I. Sachverhalt
A. Am 9. September 2004 berichtete der «Klein-Report», der «Mediendienst der Schweizer Kommunikationsbranche», die deutsche Nachrichtenagentur DDP, die seinerzeit auch einen Schweizer Ableger unterhielt, habe beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. «In der Schweiz haben 1972 Ex-UPI-Redaktoren eine Schweizer Filiale gegründet, die rasch an Fahrt gewann und mit Ðspielerischem Charme, Schnelligkeit und viel Arbeitswillen, der scharf am Begriff Ausbeutung entlang schrammteð die Konkurrenz das fürchten lehrte, wie sich ein ehemaliger Volontär gegenüber dem ÐKlein Reportð erinnert.» 1983 sei die Schweizer Filiale dann Konkurs gegangen. «Hauptgrund für das Ende in der Schweiz waren ein Aderlass der Redaktoren, unter anderem vom späteren und ersten Ð20 Minutenð-Chefredaktor Urs Weber und von Balz Bruppacher, der 1981 die AP-Niederlassung in Bern aufbaute und seither als Chefredaktor der US-Nachrichtenagentur wirkt.»
B. Gleichentags wies X., ehemaliger Redaktor von AP Schweiz den «Klein Report» per E-Mail darauf hin, nicht Bruppacher sei der erste Chefredaktor von AP Schweiz gewesen, sondern Urs C. Grassi. Grassi habe von 1981 bis Sommer 1984 als Chefredaktor von Schweiz amtiert. Erst nachher sei Bruppacher gefolgt, der zuvor das Zürcher Büro der Agentur geleitet habe. Er forderte den «Klein Report» auf, die Meldung entsprechend zu berichtigen.
C. Carol Bernasconi, Verfasser der Meldung, teilte am 13. September 2004 X. mit, die Meldung sei in dessen Sinne korrigiert worden. Der Schluss der Meldung lautete nun: «Hauptgrund für das Ende in der Schweiz waren ein Aderlass der Redaktoren, unter anderem vom späteren und ersten Ð20 Minutenð-Chefredaktor Urs Weber und vom damaligen Schweizer DDP-Chefredaktor Urs Grassi, der 1981 die Niederlassung von The Associated Press (AP) in Bern aufbaute und die Agentur Ende 1983 verliess. Seither wirkt Balz Bruppacher als Chefredaktor der US-Nachrichtenagentur.»
D. Wiederum gleichentags protestierte X. bei der Chefredaktorin des «Klein-Reports», Ursula Klein. Anstatt die Falschmeldung mit einer neuen Meldung zu berichtigen, habe Carlo Bernasconi lediglich die im Archiv abgelegte Meldung leicht modifiziert. Er forderte die Chefredaktorin auf, ohne weiteren Verzug für eine korrekte Berichtigung zu sorgen und behielt sich ansonsten vor, den Fall den «einschlägigen» Gremien der Branche zu unterbreiten.
E. Ursula Klein wies dieses Begehren am 14. September 2004 per E-Mail zurück.
F. Am 26. November 2004 gelangte X. mit einer Beschwerde gegen den «Klein Report» an den Presserat. Mit der Unterlassung der von ihm mehrfach geforderten korrekten Berichtigung der Meldung vom 8. September 2004 habe der Mediendienst die Ziffer 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Zudem habe Carlo Bernasconi gegen Ziffer 3 (Unterschlagung wichtiger Informationen) der «Erklärung» verstossen, indem er sich selber in der Meldung zitiert habe, ohne dies offenzulegen.
