Nr. 7/1993
Journalistische Sorgfaltspflicht im Bereich des Spendenwesens / Quellenangaben bei recherchierten Beiträgen

(VCS c. 'Weltwoche'), vom 21. Dezember 1993

Drucken
Stellungnahme

Journalistische Sorgfaltspflicht im Bereich des Spendenwesens

Quellenangaben bei recherchierten Beiträgen

Wenn Medien einen Verband aufgrund von recherchierten Informationen heftig kritisieren, ist damit die Berufsethik nicht automatisch tangiert.

Da der Vorwurf des Spendengeldmissbrauchs oder der Spendenmanipulation an die Adresse von um Spenden bittenden Organisationen besonders schwerwiegend ist und deren Existenz bedrohen kann, bedarf es diesbezüglich einer erhöhten journalistischen Sorgfaltspflicht. Entsprechende Anschuldigungen dürfen nur dann in die Öffentlichkeit getragen werden, wenn sie für den Leser nachvollziehbar belegt werden.

Medienbeiträge, deren Charakter den Eindruck ausgedehnter Recherchen vermitteln, erhalten ihre Glaubwürdigkeit nicht zuletzt durch möglichst genaue Quellenangabe wie auch dadurch, dass der einzelnen Kritik allfällig widersprechende Stimmen zu Wort kommen.

Prise de position

Devoir de diligence journalistique et gestion des dons

Citation des sources dans une enquête

Quand les médias se livrent à la critique d’une association sur la base d’informations recueillies au cours d’une enquête, l’éthique professionnelle n’est pas automatiquement en cause.

Quand on reproche à une association caritative le mauvais usage de ses fonds ou leur manipulation, il s’agit là d’accusations graves, qui peuvent entraîner sa disparition. Le journaliste est alors tenu à une diligence journalistique accrue. Et de telles accusations ne doivent être portées sur la place publique que si elles sont étayées de maniére que le lecteur puisse en contrôler le bienfondé.

Les articles ou les émissions qui, par nature, impliquent d’importantes recherches, seront d’autant plus crédibles qu’ils donneront des sources aussi exactes que possible et que leur démonstration se prêtera à la critique d’opinions divergentes.

Presa di posizione

Beneficenza e diligenza professionale

Menzione delle fonti di indagini approfondite

L’etica professionale non è necessariamente in causa quando un organo d’informazione critica duramente un’associazione, basandosi su una documentazione adeguata.

Le accuse di malversazione o di uso distorto dei fondi raccolti assumono particolare gravità, possono essere addirittura esiziali, quando toccano organizzazioni che si sostentano con elargizioni volontarie. Si esige in tal caso un alto grado di diligenza professionale. Determinate accuse possono essere divulgate soltanto se al lettore ne può essere fornita compiutamente la prova.

Quando un prodotto giornalistico è basato su approfondite indagini, la sua credibiltà dipende non da ultimo dall’indicazione precisa delle fonti e dalla menzione di pareri eventualmente contrastanti sui singoli elementi di critica.

I. Sachverhalt

A. In der „Weltwoche“ Nr. 12 vom 25. März 1993 erschien ein von der Journalistin B. gezeichneter Beitrag mit dem Titel „Vom plötzlichen Übergang der Fahrt in den Stillstand“, in dem – laut Titel und Lead – aufgezeigt wurde, dass der „Verkehrsclub der Schweiz“ (VCS), der einst pionierhafte Verband, in einer tiefen Krise sitzt“. Im Artikel wird als Quintessenz behauptet, dass die kommerziellen Aktivitäten des VCS nicht nur ein Loch in dessen Kasse gerissen haben, statt Mittel für die Verkehrspolitik abzuwerfen, sondern dadurch der VCS auch in zwei sich gegenseitig lähmende Lager gespalten sei, in deren einem der Vorwurf des Missbrauchs von Spendengeldern erhoben werde.

