I. Sachverhalt
A. Am 6. Juli 2020 veröffentlichte «nau.ch» einen Onlinebeitrag mit dem Titel «Flyer fordert zu Widerstand gegen Masken-Pflicht auf». Der Lead lautete «Ab Montag gilt im Schweizer ÖV die Maskenpflicht. Verschwörungstheoretiker weibeln in einem Brief, sich dieser Pflicht zu verweigern.» Dieser Brief sei am Wochenende an etliche Pendler in Zügen verteilt worden, darin heisse es: «Maskenpflicht im ÖV – Wollen wir das?» Die Antwort der Verfasser sei deutlich gewesen: «Ich jedenfalls nicht.» Das langfristige Tragen einer Gesichtsmaske schwäche das Immunsystem. Und weiter: «Und dann das Brisante: ‹Wir freuen uns, wenn auch du dein Gesicht zeigst.›» Gemäss «nau.ch» sei diese Aufforderung heikel, da es Pflicht sei, die Maske im öffentlichen Verkehr aufzusetzen. Wer sich dieser Pflicht widersetze, gefährde gemäss Behörden die Gesundheit anderer Pendler und riskiere eine Busse von bis zu 10’000 Franken. «nau.ch» verlinkt diese Aussage mit dem Artikel «Coronavirus und der öV: Wie teuer wird die Maskenverweigerung?», der sich mit der Bussenfrage beschäftigt. Die Aussage, eine Maske schwäche das Immunsystem, sei keineswegs begründet. Die Pneumologen widersprächen – der Mensch atme normalerweise durch die Nase. Eine Maske könne nicht dazu führen, dass Erreger in die Lunge getragen würden.
B. Am 8. Juli 2020 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen «nau.ch» ein. Er moniert, dem Leser werde mit dem Artikel suggeriert, ein Nichteinhalten der Maskenpflicht im ÖV könne zu einer Busse bis zu 10’000 Franken führen. Diese Aussage sei falsch, wie die «Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie» klar zum Ausdruck bringe. Weiter heisse es im Artikel: «Ausserdem ist die Aussage, die Maske schwäche das Immunsystem, keineswegs begründet. Des Öfteren wurde die Vermutung auf den sozialen Medien verbreitet, die Maske sorge für Atemwegserkrankungen. Doch Pneumologen widersprechen – der Mensch atme normalerweise durch die Nase. Eine Maske könne nicht dazu führen, dass Erreger in die Lunge getragen würden.» Diese vier Sätze stünden nicht kausal im Zusammenhang. Ein Pneumologe beschäftige sich nicht mit dem Immunsystem. Es fehlten zudem die Quellenangaben. Nach Ansicht des Beschwerdeführers gebe es genügend Studien zum Thema Maskennutzung und die Veränderung der CO2-Aufnahme. «nau.ch» widerspreche sich selber in einem anderen Artikel, in dem thematisiert werde, dass für Chauffeure das Maskentragen sogar schädlich sein könne.
C. Am 23. September 2020 nahm Micha Zbinden, Chefredaktor von «nau.ch», zur Beschwerde von X. Stellung. Bezüglich der Busse in Höhe von bis zu 10’000 Franken sei klar auf einen ausführlichen Artikel verwiesen worden, der die Bussen behandle. Darin komme das Bundesamt für Gesundheit (BAG) zu Wort, welches selber von 10’000 Franken Busse spreche, wenn ein Masken-Verweigerer im Extremfall eine Strafanzeige der kantonalen Staatsanwaltschaft am Hals habe.
Die mögliche Schädlichkeit einer Maske sei nicht zentraler Inhalt des Artikels über den Flyer gewesen, weshalb dieses Thema nur oberflächlich angeschnitten worden sei. Inhaltlich sei er absolut korrekt. Der Beschwerdeführer störe sich daran, dass der Inhalt demjenigen eines Artikels über maskenlose Busfahrer bei Bernmobil widerspreche. Bei Letzterem werde aber klar deklariert, dass Bernmobil von einer «Beeinträchtigung des Gesundheitsschutzes» bei Busfahrern spreche. Ausführlicher habe Bernmobil diese Beeinträchtigung nicht ausführen wollen. Pneumologen befassten sich in der Tat nicht mit dem Immunsystem. Das habe «nau.ch» aber auch nicht geschrieben, sondern über mögliche Atemwegserkrankungen, welche Pneumologen schon in diversen Stellungnahmen widerlegt hätten.
D. Am 6. Oktober 2020 teilte der Presserat dem Beschwerdeführer mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsident Casper Selg und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 31. Dezember 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Beschwerde sinngemäss eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») geltend. Ziffer 1 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie sich an die Wahrheit halten. Sie lassen sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten, die Wahrheit zu erfahren. Gemäss den Ausführungen des Beschwerdeführers werde in der «Verordnung über Massnahmen in der besonderen Lage zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie» keine Busse für das Nichttragen einer Maske erwähnt. Der vom Beschwerdeführer kritisierte Artikel verweist jedoch mit Link auf einen anderen von «nau.ch» veröffentlichten Artikel mit dem Titel «Coronavirus und der öV: Wie teuer wird die Maskenverweigerung?». In diesem Artikel wird ein Jurist des Bundesamts für Gesundheit zitiert, der an der Pressekonferenz des BAG auf die Frage, ob es Bussen gebe, geantwortet habe: «Ja, das Höchstmass beläuft sich auf 10’000 Franken.» Die im Artikel gemachte Aussage über die Höhe einer Busse ist somit durch die Aussagen eines Vertreters des BAG gedeckt. Dessen Aussagen sind verlinkt. Eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» kann «nau.ch» somit nicht vorgeworfen werden.
Dass sich ein Pneumologe mit dem Immunsystem auseinandersetzt, hat «nau.ch» nicht behauptet. Aus der Tatsache, dass die Pneumologen unmittelbar nach der Aussage über das Immunsystem zitiert werden, lässt sich nichts zulasten von «nau.ch» ableiten. Der Schweizer Presserat erachtet die Wahrheitspflicht gemäss Ziffer 1 der «Erklärung» auch bezüglich dieses Passus als nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. «nau.ch» hat mit dem am 6. Juli 2020 veröffentlichten Artikel «Flyer fordert zu Widerstand gegen Masken-Pflicht auf» Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten») nicht verletzt.