Nr. 32/2019
Fairness in der Berichterstattung / Schutz der Privatsphäre

(X. c. «Zürcher Oberländer» und «Anzeiger von Uster»)

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I. Sachverhalt

A. Zwischen dem 31. Januar und dem 14. Februar 2018 berichteten der «Zürcher Oberländer» (im Folgenden ZO) und der «Anzeiger von Uster» (im Folgenden AvU) in einer Reihe von Artikeln über Vorfälle in der Gemeinde Bubikon. Beide Zeitungen erscheinen textgleich, wenn auch mit verschiedenen Platzierungen der einzelnen Artikel, je nach betroffener Gemeinde, beide werden von der «Zürcher Oberland Medien AG» (im Folgenden ZOM) in Wetzikon herausgegeben.

Im ersten Artikel vom 31. Januar 2018 wurde eine längere Recherche über eine erhebliche Zahl von Abgängen aus der Gemeindeverwaltung Bubikon publiziert. Dabei wurde eine Reihe von Kritikpunkten gegenüber dem Gemeindeschreiber X. aufgelistet, auf dessen Fehlverhalten die Abgänge im Wesentlichen zurückzuführen seien. Anstatt auf die schriftlich gestellten Fragen der AvU/ZO-Redaktion zu antworten, hat der Gemeindeschreiber unmittelbar vor der Publikation des Artikels seinen Rücktritt eingereicht. Zwei Tage danach, am 2. Februar 2018, erschien ein längeres, konfrontativ geführtes Interview mit der Gemeindepräsidentin, der Vorgesetzten des Gemeindeschreibers, in welchem diese gewisse Fehler eingestand, jedoch nicht den hauptsächlichen Vorwurf des Mobbings innerhalb der Gemeindeverwaltung. Ergänzt war das Interview mit Fragen an zwei Mobbing-Experten zu einzelnen in diesem Fall diskutierten Verhaltensweisen von Gemeindeschreiber und Gemeindepräsidentin. Am 3. Februar 2018 veröffentlichten AvU/ZO einen Leitartikel unter dem Titel «Wechsel im Cockpit nötig», in welchem die für das Thema von Beginn an zuständige Redaktorin Tanja Bircher zusammenfasst, was den beiden Gemeindeverantwortlichen alles vorgeworfen wird, sie verbindet dies mit der Forderung nach einem personellen Neuanfang, also mit dem Rücktritt auch der Gemeindepräsidentin. Weitere drei Tage später gibt die Gemeindepräsidentin bekannt, sie werde nicht mehr für das Amt kandidieren, worüber AvU/ZO am folgenden Tag berichten und zwar in zwei Artikeln. Im einen geht es um die Vakanz selber, im zweiten wird thematisiert, dass der Grossteil der Gemeinderäte und der Parteien den Rücktritt bedauern und ihn der «Hetzkampagne» der Zürcher Oberland Medien zuschreiben. Es folgte eine Reihe von Leserbriefen für und wider die Berichterstattung von AvU und ZO. Am 14. Februar 2018 schliesslich veröffentlichten AvU und ZO zwei Beiträge: Unten auf Seite 3 ein Inserat von 10 GemeindepräsidentInnen des Bezirks Hinwil, in welchem diese die Berichterstattung der ZOM scharf kritisieren und geltend machen, dass eine solch «tendenziöse Inszenierung» eines Konflikts dazu führe, dass es sehr schwierig werde, weiterhin Teilzeit-BehördenmitarbeiterInnen zu rekrutieren. Diese Art von Berichterstattung schade dem Milizsystem. Über dem Inserat stand ein Leitartikel des Chefredaktors Christian Brändli, welcher auf die Vorwürfe gegen die Berichterstattung von «Anzeiger von Uster» und «Zürcher Oberländer» eingeht und dabei konzediert, dass diese aussergewöhnlich umfangreich gewesen sei. Dies sei dem ungewöhnlichen Lauf der Ereignisse geschuldet gewesen. Der Leitartikel der Kollegin vom 3. Februar sei scharf, aber sachlich gerechtfertigt gewesen und hinsichtlich des Vorwurfes, das Milizsystem zu gefährden, macht der Chefredaktor geltend, dass die Frage nach der Eignung von Kandidatinnen und Kandidaten nicht aus Furcht vor Unterbesetzung unterbleiben dürfe. Dies würde dem Milizsystem ebenfalls schaden.