B. Der VCS protestierte mit Schreiben vom 25. März 1993, gerichtet an die Verlagsleitung und an die Chefredaktion der „Weltwoche“ und unterzeichnet im Namen des VCS -Zentralpräsidenten von Hans Kaspar Schiesser, Leiter Verkehrspolitik, und Urs Geiser, Pressechef, gegen diese Veröffentlichung. Die wichtigsten darin erhobenen Vorwürfe an die „Weltwoche“ und an die Journalistin B. lauten:

– Der Artikel enthalte praktisch keine harten Fakten, sondern vorzugsweise Aussagen von VCS-Kritikern, die offenbar alle nicht zitiert werden konnten oder wollten. Diese Aussagen dienten dazu, die vorgefasste Meinung der Journalistin zu stützen, der VCS sei politisch ramponiert, intern zerstritten und bürokratisch geworden. Der Autorin seien, nach ihrem Gespräch mit dem Zentralsekretär und dem Präsidenten des VCS, auch Fakten vorgelegen, die ihre These widerlegten; diese Aussagen fänden im Artikel jedoch keinen Widerhall.

– Der Artikel enthalte Fehler („Nonsens“): So seien nicht, wie behauptet, VCS-Gelder in den Verkehrssicherheitsfonds des Bundes geflossen, da dieser Fonds vollumfänglich aus Geldern der Haftpflichtprämien der Autoversicherer gespiesen werde.

– Dem im Artikel kolportierten Vorwurf der „manipulierten“ Spendengelder sei trotz seiner inhaltlichen Schwere nicht echt nachgegangen worden, womit nicht nur die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt worden, sondern möglicherweise auch der Tatbestand der Ruf- und Kreditschädigung erfüllt sei.

C. Mit einem von Pressechef Urs Geiser unterzeichnetem Schreiben vom 7. April 1993 gelangte der VCS an den Presserat mit der Bitte, bei diesem „Weltwoche“-Artikel zu prüfen, „ob hier das Ansehen des Berufsstandes oder die korrekte Berufsausübung berührt“ sei. Nach VCS-Ansicht seien „elementare Regeln eines fairen Journalismus wissentlich-willentlich verletzt“ worden. Im weiteren teilte der VCS dem Presserat mit, dass bis zu diesem Zeitpunkt weder der Jean Frey Verlag noch die „Weltwoche“-Chefredaktion auf den Protestbrief des VCS „in irgendeiner Form reagiert“ habe, dass aber dennoch auf die Einleitung rechtlicher Schritte gegen die „Weltwoche“ (im Zusammenhang mit dem insinuierten Spendenmissbrauch) verzichtet werde.

D. Nach Eingang der VCS-Eingabe und deren Bestätigung durch das Presserat-Sekretariat wies der Presserat-Präsident anlässlich der Plenumssitzung des Presserates vom 6. September 1993 den Fall der dritten Kammer des Presserates zu (Mitglieder: Vizepräsident Martin Edlin, Vorsitz, Denis Barrelet, Philippe Zahno, Christian Schwarz, Marie-Theres Larcher, Klaus Kocher). Der Kammer lag der Fall an einer Sitzung am 14. Oktober 1993 vor. Sie beschloss Eintreten.

E. Durch das Presserat-Sekretariat wurde die Redaktion der „Weltwoche“ um eine Stellungnahme betreffend der vom VCS an die Adresse der Wochenzeitung erhobenen Vorwürfe. Mit Schreiben vom 18. November 1993 entsprach Felix E. Müller, Ressortleiter der „Weltwoche“-Inlandredaktion dieser Bitte.

In diesem Schreiben bestreitet die „Weltwoche“, nicht auf den VCS-Protest gegen die insinuierte Veröffentlichung reagiert zu haben. Nicht nur sei ein ganzseitiges Inserat abgedruckt worden, das „deutliche Kritik an der Zeitung und dem fraglichen Artikel übte“, sondern es sei „dem VCS angeboten worden, in einem weiteren Artikel auch die Sicht der Verbandsspitze zum Ausdruck zu bringen“. Nachdem ursprünglich eine Zusage vorgelegen habe (mündlich in einem Telefongespräch zwischen B. und dem Verbandspräsidenten), sei dann „das Interesse des VCS an einem solchen ‚Nachzieher‘ erkaltet“.

