Nr. 65/2021
Privatsphäre

(X.Y. c. «nzz.ch»)

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Zusammenfassung

X. Y. hat im April 2021 eine Beschwerde beim Presserat gegen «nzz.ch» eingereicht. Die «Neue Zürcher Zeitung» hatte über die «Home-Office-Demo» #NoLiestal auf Twitter berichtet, eine Gegenreaktion zur Demonstration der Corona-Massnahmen-Kritiker in Liestal. Unter den aktivsten Teilnehmenden an der Online-Bewegung erwähnte der Artikel «X. Y.» (Vorname und Name ausgeschrieben) als Nutzerin mit den meisten Tweets und Retweets (805). Die Beschwerdeführerin beanstandete ihre namentliche Erwähnung: Sie sei keine Person des öffentlichen Lebens und nicht von öffentlichem Interesse.

Der Presserat bleibt der festen Überzeugung, dass der Schutz der Privatsphäre auch im Zeitalter der sozialen Medien einen hohen Stellenwert hat. Auch für Aktivitäten im Internet ist der Persönlichkeitsschutz sorgfältig zu beachten, allerdings mit Differenzierungen. Was das Abstellen auf «social media» als Quellen betrifft, ist es wichtig, zwischen den verschiedenen Plattformen zu unterscheiden. Anders als z. B. bei Facebook, dessen Nutzer sich an eine beschränkte Zahl mehr oder weniger bekannter Personen wenden (beschränkter Adressatenkreis – friendship network), ist Twitter als öffentliche Kommunikationsplattform ausgestaltet und voreingestellt, bei der jede Mitteilung (Tweet bzw. Retweet) einem quasi weltweiten Publikum zugänglich und einsehbar ist (unbeschränkter Adressatenkreis – information network). Wer – wie die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall – mit einem nicht anonymisierten, offenen Twitter-Profil an einer Online-Aktion über ein Thema von öffentlichem Interesse teilnimmt, der begibt sich in die Öffentlichkeit im Sinne des Ausnahmetatbestandes von Richtlinie 7.2 (zulässige identifizierende Berichterstattung). Er oder sie kann sich also nicht auf den Schutz der Privatsphäre berufen, kann die Identifizierung in einem Bericht über die Aktion nicht beanstanden. Der Artikel von «nzz.ch» hat die berufsethischen Regeln nicht verletzt.

Résumé

X. Y. a adressé au Conseil de la presse une plainte contre «nzz.ch» en avril 2021. La «Neue Zürcher Zeitung» avait évoqué sur Twitter une manifestation Home-Office-Demo #NoLiestal en réaction à la manifestation des opposants aux mesures anti-Covid de Liestal. Parmi les participants les plus actifs à ce mouvement en ligne, l’article évoquait «X. Y.» comme l’utilisatrice au plus grand nombre de tweets et retweets (805). La plaignante critique le fait d’être désignée par son nom: elle n’est ni une personne publique, ni d’intérêt public.

Le Conseil de la presse reste fermement convaincu que la protection de la sphère privée revêt aussi beaucoup d’importance à l’ère des réseaux sociaux. Elle doit également être respectée lors d’activités sur Internet, mais avec quelques nuances. Quand les réseaux sociaux sont utilisés en tant que source, il est important de faire une distinction entre les différentes plateformes. À la différence de Facebook, par exemple, dont les utilisateurs s’adressent à un nombre restreint de personnes plus ou moins connues (cercle de destinataires limité – réseau d’amis), Twitter est conçu et configuré comme une plateforme de communication publique, où tout post (tweet et retweet) est accessible à et visible par un public quasi mondial (cercle de destinataires illimité – réseau d’information). Qui – comme la plaignante dans le cas d’espèce – participe avec un profil non anonymisé, ouvert, à une opération en ligne sur un sujet d’intérêt public, apparaît publiquement au sens des exceptions prévues par la directive 7.2 (compte rendu identifiant admissible). Il ou elle ne peut donc invoquer la protection de sa sphère privée et se plaindre d’être identifié(e) dans un compte rendu de son action. L’article de «nzz.ch» n’a donc pas porté atteinte aux règles éthiques de la profession.

