Zusammenfassung
Ein Artikel im «Walliser Bote» mit dem Titel «Spitalneubau in Brig – Die Posse könnte noch in diesem Jahr enden» beschrieb den Rechtsstreit eines Anwohners rund um das Baugesuch für den Neubau und nannte ihn dabei mit vollem Namen. Der Anwohner reichte beim Schweizer Presserat Beschwerde ein – der Artikel sei diffamierend, rufschädigend, ehrverletzend und sein Name werde mehrfach genannt, ohne dass ein Interesse der Öffentlichkeit bestehe. Die im Artikel erwähnte Entschädigungsforderung seinerseits sei falsch, zudem sei er nicht angehört worden. Die Chefredaktion des «Walliser Bote» war hingegen der Ansicht, beim Spitalneubau handle es sich um ein 100-Millionen-Projekt, das von grösstem öffentlichem Interesse sei. Hinzu komme, dass der Name bereits in einem früheren Artikel genannt worden sei, gegen diesen Artikel habe sich der Anwohner nicht beschwert. Zudem habe er sich in mehreren Leserbriefen zu anderen Grossprojekten im betroffenen Gebiet namentlich geäussert.
Berichtet ein Medium über ein laufendes Rechtsverfahren, so ist zu erwarten, dass es auch über die einzige Frage berichtet, mit welcher sich der Prozess auseinandersetzt (vorliegend: ein Zwischenentscheid über die aufschiebende Wirkung der Einsprache). Mit dieser gravierenden Unterlassung hat der «Walliser Bote» wichtige Informationen unterschlagen. Für den Bericht über das Gerichtsverfahren betreffend das Spitalbauprojekt wäre relevant gewesen, darzustellen, um was für ein Verfahren es sich handelt und was der Verfahrensausgang bewirkt. Den Namen des Einsprechers zu nennen ist dafür aber nicht nötig und trägt nichts zum Informationsgehalt des Artikels bei. Auch die hohen Kosten eines Projekts vermögen nicht zu rechtfertigen, dass eine Privatperson in den Mittelpunkt gestellt wird. Für den Presserat kann die Namensnennung zu einem früheren Zeitpunkt nicht als Einwilligung zur Namensnennung für künftige Artikel gewertet werden.
Résumé
Un article du «Walliser Bote» intitulé «Spitalneubau in Brig – Die Posse könnte noch in diesem Jahr enden» (construction du nouvel hôpital de Brigue: la farce pourrait prendre fin cette année encore) décrivait le conflit juridique avec un riverain à propos du permis de construire et citait son nom en entier. Le riverain a porté plainte devant le Conseil suisse de la presse, arguant que l’article était diffamatoire et portait atteinte à sa réputation et à son honneur. De plus, il déplorait que son nom soit cité à plusieurs reprises sans qu’un intérêt public le justifie. Il a fait valoir que le montant mentionné dans l’article, qu’il aurait demandé à titre de réparation, était inexact, sans compter qu’il n’avait pas été entendu sur l’affaire. La rédaction en chef du «Walliser Bote» était quant à elle d’avis que le projet de construction du nouvel hôpital, un projet à 100 millions, était indubitablement d’intérêt public. Elle a ajouté que le nom de l’opposant avait déjà été cité dans un précédent article, sans que celui-ci porte plainte. Enfin, elle a rappelé qu’il s’était déjà prononcé nommément sur plusieurs autres projets locaux d’envergure dans le courrier des lecteurs.
Lorsqu’un média fait une contribution à propos d’une procédure pénale en cours, il est attendu qu’il évoque la question centrale de la procédure (c’est-à-dire ici la décision relative à l’effet suspensif de l’opposition). Or le «Walliser Bote» a omis cette information essentielle, commettant une violation grave. Il aurait en effet été important de présenter le type de procédure et les conséquences de son issue. Citer le nom de l’opposant n’est pas nécessaire à cette fin et ne contribue pas au contenu informatif de l’article. Le coût élevé d’un projet ne justifie pas davantage que l’article se focalise sur un particulier. De l’avis du Conseil suisse de la presse, la citation antérieure d’un nom n’a nullement valeur de consentement à la citation de ce nom dans des articles futurs.
