Nr. 43/2021
Wahrheit / Anhören bei schweren Vorwürfen

(Fricker c. «Basler Zeitung»)

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Zusammenfassung

Der Schweizer Presserat heisst eine Beschwerde des reformierten Kurators Markus Fricker gegenüber der «Basler Zeitung» (BaZ) teilweise gut. Die BaZ hatte am 26. August 2020 den Artikel «Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators» publiziert. Darin wurden schwere Vorwürfe gegen den von der Reformierten Landeskirche Baselland eingesetzten Mediator Fricker erhoben. Fricker habe aktiv auf die Absetzung von Pfarrer Nico Rubeli hingewirkt, die Ersatzwahl der Kirchenpflege verhindert, die Meinungsbildung in der Kirchgemeinde Biel-Benken manipuliert und könne als «Lohn» sein Kurator-Amt bis mindestens Ende 2020 ausüben. Zu diesen Vorwürfen hätte die Redaktion Fricker anhören und Stellung nehmen lassen müssen. Weil sie das unterliess, rügt der Presserat die BaZ wegen Verletzung der Anhörungspflicht des Journalistenkodex.

Nicht verletzt hat die «Basler Zeitung» hingegen die Wahrheitspflicht gemäss Kodex. Zwar ist der Bericht recht polemisch und lässt an einigen Stellen offen, welche Quellen seine Aussagen stützen. Doch dürfen Medienberichte laut Presserat auch einseitige Parteidarstellungen wiedergeben, weil sie damit dem Interesse der Öffentlichkeit an kontroversen Informationen dienen, gerade bei Konflikten. Der BaZ-Artikel basiert auf Eindrücken des Journalisten von der Versammlung der Kirchgemeinde am 15. August 2020 und auf Recherchen.

Résumé

Le Conseil suisse de la presse accepte en partie une plaine de Markus Fricker, administrateur de l’Église réformée, contre la «Basler Zeitung» (BaZ). Le quotidien avait publié le 26 août 2020 un article intitulé «Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators» (le théâtre ecclésiastique orchestré par l’administrateur) contenant de graves reproches à l’encontre de Markus Fricker, médiateur institué par l’Église réformée de Bâle-Campagne. Ce dernier aurait concouru activement à la destitution du pasteur Nico Rubeli, entravé l’élection destinée à renouveler le Conseil de paroisse, manipulé l’opinion au sein de la paroisse de Bienne-Benken et il pourrait, à titre de «rémunération», continuer à exercer son rôle d’administrateur jusqu’à au moins fin 2020. La rédaction aurait dû entendre Markus Fricker au sujet de ces reproches et lui demander de prendre position. Comme elle a omis de le faire, le Conseil de la presse blâme la BaZ pour atteinte au devoir d’audition prévu par le code de déontologie des journalistes.

La «Basler Zeitung» n’a en revanche pas violé le devoir de vérité inscrit dans le code. L’article était certes très polémique et n’indiquait pas toujours ses sources. Mais les articles de presse ont le droit, selon le Conseil de la presse, de reproduire des exposés unilatéraux, parce qu’ils sont dans l’intérêt du public à disposer d’informations contradictoires, en particulier lors de conflits. L’article de la BaZ se fonde sur les impressions ressenties par le journaliste lors de l’assemblée paroissiale du 15 août 2020 et sur ses recherches.

Riassunto

Il Consiglio svizzero della stampa ha accolto parzialmente un reclamo del curatore parrocchiale Markus Fricker contro la «Basler Zeitung» (BaZ). Il 26 agosto 2020 il giornale aveva pubblicato un articolo dal titolo «Il teatrino parrocchiale del curatore» («Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators») in cui si rivolgevano pesanti critiche al curatore in carica della Chiesa riformata del Cantone di Basilea campagna. Lo si accusava in particolare di essersi adoperato per ottenere la rimozione del parroco Nico Rubeli, di aver ostacolato la designazione del Consiglio parrocchiale manipolando l’informazione della parrocchia di Biel-Benken, nonché potrebbe prolungare a titolo di «rimunerazione» la propria funzione fino alla fine del 2020. Secondo il Consiglio della stampa, la redazione del giornale avrebbe dovuto chiedere alla parte criticata una presa di posizione: l’omissione è una mancanza del dovere di ascolto della parte oggetto della critica, iscritto nel codice deontologico dei giornalisti.