B. X. aus Uster reichte am 1. März 2018 Beschwerde beim Schweizer Presserat gegen die Serie von 13 Artikeln ein und machte eine Verletzung der Präambel sowie der Ziffern 1, 3, 5 und 7 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») geltend. Allerdings wies sie nicht, wie in Art. 9 Abs. 2 des Geschäftsreglements des Presserates vorgesehen, darauf hin, inwiefern welche Formulierungen an welchen Stellen welche Bestimmungen der «Erklärung» verletzt haben sollen.

Auf entsprechende Aufforderung des Presserates reichte die Beschwerdeführerin am 15. März 2018 eine ergänzte Beschwerdeschrift ein. Darin legt sie ausführlich den unter A. beschriebenen Verlauf der Dinge dar und verbindet damit den Vorwurf der Verletzung der Ziffern 1, 3, 7 und 8 der «Erklärung» durch die Berichterstattung im ZO, im AvU und auf der Online-Plattform «Zueriost.ch».

Bezogen auf den ersten Artikel mit der Recherche zu den vielen Personalabgängen macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte einer Abteilungsleiterin geltend (Ziffer 7 der «Erklärung»), die in einem Gemeindeverwaltungs-internen E-Mail von ihren Vorgesetzten gemassregelt worden war. Das Mail war als vertraulich gekennzeichnet, dennoch haben AvU und ZO das Dokument abgedruckt, mit teilweise geschwärzten Namen, der Name der kritisierten Abteilungsleiterin bleibt jedoch sichtbar.

Weiter moniert die Beschwerdeführerin, der Artikel habe nicht der Wahrheitssuche im Falle der Mobbing-Vorwürfe gedient, Ziffer 1 der «Erklärung» sei entsprechend ebenfalls verletzt, die verschiedenen Zeugenaussagen enthielten keine arbeitsrechtlich fassbaren Vorwürfe, sondern persönlich abwertende Qualifizierungen. Damit sei auch wieder Ziffer 7 der «Erklärung» verletzt, der Abwägung zwischen öffentlichem Interesse und Schutz der Privatsphäre sei nicht Rechnung getragen worden. Schliesslich sei Richtlinie 3.1 (Quellenbearbeitung) verletzt, weil hinsichtlich eines bestimmten Abganges aus der Verwaltung auf die Aussage einer Person abgestellt worden sei, ohne deren offensichtlich einseitigen Bericht zu hinterfragen.

Bezogen auf das Interview mit der Gemeindepräsidentin vom 2. Februar 2018 macht die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen Richtlinie 7.4 (Unschuldsvermutung) geltend, weil die Journalistin der Gemeindepräsidentin Fragen gestellt habe, welche Voreingenommenheit hätten erkennen lassen und sachlich ungerechtfertigte Unterstellungen enthalten hätten. Im Weiteren zitiert sie hierzu den Entscheid des Presserates vom 19. April 1990, welcher bezüglich der Rolle von Journalistinnen und Journalisten festgehalten hat, dass JournalistInnen weder Akteure noch Polizisten oder Spione zu sein hätten.

Der Leitartikel vom 3. Februar 2018, in welchem die Redaktorin der ZOM einen «Personalwechsel im Cockpit» der Gemeindeverwaltung gefordert hat, verstiess laut der Beschwerdeführerin gegen das Gebot der Fairness (Präambel der «Erklärung»), weil die Gemeindepräsidentin im Text lächerlich gemacht und ihres Amtes als unwürdig dargestellt worden sei, weiter gegen Ziffer 7 (Unterlassen sachlich nicht gerechtfertigter Anschuldigungen) der «Erklärung», weil sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen gemacht worden seien. Zudem sei die Würde der Gemeindepräsidentin verletzt und damit gegen Richtlinie 8.1 (Achtung der Menschenwürde) verstossen worden.

Die Berichterstattung nach dem Rücktritt der Gemeindepräsidentin und die darauf folgenden Leserbriefe zeigten, dass die Berichterstattung der ZOM als Kampagne wahrgenommen worden sei, der Fall Bubikon sei zum Fall Zürcher Oberland Medien geworden. Das wiederum verstosse gegen den Grundauftrag der Medien.