Riassunto

X. Y. nell’aprile del 2021 ha inoltrato un reclamo contro «nzz.ch». La «Neue Zürcher Zeitung» aveva dato conto su Twitter della «Home-Office-Demo» #NoLiestal, un’iniziativa nata in risposta alla manifestazione di Liestal organizzata dai critici delle misure anti-covid. Tra gli attivisti, che hanno preso parte al movimento online, l’articolo menzionava «X. Y.» come utente con il più alto numero di Tweet e Retweet (805). La reclamante punta il dito contro la citazione del suo nome visto che non è un personaggio pubblico e dunque di nessun interesse pubblico.

Il Consiglio della stampa rimane fermo nella sua convinzione che la salvaguardia della sfera privata abbia – nell’era dei social media – una grande importanza. La protezione della privacy deve essere attentamente osservata anche per le attività su Internet, ma con delle differenziazioni. Per quanto riguarda il riferimento ai „social media“ come fonti, è importante distinguere tra le diverse piattaforme. A differenza di Facebook, per esempio, i cui utenti si rivolgono a un numero limitato di persone più o meno conosciute (cerchia limitata di destinatari – rete di amicizia), Twitter è concepito e preimpostato come una piattaforma di comunicazione pubblica dove ogni messaggio (tweet o retweet) è accessibile e può essere visto da un pubblico quasi mondiale (cerchia illimitata di destinatari – rete di informazione). Chiunque – come la reclamante in questione – partecipi a un’azione online su un tema di interesse pubblico con un profilo aperto e non anonimo, rientra nella sfera pubblica come recita la direttiva 7.2 (l’identificazione della persona è lecita). Non può quindi invocare la protezione della privacy, non può opporsi all’identificazione nell’articolo che rende conto dell’iniziativa, L’articolo di „nzz.ch“ non viola le regole di etica professionale.

I. Sachverhalt

A. Am 1. April 2021 veröffentlichte «nzz.ch» einen Artikel von Philipp Gollmer mit dem Titel «Home-Office-Demo für die Einhaltung der Corona-Massnahmen: So erfolgreich war #NoLiestal». Der Artikel berichtet ausführlich über eine von der Universität Zürich durchgeführte Auswertung der Twitter-Daten über die Online-Bewegung #NoLiestal, die als Gegenreaktion zur Demonstration der Corona-Massnahmen-Kritiker vom 20. März 2021 in Liestal ins Leben gerufen worden war. Diese Auswertung wurde grafisch aufbereitet und im Beitrag wie folgt abgebildet: mit der Anzahl der mit dem Hashtag #NoLiestal im untersuchten Zeitraum publizierten Tweets bzw. Retweets; mit der Anzahl der User, die den Hashtag benutzt haben; mit der durchschnittlichen Anzahl der pro Teilnehmer an #NoLiestal abgesetzten Tweets; mit der Anzahl der von den zehn aktivsten Teilnehmenden ausgelösten Tweets bzw. Retweets (mit entsprechender detaillierter Rangordnung); mit der Rangliste der anhand der Retweets erfolgreichsten Tweets sowie den weiteren Hashtags, die gemeinsam mit #NoLiestal getwittert wurden. Anhand der Gesamtzahl der Teilnehmenden vergleicht der Artikel sodann die Online-Demonstration #NoLiestal sowohl mit der physischen Kundgebung in Liestal als auch mit einer anderen Online-Bewegung namens #MoreLiestal, die als Reaktion auf #NoLiestal entstanden ist.

Unter den zehn aktivsten Teilnehmenden an der Online-Bewegung #NoLiestal erwähnt der Artikel «X. Y.» (Vorname leicht geändert, Anm. Presserat) als diejenige Nutzerin, die am meisten Tweets und Retweets (805) abgesetzt hat. Auf dem im Artikel abgebildeten Diagramm (Quelle: Auswertung der Universität Zürich) erscheint hingegen «X. Y.». Im Artikel werden dann auch Vor- und Nachnamen weiterer Personen zitiert, unter andern diejenigen des Kabarettisten Nils Althaus und der Politikerin Lea Kusano.

