I. Sachverhalt
A. Am 12. Juni 2019 erschien im reformierten «Kirchenbote» für den Kanton Basel-Stadt auf der Front ein Artikel mit Bild gezeichnet von Christian von Arx, «Kirche heute». Von Arx ist Chefredaktor von «Kirche heute», des katholischen Pfarrblatts der Nordwestschweiz. Der Titel lautete: «Antisemitismus im Vormarsch. ‹Schlimmste Welle seit den Dreissigerjahren›». Der Artikel fasst im Wesentlichen einen Vortrag zusammen, den Simon Erlanger, Lehrbeauftragter an der Universität Luzern, am 16. Mai 2019 in Oberdorf BL gehalten hatte. Unter vielem anderen wird Erlanger im Artikel mit einem Beispiel für den grassierenden Antisemitismus zitiert, das auf den Bereich Fussball, die Fans des FC Basel verwies: Sei die Muttenzerkurve gegen den Schiedsrichter aufgebracht, schreie sie «Jude, Jude, Jude». Das grosse Foto über dem Artikel zeigt Fans des FC Basel im Stadion mit Fahnen und Transparenten.
B. Am gleichen 12. Juni 2019 erhob X. Beschwerde gegen die Passage des Artikels, welche die FCB-Fans betrifft. Diese verstosse gegen die Ziffer 1 (Wahrheitspflicht) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung»). Der Beschwerdeführer macht geltend, er besuche seit 20 Jahren die Fussballspiele des FC Basel und zwar in der fraglichen «Muttenzerkurve», er habe noch nie erlebt, dass so etwas geschehen sei. Die Behauptung sei falsch und verstosse gegen die Wahrheitspflicht. Mit dieser falschen Information verunglimpfe der «Kirchenbote» pauschal eine ganze Menschengruppe.
C. Am 31. Juli nahm Tilmann Zuber, Chefredaktor des «Kirchenbote», zum Vorwurf Stellung. Er beantragt Nichteintreten auf die Beschwerde gemäss Art. 11 Abs. 1 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserats, welcher besage, dass auf eine Beschwerde nicht einzutreten sei, wenn die Redaktion bereits Korrekturmassnahmen ergriffen habe. Er macht geltend, dass der Artikel zunächst von «Kirche heute» verfasst und publiziert worden sei und dass dessen Autor sich nicht bewusst gewesen sei, dass der Vortragende in Oberdorf mit diesem Beispiel auf einen Vorfall vor dreissig Jahren angespielt habe. Als nach der Veröffentlichung des Artikels in den zwei Publikationen Reklamationen von Fans eingegangen seien, habe man sogleich reagiert und in beiden Zeitungen ausführliche Richtigstellungen publiziert. «Kirche heute» auf ihrer Website und in der Printausgabe vom 20. Juni 2019, der «Kirchenbote» am 26. Juni 2019. Man habe darauf hingewiesen, dass sich der Vorgang, auf den sich der Referent bezogen habe, nicht in der Gegenwart, sondern schon vor 30 Jahren zugetragen habe. Zusätzlich hätten beide Redaktionen eine Stellungnahme der «Fanarbeit Basel» abgedruckt. Man habe unverzüglich das Nötige und Mögliche getan, um den durch eine fehlende zeitliche Zuordnung entstandenen falschen Eindruck richtigzustellen.
D. Der Presserat teilte den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus Dominique von Burg, Präsident, Francesca Snider, Vizepräsidentin, und Max Trossmann, Vizepräsident.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 20. April 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingereicht und erfüllt die formalen Anforderungen. Die Beschwerdegegnerin beantragt dennoch Nichteintreten mit der Begründung, man habe unverzüglich Richtigstellungen publiziert, womit nach Art. 11 Abs. 1 des Geschäftsreglements zur Anwendung komme. Dieser legt fest, der Presserat trete auf eine Beschwerde nicht ein, «wenn sich die betroffene Redaktion oder die Journalistin/der Journalist bei einer Angelegenheit von geringer Relevanz bereits öffentlich entschuldigt und/oder Korrekturmassnahmen ergriffen hat».
Dass beide Publikationen ohne Verzug ausführliche Richtigstellungen und zusätzlich eine Stellungnahme der «Fanarbeit Basel» veröffentlicht haben, ist belegt. Fraglich ist allenfalls, ob es hier um eine «Angelegenheit von geringer Relevanz» geht.
2. Aus der Sicht der Fans des FC Basel mag der erhobene Vorwurf von erheblicher Relevanz gewesen sein. Deswegen haben sich auch einige von ihnen bei den Redaktionen beschwert. Wenn man aber den sie betreffenden Passus im Kontext des gesamten Artikels sieht, in welchem es um den neu aufflammenden Judenhass in Europa und der Schweiz geht, darum, worauf dieser zurückzuführen sei und welche Folgen er haben dürfte, dann ging es beim einzelnen Beispiel der FC Basel-Fans nicht um den Kern der Sache. Hinzu kommt, dass die beiden kirchlichen Zeitungen mit der fehlerhaften Behauptung inhaltlich korrekt den Referenten eines Vortrages zitieren. Da schliesslich die beiden Publikationen den offensichtlichen Fehler auch ohne Verzug ausführlich berichtigt und den Vertretern der betroffenen Fans zusätzlich Raum zur eigenen Richtigstellung gegeben haben, sieht der Presserat insgesamt hinreichend Grund, gemäss Art. 11 des Geschäftsreglements nicht auf die Beschwerde einzutreten.
III. Feststellung
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.