I. Sachverhalt
A. Zwischen dem 26. September 2021 und Ende des Jahres 2021 berichtete der «Wohler Anzeiger» (WA) mehrfach über die Wahlen des Gemeindeammanns und des Vizeammanns vom 26. September 2021. Zur Diskussion stand dabei meist die Frage, ob die damaligen Ergebnisse sachgerecht protokolliert und publiziert worden sind und ob dabei seitens der Gemeindeverwaltung unzulässig Einfluss genommen wurde. Die vorliegende Beschwerde bezieht sich auf vier dieser Artikel:
a) Am 26. Oktober erschien ein mit dm (Daniel Marti, Chefredaktor) gezeichneter Text unter dem Titel «Die Rechtsverweigerung beheben». Aus diesem geht hervor, dass bei der Wahl des Gemeindeammanns vom 26. September 2021 eine Anzahl von 1001 «vereinzelten gültigen Stimmen» nicht ausgewiesen worden sei, dass also nicht bekanntgegeben worden sei, welchen nicht offiziell zur Wahl angemeldeten Personen diese Stimmen zugefallen waren. Dasselbe gelte für die Wahl des Vizeammanns, dort betreffe dies 483 Stimmen. Deswegen habe der Präsident der «Mitte»-Partei im Gemeindeparlament, Harry Lütolf, eine Motion eingereicht mit der Forderung, es sei zu beschliessen, dass künftig jede Person, die 10 oder mehr Stimmen erhalten habe, benannt werden müsse. Diese Motion sei dann aber von der Gemeinde, genauer vom Ratsbüro des Einwohnerrates, für ungültig erklärt worden. Dagegen wiederum habe nun der «Mitte»-Präsident als Motionär Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Aargau eingereicht. Ziel sei es zum einen, die Zuständigkeiten innerhalb der Gemeindeorgane zu klären, vor allem aber gehe es darum, im Gemeindeparlament beschliessen zu können, dass bei künftigen Wahlen Transparenz darüber geschaffen werde, welche Personen wie viele Stimmen erhalten haben.
b) Am 29. Oktober 2021 erschien in der Kolumne «Strohfüür» ein Abschnitt zum gleichen Thema. Dort wird festgestellt, es rumore weiterhin im Nachgang zur Wahl vom 26. September und der fehlenden Benennung derjenigen, die tausend Stimmen erhalten hätten. Eine solche Bekanntgabe sei seit über 30 Jahren «Tradition» gewesen, dass dies jetzt geändert worden sei, liege an einer unzulässigen Anordnung des Gemeindeschreibers. Dieser habe aber einem Wahlbüro nichts zu befehlen. Es stelle sich die Frage, ob das Wahlbüro diese Kompetenzüberschreitung auf sich sitzen lasse.
c) Am 3. Dezember 2021 erschien auf der Frontseite des WA ein Kommentar des Chefredaktors Daniel Marti unter dem Titel «Kein Demokratie-Verständnis». Darin wird festgehalten, Demokratie lebe von Transparenz. Deswegen sei nachvollziehbar, wenn heftig reagiert worden sei, nachdem bei der Ammannwahl auf Geheiss des Gemeindeschreibers 1001 Stimmen nicht zugewiesen worden seien. Nun habe das Wahlbüro dies korrigieren, die Stimmen nachzählen und ausweisen wollen. Die Verwaltung habe aber gesperrt und den Entscheid «nach Aarau», an den Kanton weitergegeben. Dort wiederum habe man keinen Grund für eine Umkehr gesehen, man müsse vereinzelte gültige Stimmen nicht ausweisen. Nun seien es aber – so der Kommentar weiter – in Wohlen nicht vereinzelte gültige Stimmen gewesen, sondern über tausend, abgegeben von Stimmenden, welche wissen wollten, zu welchem Ergebnis ihr Votum geführt habe. 1001 Menschen seien missachtet worden, das habe nichts mit Demokratieverständnis zu tun. Und diese Stimmbürger seien auch Steuerzahler, die den hohen Lohn des Gemeindeschreibers mitfinanzierten.
Unter diesem Text wird auf einen weiteren auf Seite 3 verwiesen, welcher über den abschlägigen Entscheid des Kantons informierte.
d) Am 31. Dezember 2021 erschien eine grosse Zusammenfassung von Chefredaktor Marti mit zwei Texten über das vergangene Wahljahr und dessen politische Konsequenzen. Rechts unten, am Schluss der Texte, befand sich ein kleiner Kasten mit dem Titel «Die Zahl», der die Kontroverse um die 1001 nicht zugeordneten Stimmen noch einmal aufnahm. Der Verfasser Marti wies dort darauf hin, dass die diesbezügliche Anordnung des Gemeindeschreibers zu Unrecht erfolgt sei, dass das Nichtausweisen der vereinzelten gültigen Stimmen zwar rechtlich zulässig sei, dass es in Wohlen aber mit 1001 so viele gewesen seien wie nirgends sonst im Kanton. Nach dem abschlägigen Entscheid des Kantons bleibe ewig ein fahler Nachgeschmack: «Wer 1001 gültige Stimmen nicht deklarieren will, kann kein Demokrat sein oder er will etwas verbergen.»
B. Am 26. Januar 2022 reichte der Gemeinderat, die Exekutive der Gemeinde Wohlen, Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Der Beschwerdeführer (BF) macht geltend, die genannten vier Texte verletzten die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen) und 7 (ungerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung»), und darüber hinaus die Richtlinie 3.8 zur «Erklärung» (Anhörung bei schweren Vorwürfen).
a) Die Verletzung der Wahrheitspflicht (Ziffer 1) sieht der BF darin begründet, dass der WA im ersten Artikel wahrheitswidrig behauptet oder unwidersprochen kolportiert habe, die Gemeinde Wohlen habe «Rechtsverweigerung» betrieben, «kommunales und höheres Recht verletzt» und «parlamentarische Rechte (…) verweigert». Im zweiten sei zu Unrecht behauptet worden, der Gemeindeschreiber habe angeordnet oder befohlen, die Stimmen für unangemeldete Kandidaten nicht auszuweisen, es werde im Zusammenhang damit auch zu Unrecht behauptet, er habe eine Kompetenzüberschreitung begangen. Im dritten Text werde fälschlich behauptet, der Gemeindeschreiber beweise damit, dass er kein Demokrat sei, und im vierten werde gesagt, er habe etwas zu verbergen.
b) Ein Unterschlagen wichtiger Elemente von Informationen (Ziffer 3 der «Erklärung») sieht der BF darin begründet, dass der WA in den ersten drei Artikeln mit keinem Wort erwähnt habe, dass der Regierungsrat des Kantons Aargau schon am 7. Oktober 2021 entschieden habe, dass die Protokollierung des Wahlresultates korrekt gewesen sei und übergeordnetem Recht entsprochen habe.
c) Das Gebot der Anhörung im Falle schwerer Vorwürfe (Richtlinie 3.8) sieht der BF verletzt, weil sowohl die Gemeinde insgesamt als auch der Gemeindeschreiber im Speziellen trotz schwerer Vorwürfe nicht angehört worden seien. Sie hätten insbesondere zum Vorwurf der Rechtsverweigerung, der Verletzung kommunalen und höheren Rechts, der massiven Verweigerung der parlamentarischen Rechte und der Kompetenzüberschreitung angehört werden müssen. Und der Gemeindeschreiber weiter dazu, dass er kein Demokrat sei und etwas zu verbergen habe.
d) Nicht gerechtfertigte Anschuldigungen (Ziffer 7 der «Erklärung») sieht der BF in sämtlichen unter a) und b) aufgeführten Sachverhalten.
C. Mit Beschwerdeantwort vom 21. März 2022 beantragten der Chefredaktor und der Verleger des «Wohler Anzeiger», auf die Beschwerde sei teilweise nicht einzutreten. Der Rest sei abzuweisen.
a) Den Antrag auf Nichteintreten begründet der WA damit, dass die dreimonatige Frist zur Einreichung einer Beschwerde bezüglich des ersten Artikels vom 26. Oktober 2021 mit der Beschwerde vom 26. Januar 2022 bereits abgelaufen gewesen sei.
Die beantragte Ablehnung der Beschwerde in allen übrigen Punkten begründet der WA wie folgt:
b) Ein Verstoss gegen die Wahrheitspflicht (Ziffer 1 der «Erklärung») habe nirgends vorgelegen. Insbesondere sei der Hauptvorwurf durch vier Zeugen belegt, wonach der Gemeindeschreiber die Anordnung gegeben habe, die 1001 respektive 483 «vereinzelten» Stimmen nicht zu identifizieren. Von den vier Zeugen könne einer nicht namentlich genannt werden, von den drei übrigen legt der Beschwerdegegner (BG) zwei schriftliche Stellungnahmen vor, welche den Vorgang bestätigen, zum einen die Aussage des Präsidenten des Wahlbüros. Und zum anderen ein Mail des Präsidenten der «Mitte» Wohlens, der seinerseits auch auf eine Aussage des Chefs des Wahlbüros verweist, welcher ebenfalls von einer «Anordnung des Gemeindeschreibers» spreche. Der Gemeindeschreiber selber habe sich seinerzeit nicht zu diesem Sachverhalt äussern wollen. Auch habe die Gemeinde oder der Gemeindeschreiber nie reagiert, als der WA schon am 1. Oktober und anschliessend immer wieder von dieser unstatthaften Anweisung an das Wahlbüro berichtet habe.
Es sei auch nicht, wie behautet, wahrheitswidrig, wenn dabei von einer Kompetenzüberschreitung geschrieben worden sei. Der Gemeindeschreiber als Vertreter der Verwaltung dürfe der Wahlkommission, welche die Wählerschaft vertrete, keine Anweisungen erteilen (Verweis auf Art. 34 Abs. 1 der Gemeindeordnung).
Der erste beanstandete Artikel (26. Oktober 2021, auf den laut WA nicht einzutreten sei) berichte über eine Motion des Präsidenten der «Mitte», zitiere diesen mehrfach und ordne das klar zu. Zu den von diesem erhobenen Vorwürfen habe die Gemeinde in einem Artikel vier Tage zuvor Stellung nehmen können und sei auch entsprechend zitiert worden.
Der vom BF bemängelte Text vom 3. Dezember 2021 sei ausdrücklich und für alle leicht erkennbar als «Kommentar» gekennzeichnet und deshalb schon im Rahmen der Kommentarfreiheit unbedenklich gewesen. Keine der darin zugrunde gelegten Aussagen sei unrichtig gewesen. Und die Schlussfolgerung, dass mit der Nichtpublikation der Namen etwas habe verborgen gehalten werden sollen, sei eine Einschätzung, die sich förmlich aufdränge. In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass der wiedergewählte Gemeindeammann selber vor neun Jahren genau wegen der Nennung der «Vereinzelten» im ersten Wahlgang überhaupt in den zweiten und damit schliesslich in den Gemeinderat gelangt sei. Umso weniger sei ersichtlich, warum sich die Gemeinde unter seiner Leitung jetzt gegen diese Regelung stelle.
c) Eine Unterschlagung wichtiger Informationen (Ziffer 3 der «Erklärung») liege nicht vor. Hinsichtlich des ersten Artikels (26. Oktober 2021, auf den laut WA nicht einzutreten sei) sei der vom BF als fehlend gerügte Hinweis auf die Abweisung einer Wahlbeschwerde nicht erforderlich gewesen, weil sich dieser auf die vergangene Wahl bezogen habe, während sich der Artikel zur Beschwerde des «Mitte»-Präsidenten ausschliesslich auf eine künftige Regelung und deren Begründung bezogen habe.
Der Text vom 29. Oktober sei mit dem Titel «Strohfüür» klar als Glosse ausgewiesen gewesen. Eine solche könne nicht sämtliche Elemente einer politischen Auseinandersetzung aufzählen, das ergäbe sonst keine Glosse. Die angesprochene Wahlrechtsbeschwerde sei im Artikel vom 10. Oktober aber ausführlich zur Sprache gekommen.
Gleiches gelte für den Kommentar vom 3. Dezember. Zudem sei in diesem Fall gleich unter dem Text ein Hinweis auf einen ausführlicheren Bericht im Blatt, welcher ausdrücklich zum Thema habe, dass der Kanton die Nachzählung der Stimmen abgelehnt habe.
d) Ein Verstoss gegen die Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen (Richtlinie 3.8) hat laut WA nicht stattgefunden. Zum einen seien die kritischen Beurteilungen nicht «schwere Vorwürfe» im Sinne der «Erklärung» und der dazu gehörenden Praxis des Presserates gewesen, also nichts «Illegales oder Vergleichbares» betreffend.
Hinzu komme aber, dass der WA sich bei der Gemeinde zahlreiche Male mündlich und schriftlich um Stellungnahmen bemüht habe. Wenn überhaupt inhaltlich reagiert worden sei, hätten die Stellungnahmen auch Eingang in die Berichterstattung gefunden. Dass mit dem speziell kritisierten Gemeindeschreiber oder anderen Mitgliedern des Gemeinderates nicht direkt Kontakt aufgenommen worden sei, liege daran, dass diese solche direkten Kontakte der Medien seit 2018 ausdrücklich und mehrfach abgelehnt und an die Medienstelle verwiesen hätten. Dort sei man in der fraglichen Zeit der Berichterstattung denn auch mehrfach vorstellig geworden und habe praktisch keine Informationen erhalten, die über pauschale und nichtssagende Antworten hinausgegangen seien. Insbesondere seien spezifische Fragen nicht beantwortet worden. Neben den der Beschwerdeantwort beigelegten Mails, welche dies belegen könnten, hätten auch die verschiedensten telefonischen Kontakte stattgefunden, aber keine brauchbaren Antworten erbracht.
Der erste in dieser Hinsicht beanstandete Text (26. Oktober 2021, auf den laut WA nicht einzutreten sei) betreffe nur die Begründung der zuvor in der Berichterstattung bereits angekündigten und thematisierten Beschwerde des «Mitte»-Präsidenten. Darin gehe es nicht um illegales oder vergleichbares Verhalten seitens der Gemeinde. Diese habe im Artikel zuvor zum Sachverhalt Stellung nehmen können.
Dass im Rahmen der Glosse (zweiter Artikel), eines Kommentars (dritter Text) oder eines kurzen Textes im Rahmen eines Jahresrückblicks (vierter Text) nicht nochmals alle Elemente und Stellungnahmen aufgezählt werden, welche in der laufenden Berichterstattung thematisiert worden seien, liege in der Natur der Texte.
e) Sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen (Ziffer 7 der «Erklärung») werden vom «Wohler Anzeiger» bestritten. Zum einen beziehe sich dieser Vorwurf auf alle unter dem Titel «Verstoss gegen die Wahrheitspflicht» gerügten Sachverhalte, welche bereits allesamt bestritten und widerlegt seien. Entsprechend könne auch nicht von sachlich ungerechtfertigten Anschuldigungen gesprochen werden. Hinzu komme, dass es hier darum gehe, über intransparente Verhaltensweisen von Behörden kritisch zu berichten. Das sei die grundlegende Arbeit von Medien in ihrer Rolle als «vierte Gewalt». Hier überwiege in diesem Sinne auch ein öffentliches Interesse.
D. Am 4. Mai 2022 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Max Trossmann, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 20. Juni 2022 verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Zum Eintreten: Die Beschwerde wurde hinsichtlich des ersten Artikels (26. Oktober 2021) am letzten Tag der dreimonatigen Frist eingereicht. Der Presserat tritt auf die gesamte Beschwerde ein.
2. Zu Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung»: Wenn im ersten der beanstandeten Artikel von «Rechtsverweigerung», von «verletztem Recht» oder von der «Verweigerung parlamentarischer Rechte» die Rede war, dann erfolgte dies alles im Rahmen der Berichterstattung über eine Beschwerde des Präsidenten der «Mitte»-Partei. Es handelt sich um Zitate von Harry Lütolf, sie sind klar und korrekt zugeordnet, als Meinung bzw. Einschätzung des «Mitte»-Präsidenten erkennbar und damit nicht unwahr. Der weitere Kontext der Beschwerde ist zudem in der Berichterstattung des WA bereits zuvor zur Sprache gekommen.
Wenn im zweiten Artikel dargelegt wird, der Gemeindeschreiber habe angeordnet oder befohlen, die Stimmen für unangemeldete Kandidaten nicht auszuweisen, dann legt der WA ausreichende Belege vor, welche diese Behauptung belegen, jedenfalls als genügend abgestützt und nicht als unwahr erscheinen lassen.
Wenn aufgrund dessen von einer Kompetenzüberschreitung geschrieben wird, erscheint auch dies nicht als Verstoss gegen die Wahrheitspflicht: Dass der Gemeindeschreiber bei der Wahl der Gemeindeexekutive nicht Mitglied der Wahlkommission war, sondern nur «Aktuar» und somit in der Kommission nicht stimmberechtigt und damit erst recht nicht weisungsberechtigt, erscheint plausibel und wird vom BF auch gar nicht bestritten. Und wenn gestützt auf die so beschriebenen Vorgänge in klar deklarierten Kommentar-Formaten gefolgert wird, hier komme eine undemokratische Haltung zum Vorschein oder hier werde etwas verborgen, so sind das zwar negative Bewertungen, aber keine Falschbehauptungen. Die Ziffer 1 der «Erklärung» wurde nicht verletzt.
3. Zu Ziffer 3 (Unterschlagen wichtiger Elemente von Informationen) der «Erklärung»:
Wenn am 26. Oktober 2021 nicht erwähnt wurde, dass der Regierungsrat des Kantons Aargau schon am 7. Oktober 2021 entschieden habe, die Protokollierung des Wahlresultates sei rechtlich korrekt gewesen, dann entspricht dies nicht einer entscheidenden Weglassung im Sinne von Ziffer 3 der «Erklärung»: Es ging im fraglichen Artikel des 26. Oktober 2021 um die Motion Lütolf im Gemeindeparlament. Diese und der Entscheid, sie für ungültig zu erklären, sowie Lütolfs Beschwerde dagegen wurden beschrieben und entsprechend auch mit den damaligen Vorwürfen Lütolfs zitiert. Dessen Vorwürfe der «Rechtsverweigerung», der «Verletzung kommunalen und höheren Rechts» etc. sind klar als Zitate Lütolfs ersichtlich und als solche, wie gesehen, unbestritten. Sie beziehen sich aber nicht auf die Rechtmässigkeit der Publikation des Wahlergebnisses, welche Gegenstand des kantonalen Entscheids war, sondern sie beziehen sich auf die Ungültigerklärung von Lütolfs Motion. Der WA hat auch in den späteren Artikeln nie behauptet, dass die Nichtpublikation der «vereinzelten Stimmen» rechtswidrig gewesen sei, sondern er kritisierte, dass dieses Vorgehen dem demokratischen Gebot der Transparenz widerspreche und dass die entsprechende Weisung des Gemeindeschreibers nicht rechtmässig gewesen sei.
Insofern ist es keine Unterschlagung wichtiger Informations-Elemente, wenn der Artikel über die gestoppte Motion Lütolf und dessen Beschwerde dagegen nicht auch noch davon spricht, dass die ursprüngliche Protokollierung juristisch sauber war. Man mag es für ein interessantes Element der Vorgeschichte halten, aber nicht für ein wichtiges Element im vorliegenden Zusammenhang. Die Ziffer 3 der «Erklärung», Unterschlagung wichtiger Elemente von Informationen, wurde nicht verletzt.
4. Zu Richtlinie 3.8 (Anhören bei schweren Vorwürfen):
Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, wenn er feststellt, dass es bei «Rechtsverweigerung», der «Verletzung kommunalen und höheren Rechts», der «massiven Verweigerung der parlamentarischen Rechte» und der «Kompetenzüberschreitung» mindestens in Teilen um Vorwürfe von Rechtsbrüchen, also illegalen Verhaltens geht. Das würde bedeuten, dass der oder die Betroffenen hätten angehört werden müssen, auch wenn die Vorwürfe nicht vom WA stammten, sondern als Zitate des «Mitte»-Chefs Lütolf gekennzeichnet waren. Es stellt sich damit die Frage, ob dies geschah, ob eine Anhörung erfolgt ist.
Der WA macht geltend, dass ihm mehrfach aufgetragen worden sei, sich nicht mehr bei den direkt betroffenen Mitgliedern des Gemeinderates zu melden, sondern nur noch bei deren Medienstelle. Direkte Anfragen insbesondere beim Gemeindeschreiber (dem «CEO der Gemeinde») seien seit 2018 abgelehnt worden. Bei der Medienstelle habe sich der WA in der vorliegenden Angelegenheit mehrfach schriftlich und mündlich gemeldet, sei aber meist nur mit Leerformeln bedient worden, jedenfalls nicht mit konkreten Antworten auf die gestellten Fragen. Insbesondere was die Rolle des Gemeindeschreibers angeht beim Entscheid, die «vereinzelten gültigen Stimmen» nicht zu identifizieren, wurde die Medienstelle gemäss den vom WA edierten Unterlagen ausdrücklich befragt (Mailverkehr vom 29. September 2021: «Wer hat diese Entscheidung gefällt?»). Im (nicht in die Beschwerde eingeschlossenen, vom «Anzeiger» unterbreiteten) Artikel vom 1. Oktober 2021 wurde denn auch darauf hingewiesen, dass die Gemeinde diese ihr gestellte Frage nicht beantwortet habe.
Der Gemeinde wurde laut dem edierten Mailverkehr insgesamt mehrfach Gelegenheit geboten, sich zu den fraglichen Sachverhalten zu äussern, dem Recht auf Anhörung wurde damit entsprochen. Die Richtlinie 3.8 wurde nicht verletzt.
5. Zu Ziffer 7 (ungerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung»: Angesichts des bisher Erläuterten sind weder inhaltliche Unwahrheiten noch entscheidende Unterlassungen festzustellen. Entsprechend kann in den vom BF angeführten – identischen – Punkten auch nicht von ungerechtfertigten Anschuldigungen gesprochen werden. Die Ziffer 7 der «Erklärung» wurde nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Der «Wohler Anzeiger» hat mit dem Artikel «Die Rechtsverweigerung beheben» vom 26. Oktober 2021, der Kolumne «Strohfüür» vom 29. Oktober 2021, dem Kommentar «Kein Demokratie-Verständnis» vom 3. Dezember 2021 und dem Textkasten «Die Zahl» vom 31. Dezember 2021 die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen) und 7 (ungerechtfertigte Anschuldigungen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.