Riassunto
Un articolo del „Walliser Bote“ intitolato „Spitalneubau in Brig – Die Posse könnte noch dieses Jahr enden“ (Nuovo edificio ospedaliero a Briga – La farsa potrebbe finire ancora quest’anno), ha descritto la controversia legale di un residente locale in merito alla concessione della licenza edilizia del nuovo edificio, citandolo con nome e cognome. Il residente ha inoltrato un reclamo presso il Consiglio svizzero della stampa, poiché considera l’articolo diffamatorio, lesivo della sua reputazione e offensivo, indicando pure che il suo nome è stato citato più volte senza che vi sia alcun interesse pubblico. Indica altresì che la richiesta di risarcimento menzionata nell’articolo è inesatta e che non è stato ascoltato.
Il caporedattore del „Walliser Bote“ ha invece espresso l’opinione che il nuovo ospedale è un progetto da 100 milioni di franchi e di grande interesse pubblico. Ha pure indicato che il nome era già stato menzionato in un articolo anteriore, della qual cosa il residente non si era lamentato. Oltre a ciò, in diverse lettere all’editore, questi aveva commentato altri importanti progetti dell’area interessata, firmando con il proprio nome.
Se un media informa di un procedimento giudiziario in corso, è lecito aspettarsi che riferisca anche dell’unica questione di cui il processo si occupa (nella fattispecie: una decisione provvisoria sull’effetto sospensivo dell’opposizione).
Con questa grave omissione, „Walliser Bote“ ha taciuto informazioni importanti. Per quanto riguarda il resoconto sul procedimento giudiziario relativo al progetto di costruzione dell’ospedale, sarebbe stato rilevante indicare di che tipo di procedimento si trattava e a quale esito avrebbe portato. Tuttavia, citare l’opponente è qui innecessario e non aggiunge nulla al contenuto informativo dell’articolo. Neppure i costi elevati di un progetto possono giustificare il fatto che un privato venga posto al centro dell’attenzione. Il Consiglio della stampa ritiene che la menzione del nome in un articolo precedente non possa venir interpretata come un consenso alla sua menzione in articoli futuri.
I. Sachverhalt
A. Am 16. Oktober 2021 publizierte der «Walliser Bote» (WB) einen Artikel von Martin Meul mit dem Titel «Spitalneubau in Brig – Die Posse könnte noch in diesem Jahr enden». Der Untertitel hielt fest: «Die Einsprache gegen den Ausbau des Oberwalliser Spitals wurde ans Bundesgericht weitergezogen. Seitens Spital heisst es, man sei bereit loszulegen. Derweil muss sich die Stadtgemeinde Sorgen machen.»
Der Artikel befasst sich mit einem Rechtsstreit betreffend das Baugesuch für den Neubau des Spitals in Brig-Glis, welcher von X. Y. als Privatmann und Anwohner geführt werde. (Im Artikel ist der Einsprecher mit Vor- und Zuname genannt.) Im Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels habe X. Y. seine Einsprache nach ablehnendem Entscheid des Kantonsgerichts ans Bundesgericht weitergezogen. In der Einsprache beim Bundesgericht würden die gleichen Punkte bemängelt wie schon 2018. X. Y. habe vor Kantonsgericht eine Entschädigungszahlung von zwei Millionen Franken geltend gemacht; für diesen Betrag würde er sich gütlich mit dem Spital einigen. Das Kantonsgericht habe diese Forderung als viel zu hoch angesetzt angesehen. Gemäss dem Direktor des Spitalzentrums Oberwallis stünden die Zeichen gut, dass der Rechtsstreit ein baldiges Ende finde, da man noch vor Jahresende einen Entscheid des Bundesgerichts erwarte. Sobald die juristischen Fragen geklärt seien, sei man bereit, mit dem Bau zu beginnen.
Der WB hält weiter fest, dass während sich dieser Rechtsstreit auf der Zielgeraden befinde, es aussehe, als müsse sich schon bald die Stadtgemeinde mit dem «umtriebigen Einsprecher» auseinandersetzen. Dieser sei im Abstimmungskampf zum Kreditbeschluss für das Verkehrskonzept rund um den Bahnhof Brig mit den Gegnern der SP aufgetreten. X. Y. habe als Anwohner die Pläne der Stadtgemeinde kritisiert und den Bau eines Hochbahnhofs gefordert. Die Erfahrungen mit X. Y. liessen vermuten, dass er bei diesem Projekt und jenem für das Quartier «Bahnhof West» «ein Wörtchen mitzureden» gedenke. Dass er Ausdauer habe, habe er bereits unter Beweis gestellt.