B. Am 12. April 2021 reichte X. Y. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel von «nzz.ch» ein. Bezugnehmend auf Richtlinie 7.1 (Schutz der Privatsphäre) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») beanstandet die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ihre namentliche Erwähnung im Artikel (im abgebildeten Diagramm mit genauem, amtlichem Namen «X. Y.»), obwohl sie keine Person des öffentlichen Lebens oder von öffentlichem Interesse sei. Die Redaktion von «nzz.ch» sei ihrer Bitte unmittelbar nach der Publikation, den Artikel zu anonymisieren, nicht nachgekommen.

C. Am 25. Mai 2021 nahm die Redaktion von «nzz.ch» zur Beschwerde Stellung. Die Beschwerdegegnerin (BG) beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen.

Der Antrag auf Nichteintreten wird damit begründet, dass die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Richtlinie 7.1 (Schutz der Privatsphäre) geltend mache, ohne aber auszuführen, inwiefern der erwähnte Tatbestand (Ton-, Bild- oder Videoaufnahmen im Privatbereich ohne Einwilligung des Betroffenen bzw. Belästigungshandlungen) erfüllt sei. Die Beschwerde sei infolgedessen als unbegründet im Sinne von Art. 11 des Geschäftsreglements zu betrachten.

Falls dennoch auf die Beschwerde eingetreten werde, beantragt die «Neue Zürcher Zeitung» deren Abweisung gestützt auf folgende Argumente: Die Beschwerdeführerin sei bei der Online-Demonstration an vorderster Front aktiv gewesen. Sie habe sich somit bewusst und gewollt in die Öffentlichkeit begeben. Als Twitter-User sei man nicht verpflichtet, mit vollständigem, amtlichem Namen aufzutreten oder sein Profil beziehungsweise seine Tweets für alle öffentlich zu machen. Die Beschwerdeführerin habe ihr Twitter-Profil aus freier Wahl öffentlich gestaltet. Die Auswertung der Twitter-Daten und -Profile würde obsolet, könnte man die Rangliste der aktivsten Nutzer nicht den entsprechenden Twitter-Profilen zuordnen oder nicht mit diesen verlinken. Es sei den Medien nicht zumutbar, öffentliche Twitter-Profile zu pseudonymisieren oder zu anonymisieren. Würde der Presserat im vorliegenden Fall eine Verletzung von Richtlinie 7.2 zur «Erklärung» feststellen (identifizierende bzw. namentliche Berichterstattung), hätte dies für alle Medien der Schweiz die Konsequenz, dass die Einbettung von öffentlichen Tweets oder die Berichterstattung über Social-Media-Phänomene erschwert würde.

D. Am 8. Juni 2021 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde von der 1. Kammer des Presserats behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Luca Allidi, Dennis Bühler, Ursin Cadisch, Michael Herzka, Francesca Luvini und Casper Selg.

E. Die 1. Kammer des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme an ihrer Sitzung vom 3. September 2021 sowie auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Der Presserat tritt auf die Beschwerde ein. Selbst wenn die Beschwerdeführerin Richtlinie 7.1 (Schutz der Privatsphäre) statt Richtlinie 7.2 (Identifizierung) erwähnt, geht aus ihrer Beschwerdeschrift klar hervor, dass eine identifizierende bzw. namentliche Berichterstattung gerügt und begründet wird. Im Übrigen gelten ohnehin sowohl die Richtlinie 7.1 als auch die Richtlinie 7.2 als Präzisierung und Erläuterung von Ziffer 7 der «Erklärung», deren Thema der Schutz der Privatsphäre ist.

2. Eine Identifizierung der BF (im abgebildeten Diagramm mit amtlichem, ausgeführtem Vor- und Nachnamen «X. Y.» erwähnt) liegt vor. Die Identifizierung wird von «nzz.ch» nicht thematisiert, geschweige denn in Frage gestellt.