G. Mit Stellungnahme vom 27. Januar 2005 wies Ursula Klein namens des «Klein Reports» die Beschwerde von X. als unbegründet zurück. Der «Klein Report» habe am 9. September 2004 einen kurzen Artikel zum Ende der Nachrichtenagentur DDP veröffentlicht. «Die Original-Quelle stammt von der SDA/DPA. Im ersten Abschnitt wurde zum grossen Teil diese vom ÐKlein Reportð abonnierte Quelle verwendet. Im 2. Abschnitt wurde in drei Sätzen die damalige Situation summarisch beschrieben. Dabei stützte sich der Verfasser dieses Abschnitts, der Redaktor Carlo Bernasconi, auf seine eigenen Erfahrungen als Volontär bei der Nachrichtenagentur DDP. (…) Herr X. wies darauf hin, dass Urs C. Grassi erster Chefredaktor der AP Niederlassung in Bern war, was der ÐKlein-Reportð unverzüglich auf der Website www.kleinreport.ch ergänzte. (…) Weder Herr Urs C. Grassi noch Herr Balz Bruppacher – mit dem wir Kontakt hatten – haben sich je beim ÐKlein Reportð negativ zu dieser Meldung geäussert.»
D. Gemäss Art. 10 Abs. 7 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates kann das Präsidium zu Beschwerden, die in ihren Grundzügen mit vom Presserat bereits früher behandelten Fällen übereinstimmen oder von untergeordneter Bedeutung erscheinen, abschliessend Stellung nehmen.
E. Am 28. Januar 2005 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium, bestehend aus dem Präsidenten Peter Studer sowie den Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher behandelt.
F. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 9. Juli 2005 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Gemäss Ziffer 5 der «Erklärung» sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, jede von ihnen veröffentlichte Meldung zu berichtigen, deren materieller Inhalt sich ganz oder teilweise als falsch erweist. Die Richtlinie 5.1 zur «Erklärung» verdeutlicht hierzu, dass die Berichtigungspflicht von den Medienschaffenden von sich aus wahrzunehmen ist. Die Berichtigungspflicht erstreckt sich auf sämtliche relevanten Fakten eines Artikels, auch wenn diese nicht zentral für dessen Aussage erscheinen.
2. Der Presserat hat zuletzt in der Stellungnahme 10/2005 darauf hingewiesen, dass nicht jede formale oder inhaltliche Ungenauigkeit bereits eine Verletzung der berufsethischen Normen begründet. Vielmehr verlangt das Prinzip der Verhältnismässigkeit, dass eine Unkorrektheit eine gewisse Relevanz aufweist. Vorliegend ist eine solche nach Auffassung des Presserates zu verneinen. Zum einen dürfte es heute nur für ganz wenige Leser/innen des «Klein Reports» von Bedeutung sein, ob die vor mehr als 20 Jahren gegründete AP Schweiz in den ersten Jahren von Urs C. Grassi oder Balz Bruppacher geleitet worden ist. Der Presserat ist bereits in der Stellungnahme 28/2000 zum Schluss gelangt, es sei unverhältnismässig, von einem Publikationmedium eine Berichtigung zu verlangen, wenn eine von diesem abgedruckte Agenturmeldung eine lediglich für Insider relevante wissenschaftliche Unschärfe enthält. Zum anderen hat der «Klein Report» seine Meldung zumindest im Archiv aufgrund des Hinweises des Beschwerdeführers ergänzt. Dementsprechend scheint bei einer allfälligen künftigen Übernahme der Meldung durch ein anderes Medium soweit möglich sichergestellt, dass die vom Beschwerdeführer beanstandte Ungenauigkeit nicht weiterverbreitet wird.
3. Weiter moniert der Beschwerdeführer die fehlende Quellennennung beim Eigenzitat des Verfassers der Meldung. Zwar erscheint es bei formaler Betrachtung unschön, wenn der Verfasser einer Meldung sich selber als anonyme Quelle zitiert. Dementsprechend wäre es vorzuziehen gewesen, wenn sich der Verfasser als ehemaliger Volontär von DDP Schweiz im Text zu erkennen gegeben hätte. Allerdings fehlt es auch hier für den Presserat aus Sicht einer unbefangenen Leserschaft an der notwendigen Relevanz der dem «Klein Report» vorgeworfenen Unkorrektheit, um eine Verletzung der «Erklärung» zu begründen.
III. Feststellung
Die Beschwerde wird mangels Relevanz der Beanstandungen als unbegründet abgewiesen.