I. Sachverhalt
A. Im August 2018 verfasste X. mehrere Online-Leserkommentare zu Artikeln der «Aargauer Zeitung» (AZ). Darin äussert er sich unter anderem zur «Netiquette» der Redaktion, wonach Kommentare mit ungenügender Rechtschreibung nicht veröffentlicht werden. Aus Sicht von X. ist «diese Ausrede so faul, dass sie stinkt!». Weiter wirft er der Redaktion in der Kommentarspalte «willkürliche Zensur» vor. Gewisse Kommentarschreiber würden zudem bevorzugt. Mindestens zwei von X. verfasste Kommentare wurden von der Redaktion entfernt, wie ein Bildschirmfoto des Nutzers zeigt. Später erhielt er die Meldung, sein Account sei vorübergehend gesperrt.
B. X. reichte am 4. September 2018 beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen die Sperrung seines Zugangs zur Kommentarfunktion auf der Internetseite der «Aargauer Zeitung» ein, namentlich gegen Mark Walther. Er macht eine Verletzung von Ziffer 5 (Berichtigung falscher Informationen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») geltend. Konkret moniert er, die Redaktion habe die Richtlinie 5.2 (Leserbriefe und Online-Kommentare) durch das Nicht-Veröffentlichen seiner Leserkommentare nicht eingehalten. Zudem rügt der Beschwerdeführer, die AZ bevorzuge in den Kommentarspalten einzelne Nutzer und toleriere insbesondere «anonyme» Schreiber, die unter einem Pseudonym Kommentare verfassten.
C. Am 20. September 2018 nahm die «Aargauer Zeitung» zur Beschwerde Stellung. Sie hält fest, die Redaktion verstosse nicht gegen die Meinungsfreiheit, wenn sie einen Leserkommentar nicht veröffentliche. Wenn ein Nutzer nachfrage, warum ein Kommentar zurückgehalten wurde, verweise sie in der Regel auf ihre «Netiquette». Einige Kommentare würden zudem nicht publiziert, obwohl sie die «Netiquette» einhielten, etwa wenn es sich um einen «Vielschreiber» handelt. X. sei so einer. Wenn «uneinsichtige Leser (…) aggressiv werden», behalte sich die Redaktion vor, diese vorübergehend zu sperren. Dies sei im vorliegenden Fall eingetreten.
D. Am 9. November 2018 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 23. September 2019 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 5 der «Erklärung» verlangt von Journalisten, dass sie jede veröffentlichte Meldung, deren Inhalt sich als ganz oder teilweise falsch erweist, berichtigen. Richtlinie 5.2 präzisiert, dass die berufsethischen Normen auch für Leserbriefe und Online-Kommentare gelten. X. moniert eine Verletzung dieser Richtlinie, weil mehrere von ihm verfasste Leserkommentare auf der Internetseite der «Aargauer Zeitung» nicht veröffentlicht worden seien und sein Zugang zur Kommentarfunktion vorübergehend gesperrt. Die Beschwerdegegnerin weist die Vorwürfe zurück und hält in ihrer Antwort fest, es gebe «kein Recht auf Veröffentlichung eines Kommentars». Gewisse Kommentare würden zurückbehalten. Entweder, wenn sie gegen die «Netiquette» der Redaktion verstiessen oder wenn es sich um «Vielschreiber» handle.
Laut Praxis des Presserats entscheiden Redaktionen nach eigenem Ermessen über die Publikation von Leserbriefen und Online-Kommentaren, da diese zum redaktionellen Teil gehören und damit in die Verantwortung der Redaktion fallen (unter vielen: Stellungnahmen 9/2015, 44/2016). Eine Verletzung dieser Richtlinie läge allenfalls vor, wenn eine Redaktion Briefe eines Lesers systematisch, über sehr lange Zeit und aus journalistisch nicht zu rechtfertigenden Gründen ablehnen würde. Dies ist vorliegend nicht der Fall, der Beschwerdeführer selbst macht geltend, sein Zugang sei nur vorübergehend gesperrt worden. Richtlinie 5.2 ist somit nicht verletzt.
2. Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, die AZ bevorzuge in den Kommentarspalten einzelne Nutzer und toleriere «anonyme» Schreiber, die unter einem Pseudonym Kommentare verfassten. Welche Nutzer in welchem Ausmass bevorzugt werden, führt er nicht weiter aus, weshalb der Presserat sich zu diesem Vorwurf nicht äussern kann. X. rügt auch keinen konkreten, mit einem Pseudonym gezeichneten Kommentar. Insofern fehlt der Beschwerdegegenstand. Richtlinie 5.3 (Zeichnung von Leserbriefen und Online-Kommentaren) hält fest, dass Leserbriefe und Online-Kommentare in der Regel mit dem Namen zu zeichnen sind. Sie werden nur bei begründeten Ausnahmen anonym veröffentlicht, beispielsweise um schützenswerte Interessen (Privatsphäre, Quellenschutz) zu wahren. In seiner Stellungnahme 16/2016 hatte sich der Presserat zur Frage der in der «Aargauer Zeitung» veröffentlichten anonymen Kommentare geäussert.
III. Feststellungen
1. Der Schweizer Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Die «Aargauer Zeitung» hat mit dem Nichtveröffentlichen bzw. späteren Löschen von Leserkommentaren von X. und der vorübergehenden Sperre seines Zugangs zur Kommentarfunktion Ziffer 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.