I. Sachverhalt
A. Am 14. Oktober 2021 erschien in der «Handelszeitung» ein über zwei Seiten laufender Text von Stefan Barmettler unter dem Titel «Blatters Multi-Millionen-Geschenk», Untertitel: «Wie das Fifa World Football Museum zum Finanzdesaster wurde und bisher 654 Millionen verschlang». Der Autor schildert, dass das 2016 eröffnete Fifa-Museum in Zürich Produkt einer äusserst unseriösen Planung und eines verschwenderischen Umgangs mit Verbandsmitteln unter der Führung von Ex-Fifa-Präsident Joseph «Sepp» Blatter gewesen sei. Angesichts der grossen Verluste bei diesem Projekt habe Blatters Nachfolger Gianni Infantino im Dezember 2020 Strafanzeige eingereicht.
Im Einzelnen wird – gestützt auf eigene Recherchen – berichtet, dass schon die Planung des Projekts grobfahrlässig erfolgt sei, es sei ein «Businessplan» für das Museum zugrunde gelegt gewesen, welcher lediglich auf einem einzigen A4-Blatt festgehalten worden sei, versehen mit vollkommen unrealistischen Zahlen, ergänzt durch verschiedene Bleistiftnotizen. Die Umbaukosten der schliesslich gewählten Lokalität hätten am Ende nicht 140 Millionen Franken gekostet, sondern 176 Millionen, nicht zuletzt, weil die «Fifa-Granden» bis zum Schluss noch 104 Änderungswünsche angebracht hätten, von einer Sportbar bis zur «Beduftungsanlage». Die ursprünglichen Annahmen in Bezug auf zu erwartende Besucherzahlen seien absehbar übertrieben gewesen, ein Controlling, das den Namen verdiene, habe nicht stattgefunden. Statt wie geplant bis 2017 den Break-even-Punkt zu erreichen, schreibe man bisher Defizite von insgesamt 77 Millionen Franken. Vertreter der Fifa in Baufragen sei Charles Botta gewesen, ein gelernter Maurer und Bauzeichner, Ehemann von Blatters Sekretärin. Für Fragen der elektronischen Ausstattung hätte ursprünglich eine Firma zuständig sein sollen, in welcher der Bruder dieser Sekretärin Mitinhaber war. Das ganze Projekt hätte ursprünglich am Hauptsitz der Fifa am Zürichberg realisiert werden sollen, sei dann aber von Blatter handstreichartig verlegt worden in ein leerstehendes Bürogebäude des Versicherers Swiss Life in Zürich-Enge. Der Grund, laut dem Artikel: Blatter habe das Museum unbedingt noch vor seiner erhofften Wiederwahl 2015 eröffnen wollen, um sich dort als «Gralshüter der Fifa» inszenieren zu können. Das wäre mit dem Bauprojekt am Hauptsitz des Weltfussballverbandes nicht mehr zu machen gewesen, mit der Neupositionierung seien die bis dahin schon investierten fünf Millionen für das ursprüngliche Projekt verloren gewesen. Bei der Realisierung des neuen Projekts sei Projektleiter Botta so schnell vorangegangen, dass seriöse Abklärungen von Alternativen gar nicht möglich gewesen seien. Empfehlungen von Experten hinsichtlich möglicher Einsparungen seien in den Wind geschlagen und bisweilen durch noch teurere Varianten ersetzt worden: Höhere Mietzinse als empfohlen, für längere Mietdauern als empfohlen, mit schlechteren Rahmenbedingungen als empfohlen. Auch habe man mit dem maroden Hotel Ascot eine «museumsnahe Herberge» gekauft und hergerichtet, die sich nicht gerechnet habe und die man schliesslich mit Verlust wieder habe abstossen müssen. Blatter habe das insgesamt 654 Millionen teure Museum doch nicht einweihen können, weil kurz zuvor «Fifa-Granden im Dutzend» verhaftet worden seien und an eine Eröffnung nicht mehr zu denken gewesen sei. Schliesslich sei es Nachfolger Infantino gewesen, der das «finanziell völlig aus dem Ruder gelaufene Museum» 2016 eröffnen durfte.