B.1 Am 7. November 2021 reichte X. Y. (Beschwerdeführer, BF) gegen den Artikel im «Walliser Bote» Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Das Baugesuch sei Anfang 2019 aufgelegt worden, seine Legitimation durch die Bewilligungsbehörde anerkannt. Der Bau beeinträchtige ihn stark; sein Gesuch um aufschiebende Wirkung bezwecke, dass mit dem Bauvorhaben nicht vor der definitiven Klärung durch die Rechtsinstanzen begonnen werden dürfe. Er nehme damit ihm zustehende demokratische Rechte wahr. Er führe dieses Rechtsmittelverfahren als einziger Einsprecher. In das Rekursverfahren vor dem Staatsrat seien hingegen ungefähr sechs Parteien involviert. Der Artikel sei diffamierend, rufschädigend, ehrverletzend und sein Name mehrfach genannt ohne dass ein Interesse der Öffentlichkeit an der Nennung seines Namens bestehe. Dagegen habe der WB jene Informationen vorenthalten, welche im öffentlichen Interesse gestanden hätten: Verfahrensstand, Verfahrensablauf, Anzahl beteiligte Parteien, Problempunkte des Baus.
Der BF beanstandet insbesondere folgende Passage: «Vor Kantonsgericht macht X. Y. zudem eine Entschädigungszahlung zu seinen Gunsten geltend. Zwei Millionen forderte er, dann würde er sich mit dem Spital gütlich einigen. Das Kantonsgericht sah diese Forderung als viel zu hoch angesetzt an. X. Y. habe finanzielle Interessen, der Betrag liege weit über dem Wert seines Liegenschaftsanteils.» Das Kantonsgericht habe aber nur die aufschiebende Wirkung zu beurteilen gehabt, eine Entschädigungszahlung habe er dort nie geltend gemacht. Der Wert seiner Liegenschaft sei kein Thema gewesen. Das Urteil des Gerichts enthalte keinen Bezug zu einer Entschädigung oder der Höhe einer Forderung. All dies sei unwahr, eine Erfindung des Journalisten oder die Wiedergabe einer ungeprüften Quelle. Damit verstosse das WB gegen die Ziffern 1 (Wahrheit) und 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») sowie die Richtlinien 1.1 (Wahrheitssuche) und 3.1 (Quellenbearbeitung). Zudem sei er nicht angehört worden, weshalb auch damit ein Verstoss gegen Ziffer 3 vorliege.
B.2 Der BF sieht seine Privatsphäre einerseits durch die mehrfache Namensnennung missachtet. Zudem durch die vom WB angestellten Vermutungen, wonach er, der BF, kommende Projekte blockieren wolle. Dabei stelle ihn die Zeitung als Stänkerer und Projektverhinderer dar, obwohl er nur sein Recht auf politische Teilnahme an einer demokratischen Meinungsbildung wahrnehme. Der BF sieht darin einen Verstoss gegen Ziffer 7 der «Erklärung» und Richtlinie 7.1 (Schutz der Privatsphäre).
C. Am 30. Dezember 2021 nahm Chefredaktor Armin Bregy für den «Walliser Bote» zu den Vorwürfen des Beschwerdeführers Stellung. Dessen Gesuch um aufschiebende Wirkung verhindere einen Baubeginn des neuen Spitals in Brig-Glis. Im Artikel sei in der Tat nicht explizit von Verfahren um aufschiebende Wirkung die Rede, was der Verständlichkeit für die Leserschaft geschuldet sei. Der BF bemängle, dass sein Name mehrfach erwähnt sei. Beim Spitalneubau handle es sich um ein 100-Millionen-Projekt von grösstem öffentlichen Interesse, weshalb es legitim erscheine, der Öffentlichkeit den Namen der einzigen beteiligten Person im Verfahren um aufschiebende Wirkung zu nennen. Hinzu komme, dass der WB den Namen des BF bereits in einem vorherigen Artikel genannt habe, wogegen dieser sich nicht beschwert habe. Zudem habe sich der BF in mehreren Leserbriefen zu anderen Grossprojekten im betroffenen Gebiet, neues Verkehrskonzept und Quartierentwicklung «Bahnhof West», namentlich geäussert. Folglich sei sein Wunsch nach Anonymität nur partiell. Zum Spitalprojekt habe sich der BF bis zu diesem Zeitpunkt gegenüber dem WB nie äussern wollen, weshalb man davon ausgegangen sei, dies gelte auch für diesen Artikel. Auch habe sich der BF nach Erscheinen des Artikels nicht mit der Redaktion in Verbindung gesetzt und auch keine Gegendarstellung gefordert. Vielmehr habe er direkt Beschwerde beim Presserat eingereicht.