Non violato risulta invece il dovere di rispetto della verità, pure iscritto nel codice. L’articolo era certamente di tono polemico e lasciava aperto su singoli punti l’interrogativo circa le fonti delle informazioni raccolte. Il Consiglio è però dell’avviso che anche una cronaca partigiana si giustifica se è nell’interesse del pubblico capire chi abbia ragione in una pubblica controversia. L’articolo della BaZ si basava su impressioni che l’autore aveva tratto da una riunione della comunità parrocchiale svoltasi il 15 agosto 2020, integrate da ricerche effettuate di persona.

I. Sachverhalt

A. Am 26. August 2020 berichtete der Journalist Daniel Wahl in der «Basler Zeitung» (BaZ) über die Versammlung der reformierten Kirchgemeinde in Biel-Benken vom 15. August 2020. Der Titel lautete «Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators». Im Untertitel war von einer «Inszenierung in Biel-Benken» die Rede, und es heisst, dass «die Angriffe gegen Pfarrer Nico Rubeli nach dem Drehbuch des Kurators Markus Fricker» erfolgt seien. Der Artikel spricht von einer «skandalösen» Versammlung der Kirchgemeinde Biel-Benken. Konkret erhob der Journalist folgende Vorwürfe gegenüber dem Kurator und Mediator der Kirchgemeinde Markus Fricker: Fricker habe schwerwiegende Vorwürfe gegenüber Pfarrer Rubeli unwidersprochen gelassen und auch den nachfolgenden Applaus toleriert. Der von der Reformierten Landeskirche Baselland eingesetzte Kurator und Mediator Fricker wirke auf die Absetzung des Pfarrers hin, indem er eine Ersatzwahl der Kirchenpflege noch vor den Sommerferien (trotz dem Eingang von Unterschriften für Kandidaturen) verhindert habe und damit sein Mandat bis mindestens Ende Jahr weiterführen könne. Fricker hätte die beantragte Einberufung zu einer ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung verhindert, indem er die Vermutung geäussert habe, dass man in Corona-Zeiten keine Unterschriften sammeln dürfe. Als schliesslich auf den 15. August 2020 eine Kirchgemeindeversammlung einberufen wurde, habe Fricker in einer kurz vor der Versammlung nur an ausgewählte Nominierte für die Kirchenpflege versandten Mail auf die Möglichkeit hingewiesen, dass aus der Mitte der Versammlung ein Antrag auf Nichteintreten auf das traktandierte Geschäft der Ersatzwahl gestellt werde könne. Dieses Mail sei aber beispielsweise nicht an Kirchenpfleger Andreas Dieckow, der zu Pfarrer Rubeli gehalten habe, verschickt worden. Fricker habe die Meinungsbildung manipuliert und sich damit eine Verlängerung seines Amts bis mindestens Ende 2020 gesichert. Dabei steht der Vorwurf im Raum, Fricker habe aus Eigeninteresse gehandelt: Im Zusammenhang mit der Verlängerung des Kurator-Amtes ist von «sein Lohn» die Rede.

B. Am 15. und 29. September 2020 wandte sich der anwaltlich vertretene Kurator Markus Fricker an die «Basler Zeitung»: Er sei nicht angehört worden, der Artikel vom 26. August 2020 verletze die Wahrheitspflicht und sei zu löschen.

C. Mit Schreiben vom 23. September 2020 wies die BaZ (vertreten durch den Rechtsdienst der TX Group) sämtliche Vorwürfe zurück und lehnte es auch ab, den Artikel zu löschen. Als Entgegenkommen bot die BaZ Fricker an, eine Stellungnahme von maximal 500 Zeichen zu publizieren.

