I. Sachverhalt
A. Mit Schreiben vom 6. Dezember 2002 und 21. Januar 2003 X. mit einer Beschwerde an den Presserat. Darin beanstandete er, er fühle sich durch die journalistische Arbeit von «Tages-Anzeiger»-Redaktor Hugo Stamm in seinen «persönlichen, politischen und menschenrechtlichen» Belangen verletzt. Seine Beschwerde richtet sich gegen einen am 21. September 2002 im «Tages-Anzeiger» erschienenen Artikel mit dem Titel «Sekte bläst zum Halali auf die Jagd». Darin berichtet Hugo Stamm, dass im «1. Anti-Jagd-Forum» agierende Initianten aus dem Umfeld der «Sekte» «Universelles Leben» planten, eine Verfassungsinitiative zu Gunsten eines radikalen Jagdverbots auszuarbeiten.
Der Beschwerdeführer rügt insbesondere, der «Tages-Anzeiger» habe zu Unrecht nicht berichtigt (Ziffer 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten»), dass hinter dem «Anti-Jagd-Forum» keineswegs die Religionsgemeinschaft «Universelles Leben» stehe. Dies obwohl er sofort nach der Veröffentlichung des Artikels bei der Redaktion interveniert habe. Zudem sei durch die Bekanntgabe seiner Religiösität seine Privatsphäre (Ziffer 7 der «Erklärung») sowie das Diskriminierungsverbot (Ziffer 8 der «Erklärung») verletzt worden.
B. In einer Stellungnahme vom 5. Februar 2003 beantragte die durch den Rechtsdienst der Tamedia vertretene Redaktion des «Tages-Anzeigers», die Beschwerde sei abzuweisen.
Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers habe der Autor des beanstandeten Artikels nicht behauptet, hinter dem «Anti-Jagd-Forum» stehe direkt die Glaubensgemeinschaft «Universelles Leben». Vielmehr habe er die Frage gestellt, wer hinter dem Forum stecke, und darauf geantwortet, der Initiant des Forums, der Beschwerdeführer, stamme aus dem Umfeld der Sekte. Dies treffe zu, was bereits aus der vom Beschwerdeführer dem Presserat eingereichten Korrespondenz hervorgehe. Seitens des «Tages-Anzeigers» habe es deshalb nichts zu berichtigen gegeben. Ebenso seien die Rügen betreffend der Ziffern 7 und 8 der «Erklärung» zurückzuweisen. Wer mit einem politischen Anliegen an die Öffentlichkeit trete, müsse in Kauf nehmen, dass die Medien die weltanschaulichen Hintergründe dieses Anliegens beleuchteten. Zudem könne von einer diskriminierenden Anspielung auf die religiöse Zugehörigkeit des Beschwerdeführers offensichtlich nicht die Rede sein.
C. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder sonstwie von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.
D. Am 7. Februar 2003 erklärte der Presserat den Schriftenwechsel als geschlossen und teilte den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 7. Februar 2003 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. a) Gemäss Ziffer 5 der «Erklärung» sind Journalistinnen und Journalisten gehalten, jede von ihnen veröffentlichte Meldung zu berichtigen, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist.
b) Unter dem Gesichtspunkt der Berichtigungspflicht ist zu prüfen, ob der «Tages-Anzeiger», wie vom Beschwerdeführer behauptet, tatsachenwidrig geschrieben hat, dass hinter dem «Anti-Jagd-Forum» die Glaubensgemeinschaft «Universelles Leben» steht.
c) Dem beanstandeten Artikel ist dazu Folgendes zu entnehmen: «Die Initianten stammen aus dem Umfeld der Sekte Universelles Leben» (zweiter Satz des Leads) und «Initiant ist X., der aus dem Umfeld des Universellen Lebens stammt. (…) X. gibt zu, dass er Verbindung zum UL hat und Sympathisant der spiritistischen Sekte ist. Als Referent wird Y. auftreten, der die Antijagdaktionen in Deutschland organisiert und ebenfalls Kontakt zum UL hat. Weshalb wird dies nirgends deklariert? ÐWeil alle als Privatpersonen an diesen Aktionen teilnehmenð, erklärt X.»
d) In einem «Offenen Brief an Herrn Hugo Stamm» vom 22. September 2002 schreibt der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ein vorangegangenes Telefongespräch: Er habe gesagt, zur Zeit stünden nur er «und noch eine weitere Person, die mir helfe» hinter dem «Anti-Jagd-Forum»; «und wir wollen an diesem Anlass eine breite Basis suchen und die Form definieren. Sie fragten mich, ob die urchristliche Glaubensgemeinschaft Universelles Leben dahinter stehe. Ich habe Ihnen klar und deutlich gesagt, dass dies nicht der Fall ist. Ihre Frage ob ich Mitglied des Universellen Lebens sei, wurde von mir wie folgt beantwortet: ÐBei der urchristlichen Glaubensgemeinschaft gibt es keine Mitgliedschaft, ich sympathisiere jedoch mit den Inhalten dieser Gemeinschaft.»