Die Platzierung des Kommentars des Chefredaktors zur Rolle der ZO-Medien im Fall Bubikon vom 14. Februar 2018 sei «grenzwertig». Die Kritik der Gemeindepräsidenten, welche unterhalb des Kommentars in einem Inserat zu sehen war, hätte im Text des Chefredaktors enthalten sein müssen. Deren Fehlen verletze Richtlinie 3.8 (Fairnessprinzip, audiatur et altera pars).

Insgesamt macht die Beschwerdeführerin schliesslich geltend, die Berichterstattung sei unverhältnismässig gewesen, nicht fair und habe schliesslich die ZO-Medien ins Zentrum gerückt. Dies aber dürfe nicht Ziel der Berichterstattung sein.

C. Mit Schreiben vom 3. Mai 2018 nahm Chefredaktor Christian Brändli für die Zürcher Oberland Medien Stellung zur Beschwerde. Er beantragt Nichteintreten, allerdings mit einer Begründung, die auf eine Abweisung der Beschwerde und nicht auf ein Nichteintreten hinausläuft. Er macht geltend, dass bei der ganzen Berichterstattung stets auf das Prinzip der Fairness geachtet worden sei. Es sei allen betroffenen Seiten immer Gelegenheit geboten worden, sich zu äussern, die Redaktion habe keine unlauteren Mittel zur Informationsbeschaffung eingesetzt und sie habe die Kritik an der eigenen Berichterstattung nicht unterschlagen, sondern ihr grossen Platz eingeräumt. Man habe sich immer vom Kriterium der Relevanz leiten lassen, alle Zitate seien den Betreffenden zum Gegenlesen unterbreitet worden.

Im Einzelnen führt der Chefredaktor zur breiten Berichterstattung am ersten Tag und zum Vorwurf, damit die Ziffern 1 und 7 der «Erklärung» und Richtlinie 3.1 verletzt zu haben, aus, dass eine Verletzung der Privatsphäre des Gemeindeschreibers (Ziffer 7) nicht zu erkennen sei. Wenn die Beschwerdeführerin argumentiere, es seien keine «arbeitsrechtlich fassbaren Vorwürfe» angeführt worden, dann gehe sie von falschen Kriterien aus. Es sei bei Mobbing ein häufiges Problem, dass die Vorwürfe eben nicht beweisbar seien. Umso mehr müssten sie plausibilisiert werden. Genau dies sei hier getan worden: Wenn acht Personen zur Frage, weshalb es zu den vielen Abgängen kam, öffentlich Kritik am Gemeindeschreiber äusserten, könne sehr wohl von Plausibilität ausgegangen werden. Bei dieser Sachlage einen Verstoss gegen Richtlinie 3.1 (Quellenbearbeitung) zu sehen, wie es die Beschwerdeführerin tue, gehe fehl. Wichtig sei, dass die Autorin dem Gemeindeschreiber die Möglichkeit gegeben habe, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Auch wenn er sich nicht äussern wollte, habe die Redaktion Richtlinie 3.8 (Anhören bei schweren Vorwürfen) beachtet.

Zum Vorwurf, das sehr kritisch geführte Interview mit der Gemeindepräsidentin vom 2. Februar 2018 habe gegen Richtlinie 7.4 verstossen (Unschuldsvermutung in der Gerichtsberichterstattung), wendet die Beschwerdegegnerin ZOM ein, es gehe hier nicht um Gerichtsberichterstattung. Im Übrigen sei es durchaus richtig gewesen, die Gemeindepräsidentin zur Person des Gemeindeschreibers zu befragen. Dieser habe im Zentrum der Debatte gestanden und selber nicht Stellung genommen.

Zum Leitartikel «Wechsel im Cockpit nötig» vom 3. Februar 2018 hält die ZOM fest, er habe die Meinung der Redaktion ausgedrückt, von einer «persönlichen Attacke» könne keine Rede sein. Es sei immer um die Betroffenen als Amts- und nicht als Privatpersonen gegangen. Klar eine Meinung auszudrücken habe nichts mit fehlender Fairness zu tun, weder sei Ziffer 7 der «Erklärung» (ungerechtfertigte Anschuldigungen) noch Richtlinie 8.1 (Achtung der Menschenwürde) verletzt.

Zum Vorwurf, mit dem Bericht über den beabsichtigten Rücktritt der Gemeindepräsidentin und die darauffolgenden Leserbriefe sei der ZO/AvU ins Zentrum gerückt und damit der Grundauftrag der Medien verletzt, hält der Chefredaktor fest, es sei nicht ersichtlich, worin diese Verletzung bestehen soll.

Schliesslich wird – bezogen auf den Kommentar des Chefredaktors vom 9. Februar – ein Verstoss gegen das Fairnessprinzip (Richtlinie 3.8, Anhören bei schweren Vorwürfen) bestritten. Die Redaktion sei vom Inserat der Gemeindepräsidenten überrascht worden. Hätten diese sich an die Redaktion gewandt, wäre deren Anliegen aufgenommen und «journalistisch begleitet» worden. Im Übrigen sei das Inserat an bestmöglicher Stelle platziert worden.

D. Am 5. April 2018 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.

E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 26. Juli 2019 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Die Beschwerdegegnerin Zürcher Oberland Medien beantragt ein Nichteintreten auf die Beschwerde. Dies allerdings ohne einen dafür relevanten Grund aufzuführen. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

2. Bezogen auf die erste Berichterstattung am 31. Januar 2018 über die Probleme in der Gemeindeverwaltung Bubikon macht die Beschwerdeführerin geltend, die Persönlichkeitsrechte einer Abteilungsleiterin auf der Gemeindeverwaltung seien verletzt worden. In einem gross abgebildeten Faksimile, als vertraulich klassifizierten internen Dokument der Gemeindeverwaltung ist im Zusammenhang mit einer Krise beim Personal der Steuerverwaltung nachzulesen, dass die Funktion dieser Person «ab sofort sistiert» werde. Diese Veröffentlichung verstosse gegen Ziffer 7 der «Erklärung». Andere Namen, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollten, seien richtigerweise abgedeckt worden. Die Beschwerdegegnerin bestreitet diesen Sachverhalt nicht, sie äussert sich nicht zu diesem spezifischen Punkt.

Der Beschwerdeführerin ist angesichts dessen zuzustimmen. Ohne Einwilligung der Betroffenen hätte dieses sie belastende Dokument so nicht veröffentlicht werden dürfen. Dies gilt auch, wenn die gleiche ehemalige Abteilungsleiterin im Text des Artikels in einem Satz zur ganzen Affäre Stellung nimmt und den umstrittenen Gemeindeschreiber scharf kritisiert. Ziffer 7 der «Erklärung» ist verletzt.

Der Vorwurf, der Artikel habe gegen Ziffer 1 der «Erklärung» verstossen, er habe nicht der Wahrheitssuche gedient, lässt sich nach Einschätzung des Presserats hingegen nicht halten: Die Redaktion hat sichtbar einen erheblichen Rechercheaufwand betrieben, um der Frage auf den Grund zu gehen, weshalb insgesamt 16 Angestellte die Gemeindeverwaltung Bubikon verlassen haben. Beim Vorwurf, Ziffer 7 der «Erklärung» (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) sei verletzt, weil gar keine «arbeitsrechtlich fassbaren Vorwürfe» genannt würden, ist der Beschwerdegegnerin ZOM ebenfalls zuzustimmen: Journalistisch relevant ist nicht nur, was gerichtsfest beweisbar ist. Der erforderlichen Plausibilisierung des Vorwurfs eines unsachgemässen Umgangs mit MitarbeiterInnen ist mit den acht ZeugInnen, die im Artikel Stellung genommen haben, zur Genüge Rechnung getragen.

3. Zum Interview mit der Gemeindepräsidentin vom 2. Februar 2018 macht die Beschwerdeführerin einen Verstoss gegen Richtlinie 7.4 geltend (Unschuldsvermutung in der Gerichtsberichterstattung) und sie weist auf einen Entscheid hin, der in den «Meilensteinen» des Presserates erwähnt wird. Dort wurde am 19. April 1990 festgehalten, dass Journalistinnen und Journalisten nicht als Akteure, Polizisten oder Spione in Erscheinung treten sollen. All dies sieht sie gegeben angesichts der «voreingenommenen» und «sachlich ungerechtfertigten» Fragen der Journalistin. Das Interview wurde in der Tat sehr hart, sehr konfrontativ geführt. Dies in einer Personal-Angelegenheit, bei welcher das Gegenüber in der Regel nicht frei über alle Aspekte eines Konfliktes Auskunft geben kann. Aber die Gemeindepräsidentin hat zu den Fragen Stellung nehmen können, sie hat den Text zum Gegenlesen erhalten und konnte nachträglich Korrekturen anbringen.
Richtlinie 7.4 fällt aber ohnehin ausser Betracht, da es hier nicht um Gerichtsberichterstattung geht. Und der Entscheid des Presserats vom 19. April 1990 bezog sich nicht auf kritisches Befragen, sondern auf ein Auftreten in realen Rollen (etwa als Polizist), die mit der journalistischen Arbeit nicht vereinbar sind.