Dem Vorwurf, lediglich Argumente nicht mit Namen genannter Informanten veröffentlicht zu haben, wird entgegengehalten, dass „praktisch alle Auskunftspersonen nur unter der Garantie der Anonymität bereit“ gewesen seien, „sich zu den internen Querelen zu äussern“, da diese Gruppe von Informanten mit Repressalien der (VCS-Vorstands-) Mehrheit zu rechnen gehabt habe. Bei der Abwägung der Frage, was wichtiger sei – das Recht der Öffentlichkeit auf klare Bezeichnung der Quellen oder das Recht eines Informanten auf Schutz vor Repressalien – sei in der Regel dem Informantenschutz den Vorzug zu geben. Zudem seien sämtliche der fraglichen Aussagen auf Tonträger festgehalten, so dass eine Vertrauensperson jed
erzeit die umstrittenen Aussagen überprüfen könnte. Im übrigen basiere der Artikel durchaus nicht nur auf anonymen Quellen, sondern stütze sich in beträchtlichem Ausmass auf Dokumente (Protokolle, Briefe usw.).

Zum Vorwurf des Spendenmissbrauchs weist der Inland-Ressortleiter der „Weltwoche“ darauf hin, dass dieser Vorwurf nicht von der „Weltwoche“, sondern in einem Schreiben der Zürcher Sektion des VCS an den VCS-Zentralvorstand erhoben werde, wobei, wie auf Tonträger festgehalten sei, „die VCS-Spitzenverantwortlichen diesen Vorwurf nicht einmal bestreiten“. Jedenfalls hätten nicht wenige VCS-Mitglieder das Vorgehen der Zentrale als missbräuchlich empfunden.

II. Erwägungen

1. Soweit der VCS dem inkriminierten „Weltwoche“-Artikel bzw. dessen Autorin Vera B. vorhält, der „Artikel habe zum Ziel nachzuweisen, dass der VCS politisch ramponiert, intern zerstritten und bürokratisch sei“, sieht der Presserat keinen Anlass, sich zu äussern. Einem Medienschaffenden kann kein Vorwurf gemacht werden, wenn er im Bemühen, einen vermuteten Misstand aufzudecken, diesen durch recherchierte Fakten tatsächlich auch belegt und aufgrund der Fakten eine kommentierende Folgerung zieht. Dabei ist selbstverständlich davon auszugehen, dass die Journalistin/der Journalist die Recherche nach bestem Wissen und Gewissen vornimmt und die dabei gewonnenen Erkenntnisse sorgfältig wertet. Es ist dem Presserates nicht möglich, bei umfangreichen Beiträgen vollständig nachzurecherchieren, ob die in einem Beitrag erwähnten Fakten richtig und vollständig widergegeben wurden. Hingegen obliegt es dem Presserat, den beanstandeten Beitrag daraufhin zu prüfen, ob dessen Autorin/Autor bei ihrem/seinem Vorgehen bzw. im Beitrag jenen berufsethischen Kriterien gerecht wird, wie sie in der Erklärung der „Pflichten und Rechte des Journalisten“ festgeschrieben sind. Dabei kann es nicht erheblich sein, ob es sich um einen kritischen Artikel handelt, der naturgemäss dem oder den Kritisierten missfällt. Ebenso wenig beinhaltet die vom Beschwerdeführer genannte Feststellung, es handle sich um einen „tendenziösen Beitrag“, an sich einen Verstoss gegen berufsethische Regeln. Ein Journalist ist in einem Beitrag für ein Printmedium nicht zur Ausgewogenheit im Sinne der für ein öffentlich-rechtliches Medium wie SRG-Radio und -Fernsehen geltende Gesetzgebung verpflichtet.