B. Am 3. November 2021 reichte Joseph Blatter via seinen Anwalt Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Er macht geltend, der Artikel verletze die Ziffern 1, 3 und 5 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung»), insbesondere die Richtlinien 1.1 (Wahrheitssuche), 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) und 5.1 (Richtigstellung). Weiter solle der Presserat der Beschwerdegegnerin «Handelszeitung» (BG) empfehlen, eine Gegendarstellung zu publizieren. Und Autor Barmettler sei vom Presserat aufzufordern, sich beim Beschwerdeführer Blatter (BF) angemessen zu entschuldigen.
Zur Begründung macht der BF geltend, es sei inhaltlich falsch, wenn im Artikel festgestellt werde:
– … die Kosten des Fifa-Museums seien von budgetierten 140 Millionen auf 176 Millionen angewachsen. Richtig seien Kosten von 144 Millionen Franken.
– … der Businessplan vom September 2014 habe keine Gesamtkosten ausgewiesen und sei unübersichtlich gewesen. Richtig sei, dass es sich um ein «Excel-Sheet» gehandelt habe, welches dem damaligen Wissensstand entsprach, eine Übersicht enthielt und auch die jährlichen Gesamtkosten von 39,4 Millionen ausgewiesen habe.
– … das Ziel von schwarzen Zahlen bis 2017 sei nicht erreicht worden. Richtig sei, dass nie damit gerechnet worden sei, dass das Museum selbsttragend werde.
– … Experten hätten dringend einen geringeren Mietzins empfohlen. Das sei nicht «dringend empfohlen» worden.
Ebenso treffe es nicht zu, wenn im Artikel gesagt werde:
– … die Mietdauer sei entgegen den Empfehlungen auf 30 Jahre erhöht worden. Vielmehr seien 20 Jahre mit einer Verlängerungsoption vereinbart worden.
– … das Hotel Ascot habe zuerst wertberichtigt und dann mit Verlust verkauft werden müssen. Richtig sei, dass die Fifa das Ascot mit 17,2 Millionen Dollar Gewinn verkaufen konnte.
– … Beschwerdeführer Blatter habe sich ein 654 Millionen Franken teures Erinnerungsstück geschaffen. Richtig sei vielmehr, dass die aufgeführten Kosten für die Vorarbeiten am Hauptsitz der Fifa von 5 Millionen nichts mit dem Museum am Tessinerplatz zu tun hätten.
– … die Mietkosten beliefen sich in 30 Jahren auf 360 Millionen Franken. Da die Miete nur für 20 Jahre festgeschrieben sei, laute der korrekte Betrag 178 und nicht 360 Millionen. Zudem umfasse die Miete auch noch 26 Wohnungen, die alle Erträge generierten.
Insgesamt sieht der BF die Ziffer 1 der «Erklärung», die Pflicht, sich an die Wahrheit zu halten, verletzt, dies habe die «Handelszeitung» auch in ihrer Ablehnung einer unverzüglich beantragten Gegendarstellung eingeräumt [Barmettler verwendete dort die Formulierung: «Ausserdem halte ich einige der aufgeführten Behauptungen für unwahr.» Anm. des Presserates], womit die Redaktion bestätigt habe, dass zumindest ein Teil der Ausführungen des Beschwerdeführers zutreffe.
Ziffer 3 der «Erklärung» (Unterschlagen wichtiger Elemente von Informationen) sei verletzt, weil unterschlagen worden sei, dass der Mietvertrag nicht auf 30, sondern auf 20 Jahre abgeschlossen worden sei, mit einer Option für weitere 10 Jahre, dass entsprechend auch die Berechnung der Kosten nicht stimme, dass im Weiteren 26 Wohnungen Erträge abwürfen, die nicht eingerechnet worden seien und dass das Hotel Ascot mit Gewinn und nicht mit Verlust verkauft worden sei.
Die Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) sei verletzt, weil der Beschwerdeführer vor der Publikation des Artikels nicht angehört worden sei. Blatter sei selbstverständlich durch den Artikel betroffen, es lägen schwere Vorwürfe (Straftaten) vor, es sei nicht einmal ein Hinweis auf die Unschuldsvermutung enthalten, und es habe kein öffentliches Interesse an dieser Berichterstattung bestanden, die Fifa sei ein privater Verein.