e) Der Beschwerdeführer räumt also ein, selber mit den Inhalten von «Universelles Leben» zu sympathisieren; zudem bestreitet er die Darstellung des «Tages-Anzeigers» nicht ausdrücklich, wonach auch der Referent der «1. Anti-Jagd-Tagung» Kontakte zu dieser Gruppierung hatte. Deshalb war es offensichtlich nicht tatsachenwidrig, zu schreiben, dass die Initianten der Tagung aus dem Umfeld von «Universelles Leben» stammten. Demgegenüber hat der «Tages-Anzeiger» entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers gerade nicht geschrieben, dass die «esoterisch-christliche» Gruppe die Tagung selber organisiert habe. Unter diesen Umständen kann von einer materiellen Unrichtigkeit keine Rede sein, weshalb die Beschwerde unter dem Gesichtspunkt von Ziffer 5 der «Erklärung» abzuweisen ist.
2. a) Gemäss Ziffer 7 der «Erklärung» haben Journalistinnen und Journalisten die Privatsphäre der einzelnen Person zu wahren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt.
b) Zwar ist die Frage nach der religiösen Zugehörigkeit oder der Sympathie zu einer religiösen Gemeinschaft der Privatsphäre zuzurechnen. In seiner Stellungnahme 21/2002 i.S. X. SA c. «Le Matin» hat der Presserat allerdings ausgeführt, dass es «angesichts der kontroversen öffentlichen Debatte über die Lehren und Methoden der Scientology Kirche» im öffentlichen Interesse liegen kann, «wenn die Medien die entsprechende Mitgliedschaft von Personen offenlegen, die im politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Leben in Erscheinung treten».
c) In der Stellungnahme 55/2002 i.S. Parti du Travail, section genevoise c. «Le Temps» ist der Presserat zudem zum Schluss gelangt, dass Medienschaffende auch interne Dokumente von politischen Parteien veröffentlichen dürfen, sofern sie diese nicht mit unlauteren Mitteln beschafft haben und wenn durch die Veröffentlichung keine anderen äusserst wichtigen Interessen tangiert werden. Dies aus der Überlegung heraus, dass die Stimmberechtigten ein legitimes Interesse daran haben, auch über Missstimigkeiten und Ungereimtheiten innerhalb einer politischen Partei angemessen informiert zu werden.
d) Diese Grundsätze können generell auf alle Personen und Organisationen übertragen werden, die mit einem politischen Anliegen an die Öffentlichkeit gelangen. Die Leser/innen haben einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer hinter einer politischen Aktion steckt und wie diese Personen weltanschaulich einzuordnen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn ein plausibler Zusammenhang zwischen Weltanschauung und politischem Anliegen besteht. Deshalb war der «Tages-Anzeiger» hier berechtigt, darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer und sein Mitinitiant der Tagung «1. Anti-Jagd-Forum Schweiz» dem Umfeld der Religionsgemeinschaft «Universelles Leben» zuzuordnen seien.
3. Ebensowenig ist die Rüge der diskriminierenden Berichterstattung begründet. Die blosse Erwähnung der Zugehörigkeit des Beschwerdeführer zum Umfeld einer offenbar umstrittenen religiösen Gruppierung ist unter den gegebenen Umständen weder
herabsetzend noch herabwürdigend. Dies vor allem auch deshalb, weil wie bereits erwähnt gemäss den unwidersprochen gebliebenen Recherchen des «Tages-Anzeigers» in Deutschland, Österreich und der Schweiz offensichtlich durchaus ein plausibler Zusammenhang zwischen der Forderung nach einem totalen Jagdverbot und den Lehren von «Universelles Leben» hergestellt werden kann.
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird abgewiesen.
2. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf, zu erfahren, wer hinter einer politischen Aktion steckt und wie diese Personen weltanschaulich einzuordnen sind. Jedenfalls dann, wenn zumindest ein plausibler Zusammenhang zwischen politischem Anliegen und der Weltanschauung besteht. Unter der gleichen Voraussetzung ist die blosse Erwähnung der Zugehörigkeit einer Person zum Umfeld einer offenbar umstrittenen religiösen Gruppierung nicht als diskriminierend zu werten.