2. Der inkriminierte „Weltwoche“-Beitrag enthält – nach glaubhafter Darstellung des VCS – zumindest eine Fehlinformation (VCS-Gelder seien in den Verkehrssicherheitsfonds des Bundes geflossen). Das Begehen von Fehlern kann, auch bei Erfüllung der journalistischen Sorgfaltspflicht im zumutbaren Rahmen, nie ganz ausgeschlossen werden. Da der VCS selbst bestätigt, dass die Autorin im Rahmen ihrer Recherchen mit dem Präsidenten und dem Zentralsekretär des VCS Gespräche geführt hat, wobei sie nach VCS-Ansicht „Informationen offensichtlich nicht verstanden hat“, kann ihr ein Missverständnis nicht als Verletzung berufsethischer Grundsätze ausgelegt werden. Ein Verstoss gegen die Pflicht des Journalisten, „jede von ihm veröffentlichte Meldung, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist, zu berichtigen“ (Ziff. 5 der „Erklärung der Pflichten des Journalisten“), läge allerdings vor, wenn ein Berichtigungsbegehren des VCS an die Journalistin B. gerichtet worden wäre und diese sich geweigert hätte, eine solche Berichtigung vorzunehmen. Bezüglich Form und Gegenstand einer Berichtigung haben sich die Parteien jedoch offenbar nicht einigen können.

3. Der Presserat bejaht dagegen, dass die beiden Vorwürfe des VCS, B. sei „dem kolportierten Vorwurf der manipulierten Spendengelder trotz dessen inhaltlicher Schwere nicht echt nachgegangen“ und der Artikel beruhe „fast ausschliesslich auf anonymen Aussagen, deren Wahrheitsgehalt für die Leser nicht überprüfbar ist“, Ziff. 3 der „Erklärung der Pflichten des Journalisten“ beschlagen („Er [der Journalist] veröffentlicht nur Informationen und Dokumente, deren Quellen ihm bekannt sind. Er unterschlägt keine wichtigen Elemente von Informationen und entstellt weder Tatsachen und Dokumente noch von anderen geäusserte Meinungen. Er bezeichnet unbestätigte Meldungen ausdrücklich als solche. […]“).

4. Der Presserat unterstreicht, dass das Spendenwesen ein besonders sensibler Bereich ist, der dadurch zwar einerseits in besonderem Masse der Transparenz bedarf und nach Kontrolle auch durch die Medien ruft, andererseits aber die Gefahr birgt, dass (in diesem Fall aus einem Schreiben der VCS-Sektion Zürich an den VCS-Zentralvorstand übernommene) Anschuldigungen oder auch nur Verdächtigungen betreffend Manipulation oder Missbrauch von Spendengeldern den Ruf einer Organisation schädigen und deren Existenz bedrohen können. Der Journalist hat deshalb hier besondere Sorgfalt walten zu lassen, das heisst, Begriffe wie Spendengelder-Manipulation und -Missbrauch nicht lediglich aufgrund von Anschuldigungen Dritter zu gebrauchen. Auch wenn man demjenigen, der einem solchen Vorwurf ausgesetzt ist, die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt, entbindet dies den Journalisten nicht von der Pflicht, bei der abschliessenden Beurteilung grösste Vorsicht walten zu lassen.

5. Im inkriminierten Beitrag von B. werden Informationen und Äusserungen Dritter fast ausschliesslich ohne genaue Quellen beziehungsweise Namen veröffentlicht. Wo einem Journalisten Informationen vertraulich bzw. Auskünfte nur unter Vorbehalt keiner Namensnennung gegeben werden (wie dies hier offensichtlich der Fall war), gehört es zwar zu seinen Pflichten, „das Berufsgeheimnis zu wahren und die Quellen vertraulicher Informationen nicht preiszugeben“ (Ziff. 6 der „Erklärung der Pflichten des Journalisten“). Baut ein ganzer Artikel jedoch fast nur auf anonymen oder bloss vage umschriebener Quellen auf („…meint ein SP-Bundespolitiker“, „…versinnbildlicht ein kritischer, aber anonym bleiben wollender VCS-Aktivist“, „…so ein ehemaliger VCS-Fröntler“ usw.), verliert er an Glaubwürdigkeit. Gerade in einem sehr kritischen Beitrag müssen Vorwürfe genau belegt werden, um die Anforderung an die journalistische Sorgfalt zu erfüllen.