3. Gemäss Ziffer 7 der «Erklärung» obliegt den JournalistInnen die Pflicht, die Privatsphäre der einzelnen Personen zu respektieren, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt. Die beteiligten und sich gegenüberstehenden Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information und Schutz der Privatsphäre) sind dabei sorgfältig abzuwägen. Die Nennung von Namen oder eine sonst identifizierende Berichterstattung im Falle von unbekannten, nicht öffentlichen Personen ist nur zulässig, sofern diese im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Medienberichts öffentlich auftreten oder auf andere Weise in die Veröffentlichung einwilligen (Richtlinie 7.2).

Der Presserat geht nach ausführlicher, kontroverser Diskussion davon aus, dass eine Verletzung von Richtlinie 7.2 und damit der Ziffer 7 der «Erklärung» in diesem speziellen Fall nicht vorliegt. Und dies obwohl er grundsätzlich nach wie vor der festen Auffassung ist, dass der Persönlichkeitsschutz seitens der Medien auch für Aktivitäten im Internet sorgfältig zu beachten ist. Allerdings mit gewissen Differenzierungen.

Grundsätzlich: Das Internet und die sozialen Medien erlauben heute jedem Menschen, Informationen persönlicher Natur an ein sehr weites, mehr oder weniger ausgewähltes Publikum zu verbreiten. Das Phänomen hat mittlerweile eine solche Tragweite angenommen, dass man meinen könnte, die Begriffe Privatleben und Privatsphäre seien obsolet oder sinnlos geworden.

Die Verwendung von Informationen aus dem Internet und aus den sozialen Medien zu journalistischen Zwecken unterliegt aber nach wie vor Vorbehalten. Unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes soll insbesondere die Anonymität der betroffenen unbekannten Personen bewahrt werden, es sei denn, die Identifizierung sei für die Berichterstattung und in Bezug auf ein überwiegendes öffentliches Interesse unabdingbar. Die Einwilligung in eine Einschränkung der Privatsphäre seitens der betroffenen Person darf dabei nicht vermutet werden. Im Internet und in den sozialen Medien machen zwar immer mehr Personen private Informationen und Bilder öffentlich zugänglich. Doch daraus können Massenmedien nicht ableiten, dass die Betreffenden ganz (in allen anderen Medien) auf den Schutz ihrer Privatsphäre verzichten. Öffentlichkeit bedeutet in Bezug auf das Internet nicht zwingend auch «Medienöffentlichkeit». Ein Artikel in einem Massentitel hat ein viel grösseres Echo, erreicht ein viel breiteres Publikum und schafft somit eine ganz andere Öffentlichkeit als z. B. ein privates Socialmedia-Profil, das sich in den Weiten des Internets verliert. Zu berücksichtigen ist, in welchem Kontext und mit welcher Absicht sich jemand im öffentlichen Raum exponiert. Mit Kontext ist gemeint: die Natur der Website (Facebook und ähnliche soziale Medien, persönlicher Blog, Forum, institutionelle Website usw.), die Identität des Autors (Unbekannter, öffentliche Person, Journalist usw.) und soweit ersichtlich die Ausrichtung der Publikation (grosses Publikum oder beschränkter Adressatenkreis). Um medienethisch korrekt zu sein, soll die journalistische Veröffentlichung solcher Informationen immer auch einem öffentlichen Interesse entsprechen, deren Bedeutung ist mit dem Schutz der Privatsphäre und der Anonymität der betroffenen Person sorgfältig abzuwägen (vgl. Stellungnahmen des Presserates 43/2010, 35/2008, 27/2009).

Die «Erklärung» und die Praxis des Presserates stellen sehr hohe Anforderungen an den Bruch der Privatsphäre, an eine identifizierende oder direkt an eine namentliche Berichterstattung ohne Einwilligung. Auch Straftäter sollen nicht identifiziert werden, wo kein öffentliches Interesse vorliegt. Öffentliches Interesse darf dabei nicht mit öffentlicher Neugierde verwechselt werden (vgl. Stellungnahmen des Presserats 3/2003 und 62/2012). Der Schutz der Privatsphäre muss auch im Zeitalter der sozialen Medien weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen.