4. Beim Leitartikel vom 3. Februar 2018 («Wechsel im Cockpit nötig») kritisiert die Beschwerdeführerin Verstösse gegen die Präambel der «Erklärung» (Fairness), gegen Ziffer 7 (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung» und gegen Richtlinie 8.1 (Achtung der Menschenwürde). Die ZOM erwidern, dass weder die Privatsphäre noch die Würde der Gemeindepräsidentin tangiert worden sei, vielmehr sei die Meinung der Redaktion dargelegt worden, wonach die Gemeindepräsidentin mit ihrer Aufgabe überfordert sei. Sie sei damit als Amts- und nicht als Privatperson kritisiert worden. Dem ist zuzustimmen. Hier hat ein Medium eine Sachlage kommentiert. Das muss möglich sein und bleiben. Dass die ZO-Medien eine Gemeindepräsidentin als überfordert kritisieren und ihren Rücktritt fordern, ist bei plausibler Begründung legitim, auch wenn das eine Forderung ist, «die zuvor von keiner politischen Partei (…) in der Gemeinde erhoben worden war», wie die Beschwerdeführerin kritisiert. Medien können mit ihrer Arbeit nicht nur auf das beschränkt sein, was mindestens eine Partei für richtig hält. Der Kommentar war gegenüber der Gemeindepräsidentin sehr kritisch, enthielt aber weder unsachliche Elemente, noch solche, welche die Menschenwürde verletzen.

5. Der Vorwurf, die ZO-Medien hätten sich mit den darauf folgenden Berichten selber ins Zentrum gestellt und damit gegen «den Grundauftrag der Medien verstossen», bezieht sich nicht auf die «Erklärung» und ist damit hier nicht von Belang. Im Übrigen ist er auch nicht verständlich. Er bezieht sich auf Artikel und Leserbriefe, in denen AvU und ZO Lob und Kritik an ihrer Berichterstattung über diesen Fall abbildeten. Sie problematisierten unter anderem ihre eigene Rolle. Inwiefern dies gegen den Grundauftrag der Medien verstösst, ist nicht ersichtlich.

6. Schliesslich zum Kommentar des Chefredaktors über die Rolle der ZO-Medien in der Affäre Bubikon vom 14. Februar 2018: Hier wird kritisiert, Richtlinie 3.8 (Anhören bei schweren Vorwürfen) sei verletzt, weil der Beitrag die Gegenposition der zehn GemeindepräsidentInnen des Bezirks Hinwil nicht im Artikel selber aufgeführt habe, sondern diese nur in einem Inserat unter dem Kommentar habe aufscheinen lassen. Auch diesem Vorwurf kann der Presserat nicht zustimmen: Zum einen haben sich die GemeindepräsidentInnen vor der Einreichung des Inserats nie bei der Redaktion zu diesem Thema gemeldet. Und zum anderen wurde das Inserat direkt unterhalb des Kommentars publiziert. Damit war gewährleistet, dass diese gegenteilige Meinung gesehen und zur Kenntnis genommen wird.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird in der Hauptsache abgewiesen.

2. Der «Anzeiger von Uster» und der «Zürcher Oberländer» haben mit einer Artikelserie über Konflikte in der Gemeinde Bubikon weder gegen die Präambel noch gegen die Ziffern 1 (Wahrheitspflicht), 3 (Anhören bei schweren Vorwürfen) oder 8 (Menschenwürde) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verstossen.

3. Mit der Publikation des Namens einer betroffenen Person im Faksimile eines vertraulichen Dokuments hat die Redaktion die Ziffer 7 (Schutz der Privatsphäre) der «Erklärung» verletzt. Die übrige Berichterstattung von AvU/ZO hat hingegen die Ziffer 7 der «Erklärung» nicht verletzt.