6. Beim inkriminierten „Weltwoche“-Beitrag handelt es sich um einen Report (also nicht um einen Kommentar oder eine Glosse), der beim Leser den Eindruck erweckt, aufgrund umfassender Recherchen geschrieben worden zu sein. Das bedeutet: Der Journalist hat alle Seiten angehört und die dabei erhaltenen Informationen verarbeitet (also nicht wichtige Elemente von Informationen unterschlagen). Solche Recherchen verlangen in der Verarbeitung zu einem Beitrag zwar keine Ausgewogenheit so, dass ein engagierter, Partei ergreifender Journalismus verunmöglicht wird, doch muss der Leser die ihm vermittelten Informationen einzuordnen und zu werten in der Lage sein. Dazu dienen möglichst vollständige Quellenangaben.

7. Der VCS macht dem inkriminierten „Weltwoche“-Beitrag und dessen Autorin den generellen Vorwurf, in seiner Tendenz unseriös zu sein. Der Presserat ist sich bewusst, dass sehr oft ein „süffiger Stil“ als Ausdruck solcher Unseriosität gewertet wird. Journalisten sollen nicht daran gehindert werden, einen Stil zu wählen, der dem Charakter ihres Mediums entspricht und das Zielpublikum veranlasst, den Beitrag auch zu lesen. Die Grenzen liegen jedoch dort, wo ein salopper Stil die Glaubwürdigkeit des Journalisten in Frage stellt. Der Druck auf den Journalisten, solche Grenzen um des Verkaufserfolges einer Zeitung willen zu überschreiten, ist nicht zu leugnen; die „Erklärung der Pflichten und Rechte des Journalisten“ soll gerade dazu dienen, solchem Druck zu widerstehen.

III. Feststellungen

Aus diesen Gründen hält der Presserat fest:

1. Der Presserat hält in Berücksichtigung aller unter „Erwägungen“ festgehaltenen Überlegungen fest, dass im vorliegenden Fall die Journalistin B. mit ihrem Beitrag „Vom plötzlichen Übergang der Fahrt in den Stillstand“ in der „Weltwoche“ vom 25.
März 1993 nicht die „Erklärung der Pflichten und Rechte des Journalisten“ verletzt hat. Besonders zwei Elemente ihres Beitrags deuten aber die Nähe jener von der Berufsehtik gesetzten Grenze an, die zu überschreiten die Glaubwürdigkeit der Journalistin/des Journalisten und seiner Arbeit infrage stellt, nämlich

– die Abstützung der Informationen fast ausschliesslich auf für den Leser anonym bleibender Quellen, und dies in einem gegenüber einer immerhin von rund 129’000 Mitgliedern getragenen Organisation wie dem VCS generell kritischen Artikel; – der trotz seiner Schwere nur schwach belegte (weil lediglich aus einem Schreiben der Zürcher VCS-Sektion an den VCS-Zentralvorstand übernommene) Vorwurf der Manipulation oder gar des Missbrauchs von Spendengeldern.

2. Der Presserat gibt zu bedenken, dass der Bereich des Spendenwesens besonders sensibel ist und nach erhöhter Sorgfalt der Journalistin/des Journalisten ruft. Diese/dieser muss sich bewusst sein, dass Kritik und Vorwürfe wie Spendengeld-Missbrauch oder -Manipulation an die Adressen von um Spenden bittenden Organisationen deren Ruf auf lange Zeit negativ prägen und sie um ihre Existenz bringen können. Derartige Anschuldigungen dürfen nicht leichtfertig übernommen und in die Öffentlichkeit getragen werden, wenn sie nicht, für den Leser nachvollziehbar, belegt werden.

3. Medienbeiträge, deren Charakter den Eindruck ausgedehnter Recherchen vermitteln, erhalten ihre Glaubwürdigkeit nicht zuletzt

– durch möglichst genaue Angaben der Quellen (soweit dies nicht andere Pflichten des Journalisten verletzt);

– dadurch, dass auch der einzelnen Kritik allfällig widersprechende Stimmen zu Wort kommen; dies (bei Printmedien) nicht, um eine Ausgewogenheit zu erreichen, die das Engagement oder die persönliche Wertung durch die Journalistin/den Journalisten ausschliesst, sondern in Erfüllung der Pflicht, keine wichtigen Elemente von Information oder von anderen geäusserten Meinungen zu unterschlagen, wie dies Ziff. 3 der „Erklärung der Pflichten des Journalisten“ fordert.