D. Am 2. September 2020 veröffentlichte die BaZ in der Rubrik «Meinungen und Profile» eine Stellungnahme («Einspruch») von Pfarrer Christoph Herrmann im Namen des Kirchenrats von Baselland. Darin moniert Herrmann die Berichterstattung der BaZ in Bezug auf den vom Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Landschaft eingesetzten Kurator Markus Fricker und spricht von teilweise falschen Tatsachenbehauptungen. Die Unterstellung, dass Fricker durch manipulatives Verhalten sein Mandat habe verlängern wollen, treffe nicht zu. Auch sei der Vorwurf, Fricker habe eine auf den 20. Juni geplante ausserordentliche Kirchgemeindeversammlung willentlich verschoben, nicht wahr, da er durch die Verschiebung auf den 15. August lediglich der Covid-19-Vorgabe der kantonalen Stabsstelle für Gemeinden gefolgt sei, die besagte, dass eine Versammlung einzig zum Zweck von Wahlen wegen mangelnder Dringlichkeit nicht bewilligungswürdig sei.

E. Am 29. Oktober 2020 erhob der anwaltlich vertretene Markus Fricker beim Schweizer Presserat Beschwerde gegenüber der «Basler Zeitung» wegen dem Artikel von Daniel Wahl vom 26. August 2020 («Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators. Inszenierung in Biel-Benken. Die Angriffe gegen Pfarrer Nico Rubeli erfolgten nach dem Drehbuch des Kurators Markus Fricker»). Die Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») und die zur «Erklärung» gehörende Richtlinie 3.8 (Anhören bei schweren Vorwürfen) seien verletzt worden.

Der Beschwerde wurde umfangreiches Material als Beweismittel für die monierten Verstösse beigelegt. Dazu gehören zwei weitere von Daniel Wahl in der BaZ am 13. und 17. August 2020 veröffentlichte Artikel, die vor dem beanstandeten Artikel vom 26. August publiziert wurden. Anders als in den am 13. und 17. August veröffentlichten Artikeln, bei denen der Journalist Wahl den Kurator kontaktiert habe, habe Wahl im dritten Artikel Vorwürfe platziert, zu denen er Fricker nicht angehört habe, insbesondere zum Vorwurf, wonach Fricker die Meinungsbildung manipuliert habe, oder dass er aktiv auf die Absetzung von Pfarrer Rubeli hingewirkt habe. Im Artikel vom 26. August seien daher auch keine diesbezüglichen Stellungnahmen Frickers wiedergegeben. Zwar sei im Zusammenhang mit dem Vorwurf des absichtlichen Verhinderns einer Ersatzwahl die zu den früheren Artikeln eingeholte Äusserung Frickers («Das ist Unsinn») nochmals wiedergegeben worden. Doch hätte er sich zum Vorwurf, dass er sein Mandat als Kurator habe verlängern wollen, nicht äussern können. Entsprechend fände sich im beanstandeten Artikel auch keine Äusserung zu diesem Vorwurf. Der Beschwerde sind diverse Materialien beigefügt (u.a. Protokoll der Kirchgemeindeversammlung vom 15. August 2020, E-Mails und Korrespondenz zwischen Fricker, Mitgliedern der Kirchenpflege und der Kirchgemeinde, ein Schreiben des Gemeinderats Biel-Benken an die BaZ vom 26. August 2020, das sich über den Artikel beschwert, ein Auszug aus dem Kirchengesetz des Kantons Baselland).

F. In der vom TX-Rechtsdienst verfassten Beschwerdeantwort der BaZ vom 29. März 2021 stellte die Redaktion den Antrag, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da die BaZ bereits «Korrekturmassnahmen» gemäss Art. 11 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Presserats ergriffen habe, indem sie am 2. September 2020 prominent auf Seite 2 den «Einspruch» von Pfarrer Herrmann vom basellandschaftlichen Kirchenrat publiziert habe. Sämtliche behaupteten Kodex-Verletzungen müssten deshalb als «geheilt» betrachtet werden. Für den Fall, dass der Presserat auf die Beschwerde eintrete, betont die BaZ, dass der Artikel vom 26. August 2020 weder gegen Ziffer 1 noch Richtlinie 3.8 verstossen habe.