Die Ziffer 5 (Berichtigung von Informationen, die sich als falsch erweisen) sowie die Richtlinien 1.1 (Wahrheitssuche) und 5.1 (unverzügliche Berichtigung falscher Informationen) seien verletzt, weil der BF noch am Dienstag, 19. Oktober 2021, «zwei Tage vor Redaktionsschluss» der folgenden Ausgabe (Erscheinungstermin 21. Oktober, Anm. d. Presserates), um eine Gegendarstellung nachgesucht habe, was aber abgelehnt worden sei. Dies mit der Begründung, es fehle an der Betroffenheit von Herrn Blatter, auch weil dem Gebot der Knappheit nicht Rechnung getragen worden sei und weil man einige der aufgeführten Behauptungen für unwahr halte. Auf ein zweites, knapperes Gesuch, drei Tage später, habe die «Handelszeitung» überhaupt nicht reagiert. Sie habe nicht einmal diejenigen Elemente zur Gegendarstellung zugelassen, die sie selber als nicht richtig eingeräumt habe.
C. Am 30. November 2021 bat der Presserat den Beschwerdeführer, er möge klarstellen, ob er eine gerichtliche Klage gegen die Beschwerdegegnerin eingeleitet habe bzw. dem Presserat mitzuteilen, sofern er dies noch zu tun gedenke. Im Weiteren wies er den BF darauf hin, dass der Presserat keine Sanktionen aussprechen oder Direktiven erteilen könne. Deswegen sei er für die Anträge «Empfehlung einer Gegendarstellung» und «Aufforderung, sich angemessen zu entschuldigen» nicht zuständig.
Am 3. Dezember 2021 teilte der Anwalt des BF dem Presserat mit, sein Klient habe keine Strafanzeige gegen Stefan Barmettler und keine Zivilklage gegen die «Handelszeitung» eingereicht.
D. Mit Beschwerdeantwort vom 6. Januar 2022 beantragte der Anwalt der «Handelszeitung», die Beschwerde sei abzuweisen. Es lägen keine Verstösse gegen die Ziffern 1, 3 und 5 der «Erklärung» inklusive der Richtlinien 1.1, 3.8 und 5.1 vor. Und die beantragten Empfehlungen an die Adresse der «Handelszeitung» lägen ausserhalb der Kompetenzen des Presserates. Gegendarstellungen seien auf gerichtlichem Weg zu erwirken, Entschuldigungen könne der Presserat nicht anordnen.
Die «Handelszeitung» räumt in ihrer Antwort im Einzelnen ausdrücklich ein, dass der BF zu den Vorwürfen in Bezug auf die Kosten des Museums nicht angehört worden sei, macht aber geltend, das sei «angesichts fehlender Vorwürfe an die Adresse des Beschwerdeführers» auch nicht nötig gewesen. Was das vom BF geltend gemachte fehlende öffentliche Interesse an einer Berichterstattung über die Kosten des Museums betrifft, treffe das Gegenteil zu: Angesichts der laufenden Strafuntersuchung und der globalen Bedeutung der Fifa bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Berichterstattung über deren Finanzgebaren.
Was die einzelnen, vom BF als falsch kritisierten Punkte angeht, so insistiert die «Handelszeitung» aufgrund ihrer Recherchen auf den Gesamtkosten des Umbaus und der damit verbundenen Extras von 176 Millionen Franken. Das Gegenteil sei nicht belegt worden. Auch der laut Artikel als fragmentarisch und unvollständig beschriebene Businessplan entspreche – immer laut der BG – den Tatsachen, der BF behaupte zwar das Gegenteil, belege es aber nicht. Zu den im Artikel als nicht seriös geschilderten Vereinbarungen der Fifa mit der Swiss Life hinsichtlich der Miete des Museums macht die BG geltend, sie habe den eben doch (per Nachtrag) auf dreissig Jahre angelegten Mietvertrag selber vorliegen gehabt. Die Darlegungen des BF hinsichtlich des Erwerbs und späteren Verkaufs des Hotels Ascot träfen ebenfalls nicht zu. Der vom BF geltend gemachte Gewinn beim Verkauf des Hotels ergebe sich nur, weil der BF die Wertberichtigung des zuvor auf Null abgeschriebenen Hotels ausblende. Schliesslich seien die Zahlen zu den gesamten Projektkosten von insgesamt über 600 Millionen ebenfalls korrekt. Dass dabei auch die fünf Millionen Franken Planungskosten für den nicht realisierten Umbau am Zürichberg mitgerechnet worden seien, könne nicht kritisiert werden, das seien Kosten des Gesamtprojekts «Fifa-Museum» mit all seinen Mängeln und «irrwitzigen» Kosten. Zu all diesen Punkten wiederholt die BG mehrfach, dass es hier um Fehlleistungen der Fifa als Ganzes gehe, der BF selber sei von den Vorhaltungen nicht betroffen.