Der Artikel erhebe keine Vorwürfe, die strittig sein könnten. Es werde lediglich der Stand der Dinge erläutert. Die Mutmassung, dass sich der BF bei anderen Projekten wieder wehren werde, lasse sich der Pressekonferenz zu den Bahnhof-Projekten wie auch seinen Leserbriefen entnehmen. Zum Artikel habe zudem ein Kommentar auf der Frontseite unterstrichen, dass der BF das demokratische Recht auf juristischen Widerstand habe. Ihm sei in keiner Weise unterstellt worden, er handle unredlich. Auch seien keine Unwahrheiten zu etwaigen finanziellen Absichten des BF verbreitet worden. Im Urteil des Kantonsgerichts sei festgehalten, dass der BF dem Spital Wallis im Zuge des Verfahrens das Angebot gemacht habe, sich für einen Betrag von zwei Millionen Franken zu einigen. Aus diesem Grund habe das Gericht gefolgert, der BF habe finanzielle Interessen, weshalb es das Gesuch um aufschiebende Wirkung ablehnte. Das Kantonsspital Wallis könne das bestätigen. Selbstverständlich habe das Kantonsgericht nicht über die Forderung an sich entschieden, vielmehr seien auch hier «im Sinne der Verständlichkeit Vereinfachungen vorgenommen» worden.
D. Das Präsidium des Presserats wies den Fall seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Max Trossmann (Kammerpräsident), Annika Bangerter, Monika Dommann, Michael Furger, Jan Grüebler, Simone Rau und Hilary von Arx an.
E. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 6. Juli 2022 sowie auf dem Korrespondenzweg.
II. Erwägungen
1.a Der Beschwerdeführer sieht die Ziffern 1 (Wahrheit) und 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen) der «Erklärung» sowie die Richtlinien 1.1 (Wahrheitssuche) und 3.1 (Quellenbearbeitung) als verletzt an. Da die Ziffer 3 der «Erklärung» die Ziffer 1 in Bezug auf die Wahrheitspflicht präzisiert, prüft der Presserat den Artikel des «Walliser Bote» gestützt auf Ziffer 3.
Der BF macht dazu geltend, die Ausführungen des WB in der oben im Sachverhalt unter B.1 zitierten Textpassage über das Verfahren vor Kantonsgericht seien unwahr beziehungsweise die Wiedergabe einer unüberprüften Quelle. Das Kantonsgericht habe nur die aufschiebende Wirkung beurteilen müssen. Eine Entschädigungszahlung oder der Wert seiner Liegenschaft seien kein Thema gewesen. Das Urteil des Gerichts enthalte auch keine entsprechende Bezugnahme. Hierzu hielt der WB fest, er habe, damit der Artikel für die Leser verständlich sei, tatsächlich nicht darauf hingewiesen, dass es um Verfahren um aufschiebende Wirkung gehe. Im Urteil des Kantonsgerichts sei aber festgehalten, der BF habe ein Angebot zur gütlichen Einigung unterbreitet.
Da dem Presserat das Urteil des Kantonsgerichts Wallis nicht vorliegt und dieses offensichtlich auch nicht publiziert wurde, kann er nicht feststellen, ob es sich bei der Darstellung bezüglich des angeblichen Vergleichsangebots um eine Verletzung der Wahrheitspflicht respektive der Pflicht zur korrekten Quellenangabe handelt oder nicht. Der Entscheid des Bundesgerichts 1C_396/2021, welcher sich offensichtlich auf dieses Verfahren bezieht, äussert sich nicht zu diesem Punkt. Da dem Presserat der Entscheid des Kantonsgerichts nicht vorliegt und er daher nicht beurteilen kann, ob die Information aus dem Urteil des Kantonsgerichts stammt oder nicht, kann er auch nicht beurteilen, ob der BF gemäss Richtlinie 3.8 hätte angehört werden müssen. Ebenfalls nicht beurteilen kann der Presserat, ob es sich um eine Verletzung von Richtlinie 3.1 zur Quellenbearbeitung handelt, da die angebliche Quelle fehlt.