Zu Ziffer 1: Hinsichtlich des Einspruch Frickers, dass er die Ersatzwahl nicht willentlich verschoben habe, um sein Mandat als Kurator zu verlängern, sondern lediglich der Vorgabe der Stabsstelle Gemeinden des Kantons Baselland gefolgt sei, argumentiert die BaZ demgegenüber, dass der Bundesrat per 6. Juni 2020 weiterreichende Öffnungen beschlossen und Veranstaltungen bis zu 300 Personen wieder erlaubt habe. Nirgends sei belegt, dass die Stabsstelle Gemeinden des Kantons Baselland die Einberufung einer Kirchgemeindeversammlung untersagt hätte.

Zu Richtlinie 3.8: Zum Vorwurf, wonach Fricker die Meinungsbildung manipuliert und aktiv auf die Absetzung von Pfarrer Rubeli hingewirkt habe, besteht die BaZ darauf, dass es sich hier nicht eigentlich um Vorwürfe handle, sondern lediglich um kritische Sachverhaltsbeschreibungen realer Vorgänge, welche durch Zeugen und die der Beschwerdeantwort beiliegenden schriftlichen Dokumente belegt seien. So habe etwa die zur Mediation von der Kirchgemeinde beigezogene Dekanin dem BaZ-Redaktor an der Versammlung vom 15. August bestätigt, dass Fricker auf Rubelis Absetzung abziele. Charakterisiere man die fraglichen Vorgänge als Vorwürfe, so seien diese ohnehin nicht schwer, sodass eine Anhörungspflicht entfalle.

G. Das Präsidium des Presserats wies den Fall seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Max Trossmann (Kammerpräsident), Annika Bangerter, Monika Dommann, Michael Furger, Jan Grüebler, Simone Rau und Hilary von Arx an.

H. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 7. Juni 2021 und auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Der Presserat hat sich auf den letzten Artikel vom 26. August 2020 beschränkt, jenen Artikel, den auch Markus Fricker beanstandet. Die von der BaZ am 13. und 17. August publizierten Artikel waren nicht Beschwerdegegenstand.

2. Zu klären ist, ob der Artikel die Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt hat sowie die Anhörungspflicht gemäss Richtlinie 3.8 zur «Erklärung».

3. Zu Ziffer 1: Ziffer 1 stellt die Wahrheitssuche ins Zentrum der journalistischen Recherchen. Sie setzt die Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Informationen und deren Berichtigung voraus. Zwar ist der Bericht recht polemisch verfasst, operiert mit vorwurfsvollen Andeutungen, lässt an einigen Stellen auch offen, welche Quellen seine Aussagen stützen. Der Artikel kritisiert im Zusammenhang mit Konflikten in der Kirchgemeinde Biel-Benken einseitig den vom Kirchenrat Baselland delegierten Kurator und Mediator Markus Fricker. Doch dürfen Medienberichte, so hat der Presserat in verschiedenen Stellungnahmen festgehalten, durchaus einseitige Parteidarstellungen wiedergeben, weil sie damit auch dem Interesse der Öffentlichkeit an kontroversen Informationen dienen, gerade auch bei Konflikten. Sie müssen auch einseitige Berichte nicht stets durch ergänzende Recherchen objektivieren. Der Konflikt in der Kirchgemeinde Biel-Benken ist von öffentlichem Interesse. Die Recherchen und die Berichte zu diesen Konflikten sind aus medienethischer Sicht als legitim zu bezeichnen. Die im Artikel vom 26. August 2020 formulierten Einschätzungen und Wertungen beruhen auf Eindrücken des Journalisten von der Versammlung der Kirchgemeinde in Biel-Benken vom 15. August 2020 und auf Recherchen. Der Presserat sieht deshalb die Ziffer 1 (Wahrheit) nicht als verletzt an.