Zum Vorwurf der nicht erfolgten Gegendarstellung (Ziffer 5 der «Erklärung» bzw. Richtlinie 5.1) stellt die BG fest, dass die Bereitschaft dazu grundsätzlich durchaus bestanden habe, sie verweist dabei auf einen entsprechenden Hinweis in einem Mail des Autors und Chefredaktors Barmettler, macht aber geltend, dass in concreto kein Anspruch auf Gegendarstellung existiert habe und auch keine Anfrage, die den dafür erforderlichen Anforderungen genügt hätte.
E. Am 12. April 2022 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Max Trossmann, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin. Susan Boos trat von sich aus in den Ausstand.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 20. Juni 2022 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Was die verschiedenen, vom BF als falsch bezeichneten Tatsachendarstellungen im Artikel betrifft, so steht in den meisten Fällen Aussage gegen Aussage. Da der Presserat keine Möglichkeit der Beweismittelerhebung besitzt und seine Stellungnahmen ausschliesslich auf die einmaligen Ausführungen der beiden Parteien abstützt, kann er hier nicht zu einem abschliessenden Urteil über den jeweiligen Wahrheitsgehalt kommen. Allerdings ist der «Handelszeitung» insofern zuzustimmen, als einige der Feststellungen des BF wohl leicht hätten belegt werden können. So hätte das fragliche Excel-Blatt, welches unbestrittenermassen als Businessplan gedient haben soll, vermutlich ebenso problemlos vorgelegt werden können wie etwa der Mietvertrag, von welchem der BF sagt, er sei auf 20 Jahre mit Option für weitere 10 ausgestellt gewesen, die BG insistiert, gesehen zu haben, dass er auf 30 Jahre lautet. Ob der Wahrheitssuche (Ziffer 1 der «Erklärung» bzw. Richtlinie 1.1) Genüge getan wurde, muss offenbleiben.
2. Gleiches gilt für die vom BF unter die Ziffer 3 der «Erklärung» subsumierten Sachverhalte, die Dauer des Mietverhältnisses und die nicht erwähnten 26 Wohnungen und deren Einkünfte. Diese letzteren wären zwar durchaus der Erwähnung wert gewesen, deren Weglassung würde aber – angesichts der schieren finanziellen Dimensionen des Falles – kaum einen vollwertigen Verstoss gegen die Ziffern 1 oder 3 der «Erklärung» konstituieren, sondern allenfalls einen handwerklichen Fehler im Sinne der Praxis des Presserats. Aber auch hier steht in entscheidenden Punkten Aussage gegen Aussage.
Ein Verstoss gegen die Richtlinie 1.1 (Wahrheitssuche) und 3.1 (Quellenbearbeitung) der «Erklärung» ist entsprechend nicht erstellt.
3. Was die Anhörungspflicht (Richtlinie 3.8) betrifft, so macht der Beschwerdeführer geltend, er sei vor der Publikation des Berichtes von der Beschwerdegegnerin nie kontaktiert worden, um ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die im Bericht erhobenen Vorwürfe wögen bereits mit Blick auf die im Bericht erwähnte Strafanzeige der Fifa wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung äusserst schwer, werde doch damit dem Beschwerdeführer unterstellt, er habe ein Verbrechen begangen.