1.b Was der «Walliser Bote» in seinem Artikel aber verschwieg, ist, dass es sich beim Verfahren, über welches er berichtet, um ein Rechtsmittelverfahren gegen einen Zwischenentscheid betreffend die Gewährung der aufschiebenden Wirkung handelt. Dies ist bei einem Bericht über diesen Rechtsstreit entgegen der Meinung der Redaktion relevant. Berichtet ein Medium über laufende Rechtsverfahren, so ist zu erwarten, dass es auch über die einzige Frage berichtet, mit welcher sich ein Prozess auseinandersetzt. Gerade dies ist aber vorliegend nicht geschehen. Die Redaktion verteidigt sich damit, der Artikel habe für die Lesenden verständlich sein sollen. Dieses Argument verfängt nicht. Ist der «Walliser Bote» der Auffassung, der Durchschnittsleser verstehe nicht, was der Inhalt eines Verfahrens ist, so ist es seine Aufgabe, dies zu erläutern. Den Verfahrensinhalt aber gänzlich wegzulassen ist unzulässig. Vielmehr lässt die Zeitung ihre Leser im Glauben, dass der Rechtsstreit bald abgeschlossen sei. Das aber ist nicht der Fall, denn der angekündigte Entscheid des Bundesgerichts ist kein Entscheid in der Sache. Mit dieser gravierenden Unterlassung hat der «Walliser Bote» die Ziffer 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen) verletzt.
2. Weiter moniert der Beschwerdeführer die Verletzung von Ziffer 7 (Schutz der Privatsphäre). Sein Name sei neun Mal genannt worden, was zur Orientierung der Öffentlichkeit nicht notwendig gewesen sei. Die Redaktion entgegnet hierzu, dass es sich bei einem 100-Millionen-Spitalbau um ein Projekt von grösstem öffentlichen Interesse handle, weshalb die Nennung des Verhinderers durchaus relevant sei.
In Richtlinie 7.2 zur Identifizierung heisst es: «Journalistinnen und Journalisten wägen die beteiligten Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information, Schutz der Privatsphäre) sorgfältig ab.» Der Journalistenkodex listet mehrere Gründe auf, wann eine identifizierende Berichterstattung zulässig ist. Diese ist zum Beispiel zulässig, wenn «die betroffene Person im Zusammenhang mit dem Gegenstand des Medienberichts öffentlich auftritt» oder die Namensnennung oder identifizierende Berichterstattung «anderweitig durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist». Vorliegend ist der BF gemäss Angaben der Redaktion zwar in Bezug auf ein Verkehrskonzept einmal öffentlich aufgetreten und hat sich verschiedentlich zu diesem und einem zweiten Bauprojekt in Leserbriefen geäussert. Nach Beurteilung des Presserats macht dies den Beschwerdeführer nicht zur öffentlichen Person. Zudem hat er sich selbst – zumindest nach Kenntnisstand aufgrund der Beschwerdeunterlagen – zum Spitalprojekt nicht öffentlich geäussert. Das macht der WB auch nicht geltend.
Für den Bericht über das Gerichtsverfahren betreffend das Spitalbauprojekt wäre relevant gewesen darzustellen, um was für ein Verfahren es sich handelt und was der Verfahrensausgang bewirkt. Den Namen des Einsprechers zu nennen ist dafür aber nicht nötig und trägt nichts zum Informationsgehalt des Artikels bei. Auch die hohen Kosten eines Projekts vermögen nicht zu rechtfertigen, dass eine Privatperson in den Mittelpunkt gestellt wird, insbesondere da am zugrundeliegenden Hauptverfahren noch weitere Parteien beteiligt sind. Einen Zusammenhang zu einem weiteren kommunalen Bauprojekt herzustellen und zu mutmassen, der BF könnte auch dagegen opponieren, legt dem Durchschnittsleser den Eindruck nahe, der BF sei ein Querulant. Zusammenfassend beurteilt der Presserat die Nennung des Namens des BF in diesem Artikel als nicht gerechtfertigt. Ziffer 7 der «Erklärung» ist verletzt.
Der «Walliser Bote» führt als Argument an, dass er den BF in einem anderen Artikel in gleicher Sache bereits namentlich genannt habe und der sich dagegen nicht zur Wehr gesetzt habe. Der WB hat den Artikel nicht beigelegt, es ist aber davon auszugehen, dass es sich um den Artikel vom 4. Juni 2021 handelt, also einen viereinhalb Monate zuvor erschienenen Artikel. (In diesem Artikel war auch bereits von der Zwei-Millionen-Forderung bei einer Einigung die Rede.) Der Presserat vertritt die Auffassung, dass die Namensnennung zu einem früheren Zeitpunkt nicht als Einwilligung zur Namensnennung für künftige Artikel gewertet werden kann.
III. Feststellungen
1. Der Presserat heisst die Beschwerde in den Hauptpunkten gut.
2. Der «Walliser Bote» hat mit dem Artikel «Spitalneubau in Brig – Die Posse könnte noch in diesem Jahr enden» vom 16. Oktober 2021 die Ziffern 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen) und 7 (ungerechtfertigte Namensnennung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
3. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen.