Nr. 42/2020
Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung

(X. c. Tamedia AG)

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Zusammenfassung

Über Monate haben Tamedia-Onlinemedien neben redaktionellen Beiträgen zur Konzernverantwortungs-Initiative jeweils Werbung gegen diese Initiative veröffentlicht. Für das Publikum war dabei nicht immer klar zu erkennen, dass es sich um Werbung handelte. Damit hat Tamedia den Journalisten-Kodex verletzt. Dieser verlangt, dass Werbung, falls sie nicht klar als solche zu erkennen ist, explizit als Werbung deklariert werden muss. Zumindest anfänglich fehlte in einem Teil der Publikationen diese Deklaration.

Die Werbung war für durchschnittliche Leser nicht als solche zu erkennen, weil eine Schriftart verwendet worden ist, die derjenigen für redaktionelle Texte sehr ähnlich ist. Zudem suggerierten die Begriffe «unser Dossier» und «Faktencheck», dass es sich um Zusatzinformationen der Redaktion handelt.

Laut Presserat genügte es nicht, dass die Werbung in der rechten Spalte erschienen ist und animiert war. Die meisten Leserinnen und Leser erkennen kaum, dass dies bei Tamedia nur bei Werbung der Fall ist.

Der Presserat hält Tamedia aber zugute, dass die Werbung zur Konzernverantwortungs-Initiative in späteren Versionen mit «Anzeige» oder «Werbung» angeschrieben war. Damit wurde der Journalisten-Kodex eingehalten.

In jüngster Zeit befasst sich der Presserat immer wieder mit der Trennung zwischen redaktionellen Inhalten und Werbung. Der Presserat ist beunruhigt über die zunehmend feststellbare Verschleierung von kommerziellen Inhalten. Dies schadet der Glaubwürdigkeit der Medien und damit auch ihrer kommerziellen Grundlage.

Résumé

Les médias en ligne de Tamedia ont publié pendant des mois, à côté d’articles rédactionnels consacrés à l’initiative pour des multinationales responsables, des publicités contre ladite initiative. Pour le public, il n’était pas toujours possible de voir qu’il s’agissait de publicité. Tamedia a donc violé le code de déontologie des journalistes, qui exige que la publicité, quand elle ne se distingue pas de façon claire et visible
des contributions rédactionnelles, soit déclarée explicitement comme telle. Pareille déclaration manquait, du moins au début, dans une partie de ces publications.

Le lecteur lambda ne pouvait distinguer facilement les publicités en tant que telles parce que la police de caractère utilisée ressemblait fort à celle des textes rédactionnels. De plus, les termes «Notre dossier» et «Fact checking» suggéraient qu’il s’agissait d’informations complémentaires fournies par la rédaction.

Selon le Conseil de la presse, le fait que la publicité figurait dans la colonne de droite et était animée ne suffit pas. La plupart des lecteurs ne peuvent savoir que Tamedia ne recourt à cette pratique que pour de la publicité.

Le Conseil de la presse porte toutefois au crédit de Tamedia que les publicités sur l’initiative pour des multinationales responsables aient par la suite été accompagnées des termes «Annonce» ou «Publicité». Le code de déontologie des journalistes était alors observé.

Depuis quelque temps, le Conseil de la presse s’occupe très régulièrement de problèmes de séparation entre contenus rédactionnels et publicité. Il s’inquiète de l’augmentation des cas avérés de dissimulation de contenus commerciaux. Ce phénomène nuit à la crédibilité des médias et sape par conséquent aussi leurs fondements commerciaux.

Riassunto

I media online di Tamedia hanno per mesi pubblicato – accanto ad articoli redazionali – pubblicità contro l’iniziativa per imprese multinazionali responsabili, in votazione il prossimo settembre. Ma al pubblico la distinzione non era chiara e il Consiglio della stampa l’ha deplorato accogliendo un reclamo contro l’impresa editrice. La «Dichiarazione dei doveri del giornalista» richiede che la pubblicità sia da dichiarare esplicitamente se al colpo d’occhio non è possibile riconoscerla come tale. Almeno all’inizio della campagna tale indicazione mancava in una parte delle pubblicazioni.

La distinzione non risultava evidente al lettore medio a causa dell’impiego di un carattere tipografico molto simile a quello usato per le pagine redazionali. Inoltre, i termini «il nostro dossier» e «verifica dei fatti» faceva credere che si trattasse di contributi giornalistici.

Non è sufficiente – secondo il Consiglio della stampa – che la pubblicità appaia nella colonna di destra e sia animata: il lettore medio non sa che questa è un’usanza presso Tamedia.

L’organismo di deontologia ha però apprezzato che, successivamente, agli annunci pubblicitari sul tema dell’iniziativa per delle multinazionali responsabili sia stata apposta la scritta «Anzeige» oppure «Werbung». Così, difatti, prescrive il codice deontologico.

È inquietante – per il Consiglio della stampa – l’aumento dei reclami ricevuti circa l’inosservanza della distinzione netta tra testo redazionale e pubblicità. Non solo in tal modo si pregiudica la credibilità dei media ma anche si danneggia il raccolto della pubblicità.

I. Sachverhalt

A. Verschiedene Onlinemedien der Tamedia AG haben ab Januar 2020 Werbung zur Konzernverantwortungsinitiative (KVI) veröffentlicht. In welchem Zeitraum, wie oft und in welchen Onlinemedien lässt sich aus den dem Presserat zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht sagen. Immerhin lässt sich feststellen, dass diese Werbung bei mehreren redaktionellen Artikeln zur KVI begleitend «ausgespielt» wurde und wird.

B. Am 29. Januar 2020 reichte X. eine Beschwerde gegen diese Werbung ein. Der Beschwerde ist ein Ausschnitt (Screenshot) beigefügt. Darauf sind ein Artikelanriss und ein Inserat zu sehen. Rechts neben dem redaktionellen Text mit dem Titel «Konzerninitiative: Es wird eng» steht eine Banner-Werbung. Der Text der Werbung lautet: «Sie lesen einen Artikel zur KVI. Debatten brauchen Fakten. Besuchen Sie unser Dossier mit den Faktenchecks. zum Dossier ➤». Der Presserat stützt sich in seiner Stellungnahme hauptsächlich auf die Version, die der Beschwerdeführer eingereicht hat. Diese hat auch die Beschwerdegegnerin zur Argumentation beigezogen. Offensichtlich wurde dieses Inserat auch mit leicht abweichendem Text veröffentlicht.

Laut dem Beschwerdeführer verstösst Tamedia mit dieser Werbung gegen das Gebot, den redaktionellen Teil und die Werbung klar zu trennen. Er sieht die zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») gehörende Richtlinie 10.1 verletzt, die verlange, Inserate gestalterisch klar von redaktionellen Beiträgen abzugrenzen. Falls sie nicht eindeutig als Werbung erkennbar sind, müssten sie explizit als solche deklariert sein. Die beanstandete Werbung hebe sich gestalterisch zwar ab, es werde aber eine sehr ähnliche Typografie verwendet, wie sie Tamedia in ihren Onlinemedien verwende. Die Unterzeile «Lesen Sie auch unseren Faktencheck dazu» suggeriere, dass es sich bei der Anzeige um eine Weiterleitung zu einem vertiefenden, redaktionellen Inhalt handle. Auf dem Werbebanner sei weder ersichtlich, dass es sich um Werbung handle, noch werde klar deklariert, wer hinter der Anzeige stecke. Der Beschwerdeführer erachtet diese Werbung als irreführend und verschleiernd.

C. Am 15. April 2020 nahm der Rechtsdienst der TX Group, die die Webseiten und die Werbung bei Tamedia verantwortet, Stellung zur Beschwerde.

Der Presserat sei gemäss Artikel 2 seines Geschäftsreglements ausschliesslich für den redaktionellen Teil einer Publikation zuständig. Daraus folge, dass der Presserat für Fragen rund um Werbeformen nicht zuständig sei und deshalb sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Zudem sei der Beschwerdeführer befangen, da er die Werbekampagne für das Onlinemagazin «Republik» journalistisch aufbereitet habe.

Falls der Presserat trotzdem auf die Beschwerde eintrete, sei sie abzuweisen, da Tamedia die Richtlinie 10.1 nicht verletzt habe. Bei der beanstandeten Anzeige handle es sich um sogenanntes «Contextual Targeting». Dessen Ziel sei es, Anzeigen gezielt in einem relevanten Umfeld zu platzieren. Dass daraus ein gewisser Konnex zwischen Artikel und Anzeige entstehe, liege auf der Hand. Deshalb sei der Grundsatz der Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt gemäss Richtlinie 10.1 sehr wichtig. Diesen Grundsatz habe Tamedia strikt und pflichtbewusst eingehalten:

– Die Anzeige hebe sich gestalterisch vom redaktionellen Teil ab. Sie habe nicht dieselbe Farbe wie die redaktionellen Inhalte. Zudem würden in der Anzeige die Schriftarten Times New Roman (Bold) und Source Sans Pro (Semi-bold) verwendet und im redaktionellen Teil Publico Headline und Benton Sans Cond. Farbe und Schriftart würden sich somit eindeutig vom redaktionellen Teil abgrenzen.
– Zudem sei die Anzeige so platziert, dass sie sich klar und deutlich vom Redaktionellen abgrenze. Die Plätze für redaktionelle Inhalte und Werbung seien auf allen Netzwerkplattformen von Tamedia klar zugeordnet und entsprechend abgetrennt. Die Anzeige sei an einem für Werbung vorgesehenen Platz publiziert worden, dort, wo die Leserschaft aufgrund der mehrjährigen Praxis Werbung erwarte.
– Weiter handle es sich um ein animiertes Werbebanner, also um eine Werbung, die sich bewege. Solche animierten Anzeigen seien in der Werbebranche üblich, im redaktionellen Teil aber nicht.
– Die Anzeige sei mit dem Begriff «Werbung» gekennzeichnet. Somit wisse der Leser bereits vor dem Anklicken, dass es sich um eine Anzeige und daher um den Inhalt eines Dritten handle. Wenn also von «unser Dossier» gesprochen werde, könne die Leserschaft ohne Zweifel davon ausgehen, dass es sich bei dem Dossier um Fremdinhalt handle. Auch die Desktopversion sei mit dem Begriff «Anzeige» gekennzeichnet.
– Dass die Anzeige den Urheber nicht deklariere, sei unproblematisch. Die Richtlinie 10.1 schreibe nicht vor, dass Werbung direkt auf den Auftraggeber schliessen lassen müsse.
Die Leserschaft erkenne somit eindeutig und schnell, dass es sich bei der beanstandeten Anzeige um Werbung handle, argumentiert die Beschwerdegegnerin. Der Trennungsgrundsatz aus Richtlinie 10.1 sei in keiner Weise verletzt.

Bei der Applikation und der Webapplikation sei zusätzlich der Begriff «Werbung» angebracht worden. Im «Interesse der Transparenz sowie journalistischen Glaubwürdigkeit» habe sich Tamedia dazu entschieden, auch die Desktopversion mit dem Begriff «Anzeige» zu kennzeichnen. Diese Ergänzung sei noch vor dem Eingang der Beschwerde hinzugefügt worden.

D. Das Präsidium des Presserats wies den Fall seiner 3. Kammer zu; ihr gehören Max Trossmann (Kammerpräsident), Annika Bangerter, Marianne Biber, Jan Grüebler, Markus Locher, Simone Rau und Hilary von Arx an. Simone Rau trat von sich aus in den Ausstand.

E. Die 3. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 4. Juni 2020 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Gemäss Artikel 2 des Geschäftsreglements des Presserats erstreckt sich seine Zuständigkeit «auf den redaktionellen Teil der öffentlichen, auf die Aktualität bezogenen Medien sowie auf die journalistischen Inhalte, die individuell publiziert werden». Die Beschwerdegegnerin Tamedia leitet daraus ab, dass der Presserat für Werbung nicht zuständig ist. Nach Artikel 1 des Geschäftsreglements hat der Presserat die Aufgabe, «zur Reflexion über grundsätzliche medienethische Probleme» beizutragen. Richtlinie 10.1 verlangt die klare Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung. Daraus folgt, dass der Presserat zwar nicht für den Inhalt von Werbung zuständig ist, aber er ist es unbestreitbar für die Unterscheidbarkeit von Werbung und Journalismus. Es ist eine grundlegende medienethische Frage, ob Lesenden klar ist, ob sie einen redaktionellen Text oder Werbung lesen. Oder wie es in Richtlinie 10.1 heisst: «Die deutliche Trennung zwischen redaktionellem Teil/Programm und Werbung bzw. bezahltem oder durch Dritte zur Verfügung gestelltem Inhalt ist für die Glaubwürdigkeit der Medien unabdingbar.»

Beim Presserat kann gemäss Artikel 7 des Geschäftsreglements jede und jeder Beschwerde einreichen. Eine Einschränkung gibt es nicht. Es ist unerheblich, ob ein Beschwerdeführer direkt betroffen oder nicht in das Thema involviert ist. Somit kann auch ein Journalist Beschwerde einreichen und gleichzeitig über den Sachverhalt berichten, wie es beim Beschwerdeführer der Fall ist. Auf die Beschwerde ist somit einzutreten.

2. Beide Seiten betonen, wie wichtig die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung für die Glaubwürdigkeit des Journalismus ist. Für den Presserat stellt sich also zuerst die Frage, ob die beanstandete Werbung, wie in Richtlinie 10.1 gefordert, «gestalterisch von redaktionellen Beiträgen klar» abgehoben ist. Er berücksichtigt dabei, dass nicht ausschliesslich mit dem Layout der Tamedia-Online-Publikationen vertraute Personen diesen Artikel und die Werbung sehen. Auch für Leser, die über eine Suchmaschine oder einen Link auf die Seite gelangen, muss Werbung optisch eindeutig als Werbung erkennbar sein.
– Die Schriftarten im redaktionellen Teil und in der Werbung sind zwar nicht identisch, aber sehr ähnlich. Laut Beschwerdegegnerin wird in der Anzeige eine andere Farbe benutzt als im redaktionellen Teil. Es ist aber fraglich, ob auch das Publikum dies erkennt.
– In der rechten Spalte erscheint auf den Tamedia-Plattformen Werbung. Hier kann bei einem Teil des Publikums tatsächlich ein gewisser Erfahrungswert erwartet werden. Auf anderen Medienseiten ist das aber nicht so. Der gelegentliche Leser kann nicht wissen, wo sich beim «Tages-Anzeiger» und anderen Tamedia-Titeln im Normalfall Werbung befindet und wo nicht.
– Ähnlich ist die Situation bei der Animation. Animation heisst noch nicht, dass es sich zwingend um Werbung handelt (so sind die vielgelobten Corona-Grafiken von Tamedia teilanimiert). Für den geübten Tamedia-Konsumenten kann es aber ein Hinweis sein.
– Die Aussage «unser Dossier» trägt zur Verschleierung bei. Ohne die unmittelbar an dieser Stelle folgende Nennung eines Absenders kann der Leser «unser» nur auf die Redaktion beziehen.
– Dies gilt auch für den «Faktencheck». Die Tamedia-Redaktion nimmt immer wieder aufwändige Faktenüberprüfungen unter dem Begriff «Faktencheck» vor. Zumindest ein Teil des Publikums dürfte davon ausgehen, dass sich unter dem Begriff eine redaktionelle Leistung findet.

Entscheidend ist, wie die aufgeführten Punkte zusammenwirken. Es fragt sich, ob die Anzeige klar als Anzeige zu erkennen ist, wie Richtlinie 10.1 dies verlangt. Für den Presserat ist diese Werbung nicht eindeutig als solche zu erkennen: Schrift und Layout sind dem Redaktionellen zu ähnlich. Platzierung und die Animation können einem Teil des Publikums aber helfen. Der geübte Tamedia-Kunde erkennt möglicherweise die Werbung als solche. Für alle anderen ist der Unterschied zwischen redaktionellem Teil und Werbung kaum erkennbar. Zusammen mit der unklaren Gestaltung führt die Bezeichnung «unser Dossier» dazu, dass das Publikum ein Dossier der Redaktion erwarten darf.

Da der bezahlte Inhalt optisch also nicht eindeutig als solcher erkennbar ist, muss die Werbung nach Richtlinie 10.1 «explizit als Werbung deklariert werden». Auch hier geht es darum, dass der durchschnittliche Leser auf den ersten Blick erkennt, dass es sich um Werbung handelt, sonst täuscht die Redaktion ihr Publikum (vergleiche den Leitentscheid 67/2019). Anfänglich und in einem Teil der Publikationen war die Anzeige nicht als solche gekennzeichnet. Damit hat Tamedia die Richtlinie 10.1 verletzt.

Demokratiepolitisch besonders bedenklich ist dieses Verwischen von Grenzen zwischen redaktionellen Inhalten und politischer Werbung. Denn hier schadet die mangelnde Transparenz nicht nur der Glaubwürdigkeit des Mediums, sondern auch der demokratischen Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger.

Der Presserat stellt aber fest, dass Tamedia die beanstandete Werbung zu einem späteren Zeitpunkt als solche deklariert hat und dies offensichtlich immer noch tut.

Wenn die Anzeige als solche deklariert worden ist, so ist dies in recht unterschiedlicher Form geschehen, wie auch noch zum Zeitpunkt der Diskussion im Presserat in den Onlineversionen zu sehen war. Über dem Inserat steht manchmal «Anzeige» und manchmal «Werbung» oder sogar beides. Dabei unterscheidet sich auch die Schriftgrösse erheblich. In einigen Beispielen steht deutlich und gross über dem Inserat «Werbung». In anderen Beispielen steht über der Werbung in kleiner Schrift «Anzeige». Die Schrift ist gerade noch lesbar, kann aber gut übersehen werden. Es ist nicht sicher, ob das durchschnittliche Publikum so erkennen kann, dass es sich um Werbung handelt. Wenn Tamedia die Bannerwerbung mit den Begriffen «Anzeige» oder «Werbung» gut lesbar als solche kennzeichnet, wie es zum Zeitpunkt der Diskussion im Presserat offensichtlich geschehen ist, so sind die Forderungen der Richtlinie 10.1 erfüllt.

Dass der Auftraggeber der Anzeige erst nach mehreren Mausklicks in einem Untermenü auffindbar ist, hat mit dem Inhalt der Werbung zu tun und fällt nicht in den Aufgabenbereich des Presserats.

3. Tamedia macht darauf aufmerksam, dass der Verband Schweizer Medien seinen Code of Conduct in Bezug auf die Anforderungen an Transparenz Anfang 2020 geändert hat. Die Empfehlung «Anzeigen dürfen durch ihre Gestaltung nicht den Eindruck erwecken, sie seien redaktioneller Bestandteil des Mediums» wurde gestrichen. Ersetzt worden sei diese Passage durch die Formulierung: «Werbemittel müssen klar und erkennbar gekennzeichnet werden.» Der Presserat nimmt diese Reformulierung des Code of Conduct zur Kenntnis. Der Schweizer Presserat hat sich seinerseits an den Journalistenkodex zu halten, der in der Branche unangefochten ist und von seinen Trägern, darunter den Verlegern, unterschrieben ist.

4. Weil sich der Presserat in jüngster Zeit immer wieder mit der Richtlinie 10.1 befasst hat, wird hier Grundsätzliches aus der Stellungnahme 67/2019 wiederholt: Der Presserat ist sich der schwierigen Finanzierbarkeit von Journalismus sehr bewusst. Gerade aus Sorge um den Journalismus kritisiert der Presserat die ungenügende Trennung zwischen Werbung und redaktionellem Inhalt. Er hat jüngst das Thema der neuen Werbeformen (auch Native Advertising) immer wieder diskutiert (11/2017, 15/2017, 4/2019, 29/2019 sowie jüngst 6 und 7/2020). Im Mai 2019 sah sich der Presserat veranlasst, die Verlage an Richtlinie 10.1 zu erinnern und dazu aufzufordern, die journalistische Glaubwürdigkeit ihrer Publikationen zu gewährleisten und die Leserinnen und Leser zu respektieren, indem sie ihre Inhalte klar deklarieren:

«Dieses Eindringen von kommerziellen Inhalten, die so gestaltet sind, dass sie nicht eindeutig als solche erkannt werden sollen, in den redaktionellen Teil zeugt von einem Mangel an Respekt vor der Leserschaft. Es untergräbt die Glaubwürdigkeit des Journalismus, eine Glaubwürdigkeit, ohne die er seinen Sinn verliert.»

Der Presserat ist beunruhigt über die in journalistischen Publikationen zunehmend feststellbare Verschleierung von kommerziellen Inhalten. Diese schadet der Glaubwürdigkeit der Medien bei ihren Publika. Und diese Glaubwürdigkeit ist wiederum eine erste Voraussetzung, um auch kommerziell erfolgreich zu sein.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2. Der «Tages-Anzeiger» und Tamedia haben mit der kontextuellen Werbung zur Konzernverantwortungsinitiative dort, wo diese nicht oder ungenügend deklariert war, die Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (Trennung von redaktionellem Inhalt und Werbung) verletzt.