Die «Handelszeitung» stellt sich in ihrer Beschwerdeantwort auf den Standpunkt, der Beschwerdeführer sei nicht befragt worden, denn er sei gar nicht betroffen von den schweren Vorwürfen, zu denen er allenfalls hätte befragt werden müssen. Diese richteten sich sämtlich gegen die Fifa als Ganzes. Die Redaktion schreibt in ihrer Stellungnahme: «Selbstverständlich ist der Beschwerdeführer nicht persönlich betroffen, wenn man über die Ausgaben der Fifa für ein Museum und die fragwürdigen Vorgänge bei Planung und Umsetzung berichtet.» Im gleich folgenden Abschnitt, wo es darum geht, ob Blatter hätte genannt und abgebildet werden dürfen, schreibt sie: «Er war jahrelang Präsident der Fifa und hat das Museumsprojekt ganz und gar unbestritten gewollt. Als Person der Zeitgeschichte und von einer Strafanzeige Betroffener muss er sich eine Berichterstattung gefallen lassen, ohne daraus etwas gegen die Beschwerdegegnerin ableiten zu können. Der Umstand, dass die Fifa ihren eigenen ehemaligen Präsidenten anzeigt, ist Anlass genug, über den Beschwerdeführer zu berichten.»
Der Presserat stimmt der zweiten Bemerkung zu, ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung ist ohne Zweifel gegeben, dass die Fifa rechtlich ein privater Verein ist, spielt dabei angesichts ihrer weltumspannenden Funktion und ihrer Milliardenumsätze keine Rolle. Nur wird damit die erste Annahme illusorisch. Selbstverständlich richten sich die Vorwürfe im Artikel – zum Teil explizit, vielfach implizit – gegen diesen obersten Verantwortungsträger Blatter, der dieses laut «Handelszeitung» «irrwitzig teure» und sehr schlecht umgesetzte Projekt selber unbedingt gewollt und durchgesetzt hat. Spätestens dort, wo die «Handelszeitung» schreibt, dass Blatter die Verlegung des geplanten Museums vom Zürichberg in die Liegenschaft in der Enge aufgrund seiner eigenen Karrierepläne durchgesetzt (und damit die ganzen behaupteten Fehler ausgelöst) habe, wird Blatter zum «Betroffenen schwerer Vorwürfe», wie sie die Richtlinie 3.8 umschreibt. Und dass die Vorwürfe schwer sind, steht ohne Frage fest, der Presserat umschreibt «schwere Vorwürfe» mit «illegalem oder vergleichbarem Verhalten». Hier geht es um Straftatbestände, also um den Vorwurf illegalen Verhaltens. Das heisst, der BF musste zu den Vorwürfen befragt werden.
Die «Handelszeitung» macht geltend, da sich der Vorwurf in Bezug auf die Kosten des Museums nicht gegen Blatter persönlich richte, sei eine Befragung diesbezüglich nicht nötig gewesen.
Der Artikel selber hingegen spricht in Bezug auf die Strafanzeige der Fifa davon, Sepp Blatter lasse zum Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung (der sich aus der Mehrzahl der hier geschilderten Elemente zusammensetzen muss) über seinen Anwalt ausrichten, «er bestreite sämtliche Vorwürfe». Das heisst, Blatter als ein von schweren Vorwürfen Betroffener ist um eine Stellungnahme zum Kern der Vorwürfe gebeten worden. Er hatte die Gelegenheit aber nur zu einer pauschalen Antwort, zum Bestreiten aller Vorwürfe, genutzt, und er wurde entsprechend zitiert. Die Richtlinie 3.8 wurde insofern nicht verletzt.
4. Was die allfällige Verletzung der Ziffer 5 (Berichtigung) der «Erklärung» betrifft, so macht der BF geltend, ihm sei eine Gegendarstellung zu Unrecht verweigert worden. Die Rechtsfragen um die Gegendarstellung betreffen die Auslegung und Anwendung von Art. 28 ZGB und können nur gerichtlich geklärt werden. Dass offensichtliche Unwahrheiten vorgelegen haben, welche eine unverzügliche Richtigstellung gemäss Ziffer 5 der «Erklärung» gerechtfertigt hätten, ist – wie unter Erwägung 1 und 2 dargelegt – nicht belegt.
Ebenso wenig kann der Presserat der beantragten Anweisung an die Redaktion, sich zu entschuldigen, nachkommen. Weisungen an die Redaktionen liegen nicht in der Kompetenz des Presserates. Die Ziffer 5 (Berichtigung) der «Erklärung wurde nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Die «Handelszeitung» hat mit dem Artikel «Blatters Multi-Millionen-Geschenk» vom 14. Oktober 2021 die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Anhörung) und 5 (Berichtigung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.