I. Sachverhalt
A. Am 13. März 2019 veröffentlichte die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) den Artikel «Mein Trumpf, damit ich mich nicht beugen muss». Der Artikel gibt ein Interview mit der «Klub-Legende des FC Bayern München» Paul Breitner wieder. Die erste Frage, welche die Gesprächsführer Stephan Ramming und Michele Coviello Breitner stellten, war: «Herr Breitner, freuen Sie sich auf das Spiel Bayern – Liverpool heute Abend?» Breitner erklärte daraufhin, er sei gespannt und angespannt. Er hoffe, dass daraus Freude werde. Auf die Frage, wo er das Spiel schauen werde, antwortete er «Zu Hause am Fernseher». Der weitere Inhalt des Interviews befasste sich mit der Karriere Paul Breitners und seinen Empfindungen dazu.
B. Am 3. Mai 2019 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel der NZZ vom 13. März 2019 ein. Er sehe das Fairnessprinzip und den Wahrheitsgrundsatz verletzt. Die NZZ habe über Sachzusammenhänge getäuscht, die Quelle nicht korrekt bezeichnet und das Publikum sachverhaltswidrig in die Irre geführt. Die wissenschaftlich ausgerichtete Event-Plattform «Swiss Sport Forum» habe am 28. Februar 2019 in Zürich eine grössere Veranstaltung zum Thema «Sport on the move – Fakten, Meinungen und Tendenzen» mit zahlreichen prominenten Referenten organisiert, wobei unter anderem auch die NZZ eingeladen worden sei. Mit dieser sei mündlich vereinbart worden, dass sie in geeigneter Form über die Veranstaltung berichte. Ihr seien durch X. zwei Interview-Wünsche gewährt worden. Einer davon mit Paul Breitner. X. habe Breitner für seine Veranstaltung engagiert und bezahlt und habe zugestimmt, dass die NZZ Breitner in dem von ihm organisierten Interview sprechen dürfe. Es sei vereinbart worden, dass Breitner keinem weiteren Medium als Interviewpartner zur Verfügung stehe. Zudem sei abgemacht worden, dass bei der Veröffentlichung der Interviews in der NZZ in einem Vorspann, Kästchen oder etwas Ähnlichem darauf hingewiesen würde, dass die beiden Personen am «Swiss Sport Forum» im Fifa-Museum in Zürich aufgetreten seien und das Interview bei dieser Gelegenheit geführt worden sei.
Das Interview mit Paul Breitner habe sodann am 28. Februar 2019 im Fifa-Museum in Zürich stattgefunden. Auch das zweite vereinbarte Interview mit einer anderen bekannten Person habe gleichentags stattgefunden. Die «NZZ am Sonntag» habe das zweite Interview abgedruckt und in einem Kästchen geschrieben «Diese Woche trat sie an einer Tagung des Swiss Sport Forums im Fifa-Museum auf». Das Interview mit Paul Breitner habe die NZZ am 13. März 2019, am Tag, als der FC Bayern gegen FC Liverpool spielte, veröffentlicht. Es habe jedoch jeder Hinweis darauf gefehlt, dass das Gespräch anlässlich der erwähnten Veranstaltung geführt worden sei. Zudem sei in der Einleitung tatsachenwidrig suggeriert worden, das Interview habe vor dem Spiel Bayern – Liverpool stattgefunden. Auf Nachfrage des Beschwerdeführers bei der NZZ habe diese ihr Bedauern kundgetan und erklärt, sie werde sofort in ihrer Onlineausgabe darauf hinweisen. Die NZZ habe sich damit unlauter verhalten, da sie von Leistungen profitiere, die ein Vertragspartner erbracht habe. Eine Ergänzung in der Onlineausgabe könne die Fehlleistung in der Printausgabe nicht ausgleichen und es hätte am Folgetag ein Hinweis in der Printausgabe abgedruckt und der Sachverhalt richtiggestellt werden müssen.