Es gab und gibt in der Praxis des Presserates aber Ausnahmen: Im Hinblick auf Bilder von Demonstrierenden hat der Presserat in seiner Stellungnahme 50/2001 dennoch entschieden, dass Personen, die im öffentlichen Raum für ein Anliegen demonstrieren, damit rechnen müssen oder mindestens in Kauf nehmen, dass die Medien mit identifizierenden Bildern über den Anlass berichten, ohne jeweils alle Abgebildeten um Zustimmung zur Publikation der Bilder nachfragen zu müssen. Und in einer neueren Stellungnahme (52/2021) hat der Presserat entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch die Identifikation der Demonstrierenden im Text des Presseberichts legitim ist (im fraglichen Sachverhalt ging es um öffentlichkeitswirksame Demonstrationsaktionen mit gleichzeitigen strafbaren Handlungen, und zwar die Besetzung einer Bank samt Sperren deren Haupteingangs durch politische Aktivisten).

Was das Abstellen auf «social media» als Quellen betrifft, ist insgesamt wichtig (und es wird offenbar in der Zukunft immer wichtiger sein), zwischen den verschiedenen Plattformen zu unterscheiden. Anders als z. B. bei Facebook, dessen Nutzer sich an eine beschränkte Anzahl von mehr oder weniger bekannten Personen wenden (beschränkter Adressatenkreis – friendship network), ist Twitter als öffentliche Kommunikationsplattform ausgestaltet und voreingestellt, bei der jede Mitteilung (Tweets bzw. Retweets) einem quasi weltweiten Publikum zugänglich und einsehbar ist (unbeschränkter Adressatenkreis – information network).

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies: Über eine Online-Bewegung pro Corona-Massnahmen (bzw. gegen die Massnahmen-Kritiker) zu berichten samt ausführlicher Auswertung der diesbezüglichen Twitter-Daten entspricht unzweifelhaft einem öffentlichen Interesse. Nach Ansicht des Presserates wäre jedoch die Namensnennung der Beschwerdeführerin, die keine öffentliche Person ist wie etwa der Kabarettist Nils Althaus oder die Politikerin Lea Kusano, unter dem Titel des «öffentlichen Interesses» nicht angezeigt gewesen. Dass die Beschwerdeführerin die aktivste Teilnehmerin der Online-Demo war vermag daran nichts zu ändern. Die Namensnennung der Beschwerdeführerin im Artikel von «nzz.ch» hat dem Bericht nichts hinzugefügt, was journalistisch relevant wäre. Man hätte den genau gleichen Artikel schreiben können, ohne den Namen der Beschwerdeführerin (und anderer nicht öffentlicher Personen) zu erwähnen. Die Rangliste der zehn aktivsten Teilnehmenden an der Online-Bewegung #NoLiestal hätte man mit genau gleicher Wirkung anhand der Anzahl der jeweiligen abgesetzten Tweets und Retweets darlegen können. Ein öffentliches Interesse am Bruch der Privatsphäre hat nicht bestanden.

Damit ist noch zu klären, ob ein Bruch überhaupt stattgefunden, ob die Privatsphäre überhaupt noch bestanden hat. Das ist aufgrund der oben erwähnten Eigenschaften und der Funktionsweise von Twitter zu verneinen. Wer mit einem nicht anonymisierten, offenen Twitter-Profil an einer Online-Bewegung über ein Thema von öffentlichem Interesse teilnimmt, der begibt sich in die Öffentlichkeit im Sinne des Ausnahmetatbestandes von Richtlinie 7.2. Er oder sie kann sich infolgedessen nicht auf den Schutz der Privatsphäre berufen, kann die Identifizierung in einem Presseartikel, der über die Online-Bewegung berichtet, nicht beanstanden. Die Richtlinie 7.2 und damit auch die Ziffer 7 der «Erklärung» ist nicht verletzt.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die «nzz.ch» hat mit dem Artikel «Home-Office-Demo für die Einhaltung der Corona-Massnahmen: So erfolgreich war #NoLiestal» vom 1. April 2021 Ziffer 7 (Privatsphäre) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.