedrückt). Zumal bei kritischen Wertungen, selbst wenn diese aus Sicht der Betroffenen krass einseitig ausfallen, keine Pflicht zur Anhörung besteht (Stellungnahmen 7 und 25/2004).

An diesem Ergebnis ändert auch nichts, dass die «Basler Zeitung» Medienpartner von «les muséiques» ist. Im Gegenteil hat der Presserat bereits in der Stellungnahme 7/92 darauf hingewiesen, dass Journalistinnen und Journalisten auch dann frei bleiben müssen, kritisch und unbefangen über einen Anlass zu berichten, wenn ihr Medium Medienpartner oder Sponsor dieses Anlasses ist.

5. a) Schliesslich rügt Roland C. Rasi, die «Basler Zeitung» habe ihre Monopolmacht missbraucht, indem sie den Grossteil von unzähligen empörten Leserbriefen bewusst unterdrückt und damit eine Gegenmeinung nicht zugelassen habe. Die Redaktion entgegnet dazu, sie habe mehrere aber nicht alle Leserbriefe zu «les muséiques» veröffentlicht. Dies wegen fehlendem Platz und grosser Ähnlichkeit der Briefe.

b) Der Presserat kann aufgrund der ihm eingereichten Unterlagen nicht beurteilen, ob die «Basler Zeitung» wie vom Beschwerdeführer behauptet missliebige Gegenstimmen unterdrückt hat. Immerhin räumt aber auch die Beschwerde ein, dass offenbar ein Teil der Leserbriefe abgedruckt worden ist. Hinsichtlich des Abdrucks von Leserbriefen gilt zudem, dass auch eine Zeitung in einer Monopolsituation oder mit einer regionalen Vormachtsstellung berufsethisch nicht verpflichtet ist, einen bestimmten Leserbrief abzudrucken (Stellungnahme 23/2002).

III. Feststellungen

1. Die «Basler Zeitung» wäre verpflichtet gewesen, von sich aus unverzüglich die Falschmeldung zu berichtigen, wonach Renato D. Pessi, Roland C. Rasi und Jörg Schild gemeinsam die Schule besucht hätten. Mit dieser Unterlassung hat die Redaktion die Ziffer 5 zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Insoweit wird die Beschwerde teilweise gutgeheissen.

2. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.