C. Am 31. Mai 2019 nahm Elmar Wagner, Ressortleiter Sport der NZZ, zur Beschwerde Stellung. Er schliesst auf deren vollständige Abweisung. Es sei nicht klar, welche Bestimmung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») verletzt sei. Wahrscheinlich berufe sich der Beschwerdeführer auf die Präambel und Ziffer 1 der «Erklärung» sowie Richtlinie 3.1 (Quellenbearbeitung). Zum Vorwurf, die NZZ habe den Hinweis, dass der Interviewte am «Swiss Sport Forum» aufgetreten sei, nicht angebracht, führt Elmar Wagner aus, die beiden Autoren des Interviews hätten schlichtweg vergessen, den Hinweis auf die Umstände des Interviews zu bringen. Es sei kein böser Wille im Spiel gewesen und es habe sich um ein schlichtes Versehen gehandelt. Dass die Redaktion die Unterlassung nicht mutwillig produziert habe, zeige allein schon die Handhabung im Falle des anderen Interviews in der «NZZ am Sonntag», wo der geforderte Hinweis auf die Veranstaltung korrekt platziert worden sei. Nachdem X. sich bei der Redaktion beschwert und darauf hingewiesen habe, dass der Hinweis fehle, sei dieser umgehend online dem Artikel wie gefordert hinzugefügt worden. Es sei leider offensichtlich nicht möglich, einen solchen Hinweis in einem Printartikel analog online nachzureichen. Was die Exklusivitäts-Abmachung betreffe, so habe, wenn schon, der Beschwerdeführer die Abmachung verletzt. Der «Blick» habe schon am Tag vor der Publikation der NZZ ebenfalls ein Interview mit Paul Breitner publiziert. Die NZZ habe sich folglich gar nicht mehr an die Abmachung gebunden fühlen müssen, habe jedoch trotzdem umgehend den Hinweis online nachgereicht.
Zuletzt sei auch die Behauptung zurückzuweisen, die NZZ habe tatsachenwidrig suggeriert, das Interview habe gerade vor dem Spiel stattgefunden und damit sei der Leser in die Irre geführt worden. Es sei scheinheilig, wenn der Beschwerdeführer suggeriere, es gehe ihm um die Leser der NZZ. Er störe sich schlicht daran, dass der Hinweis nicht wie von ihm gewünscht angebracht worden sei. Die NZZ bestreite dezidiert, dass bewusst die Wahrheit verfälschende Methoden angewendet worden seien. Im Gegenteil sei die NZZ als Qualitätsmedium bestrebt, unabhängigen und seriösen Journalismus anzubieten. Dass der Hinweis online auf erstes Verlangen sofort nachgereicht worden sei, sei Zeugnis davon. Die Redaktion habe sich schriftlich beim Beschwerdeführer für das Versehen entschuldigt.
D. Am 5. Juli 2019 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 20. April 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägung
Ziffer 1 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie sich an die Wahrheit halten. Sie lassen sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten, die Wahrheit zu erfahren. X. ist der Ansicht, die Wahrheitspflicht sei verletzt, weil die NZZ nicht, wie mündlich vereinbart, angegeben habe, dass das Interview mit Paul Breitner im Rahmen der Veranstaltung des «Swiss Sport Forum» stattgefunden habe. Die NZZ stellt sich auf den Standpunkt, die Nichtnennung dieser Tatsache sei ein schlichtes Versehen gewesen und sie habe versucht, den Fehler wiedergutzumachen, indem sie dies in ihrer Onlineausgabe sofort nach Bemängelung nachgereicht habe. Es ist aus Sicht des Presserats zwar bedauernswert, dass dieser Fehler passiert ist. Da die NZZ jedoch den Hinweis nach Bemängelung des Beschwerdeführers online nachgereicht hat und sich für das Versehen entschuldigte, sieht der Presserat die Wahrheitspflicht nicht als verletzt an.
Ausgangspunkt der journalistischen Sorgfaltspflichten bildet die Überprüfung der Quelle einer Information und ihrer Glaubwürdigkeit. Eine genaue Bezeichnung der Quelle eines Beitrags liegt im Interesse des Publikums, sie ist vorbehältlich eines überwiegenden Interesses an der Geheimhaltung einer Quelle unerlässlich, wenn dies zum Verständnis der Information wichtig ist (Richtlinie 3.1 Quellenbearbeitung). Vorliegend wurde mit dem Artikel «Mein Trumpf, damit ich mich nicht beugen muss» von der NZZ nicht über die Quelle getäuscht, weil der Beitrag das stattgefundene Interview mit Paul Breitner wiedergibt. Dass der Ort, an dem das Interview stattgefunden hat und damit zusammenhängend der Gesamtkontext nicht erwähnt wurde, reicht nicht, um von einer falschen Bearbeitung einer Quelle zu sprechen, weshalb Richtlinie 3.1 folglich nicht verletzt ist.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Die «Neue Zürcher Zeitung» hat mit dem Artikel «Mein Trumpf, damit ich mich nicht beugen muss» vom 13. März 2019 die Ziffern 1 (Wahrheitssuche) und 3 (Quellenbearbeitung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.