4. Zu Richtlinie 3.8: Diese Richtlinie hält die Pflicht der Journalistinnen und Journalisten fest, Betroffene vor der Publikation von schweren Vorwürfen anzuhören. Deren Stellungnahme ist im gleichen Medienbericht kurz und fair wiederzugeben. Die Betroffenen sollen sich angemessen äussern können.

Es gibt im BaZ-Artikel vom 26. August 2020 keinen Hinweis auf eine Anhörung und das Einholen einer Stellungnahme des Beschwerdeführers Markus Fricker zu den im Bericht erhobenen Vorwürfen. Der Artikel verweist zwar auf Aussagen, die Markus Fricker in der Woche vor der Kirchgemeindeversammlung vom 15. August 2020 gemacht hatte. Es handelt sich um die Aussagen Frickers, dass es ein Unsinn sei, dass er die Ersatzwahl verhindern wolle und mit einer Sprengkandidatin eine stille und sofortige Wahl verunmöglichen wolle. Diese Aussagen werden im Artikel im selben Satz als «Schalmeienklänge» bezeichnet, also entkräftet. Mit der Verwendung des Begriffs «Schalmeienklänge» insinuiert der Journalist, dass die Aussagen unecht und heuchlerisch seien. Der Rekurs auf Aussagen Frickers vor dem 15. August 2020 vermag die Pflicht zur Anhörung und zur Wiedergabe einer Stellungnahme im gleichen Bericht nicht überflüssig zu machen. Denn die Richtlinie 3.8 erfordert die Nennung der konkreten Vorwürfe. Nach Beurteilung des Presserats hat zum Artikel vom 26. August keine Anhörung Frickers stattgefunden und ist keine Stellungnahme des Kurators wiedergegeben. Richtlinie 3.8 verpflichtet zudem zur Anhörung bei «schweren Vorwürfen». Die Vorwürfe, der Beschwerdeführer habe aktiv auf die Absetzung von Pfarrer Nico Rubeli hingewirkt, die Ersatzwahl der Kirchenpflege verhindert, die Meinungsbildung manipuliert und könne als «Lohn» sein Amt des Kurators bis mindestens Ende Jahr weiter ausüben, beurteilt der Presserat als schwerwiegend. Denn sie stellen die Integrität Frickers in der Ausübung seines Amts als Kurator und seine Redlichkeit insgesamt in Frage. Der Kurator soll ja gerade ausgleichen und schlichten und den Konflikt «heilen»; da wiegt der Vorwurf, er mache quasi das Gegenteil, sehr schwer. Auch weil der Artikel die Quellenhinweise für einige seiner polemischen Aussagen schuldig bleibt, wäre ein Anhören notwendig gewesen.

Zu klären bleibt, ob der am 2. September 2020 veröffentlichte Gastbeitrag von Kirchenratspräsident Christoph Herrmann die BaZ von der Pflicht zur Anhörung und Wiedergabe einer fairen und kurzen Stellungnahme befreit habe, wie von der Redaktion behauptet. Doch die Richtlinie 3.8 zur «Erklärung» ist da ganz unmissverständlich und spricht von einer Stellungnahme im gleichen Medienbericht. Ein Kommentar der Landeskirche Baselland, der erst zwei Wochen später erscheint, und auch nicht als Gegendarstellung zum Artikel vom 26. August 2020 gekennzeichnet ist, vermag diese Pflicht nicht nachträglich noch zu erfüllen.

Der Presserat sieht damit die Anhörungspflicht nach Richtlinie 3.8 zur «Erklärung» verletzt.

III. Feststellungen

1. Der Presserat heisst die Beschwerde teilweise gut.

2. Die «Basler Zeitung» hat mit dem Artikel «Das orchestrierte Kirchentheater des Kurators» vom 26. August 2020 die Ziffer 3 (Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.

3. Nicht verletzt hat die BaZ mit dem Artikel die Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung».