I. Sachverhalt
A. Am 28. September 2018 gab der «Beobachter» das Sonderheft «Beobachter Extra» heraus. Es trägt den Titel «Wohlig warm – was es braucht, damit ihr Heim gemütlicher wird». Darin publizierte die Redaktion einen Artikel mit dem Titel «Das sind Aussichten!». Im Lead heisst es: «Fensterwechsel. Wenn es drinnen zieht, müssen neue Fenster her. Sie erhöhen den Wohnkomfort – und senken den Energieverbrauch um bis zu einen Drittel». Der Artikel von Reto Westermann ist eine Sammlung von Ratschlägen für Leute, die beabsichtigen, in ihrem Zuhause neue Fenster einzubauen. Dabei geht der Text auf diverse Punkte wie Zeitpunkt des Fensterwechsels, Materialwahl, Höhe der Kosten und Vorzüge eines moderneren Fensters ein. Ausserdem sind auf der dritten und letzten Seite des Artikels zwei Grafiken abgebildet, auf denen die einzelnen Komponenten eines Fensterrahmens inklusive der Verglasung zu sehen sind. Dazu ein Textkasten: «Fenster wechseln – so gehts».
Auf Seite 3 des Sonderhefts ist eine Vorschau auf den Artikel zum Fensterwechsel abgedruckt. Dabei heisst es, der Artikel sei «in Zusammenarbeit mit dem Fensterspezialisten 4B AG» entstanden. Auf Seite 21 ist deklariert, der Schwerpunkt Wärme sei «vom Fensterspezialisten 4B AG unterstützt» worden. Der Inhalt liege in der Verantwortung der Redaktion des «Beobachter».
B. Am 5. November 2018 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel im «Beobachter»-Sonderheft «Beobachter Extra» vom 28. September 2018 ein. Er macht eine Verletzung von Ziffer 10 (Vermeiden kommerzieller Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») geltend. Weiter regt X. an, Verstösse gegen die Ziffern 9 (Vorteilsannahme) und 11 (journalistische Weisungen) zu prüfen. X. kritisiert, der Unterschied zwischen redaktionellem Teil und Werbung sei im betroffenen Sonderheft nicht klar erkennbar. Der Beschwerdeführer verlangt insbesondere konkrete Informationen zur erwähnten Zusammenarbeit zwischen der Redaktion und dem Fensterspezialisten und Informationen zu den Kosten fürs Inserat auf der hinteren Umschlagseite des Sonderhefts. Ausserdem fragt er nach dem Grund, weshalb keine andere Fensterbaufirma ein Inserat geschaltet hat.
X. ist der Ansicht, mit dem Artikel geschehe eine «unzulässige Manipulation des Lesers». Andere Beiträge im Heft seien eindeutig als Publireportage gekennzeichnet, der Artikel zum Fensterwechsel hingegen nicht. Gleichzeitig seien in Letzterem einige Passagen fast identisch mit den Werbebotschaften in den publizierten Inseraten des Fensterspezialisten. Der Artikel in Kombination mit den Inseraten in den «Beobachter»-Ausgaben vom 28. September 2018 hebe laut X. die Vorzüge der 4B AG hervor, ohne deren Nachteile oder die Vorteile anderer Anbieter zu erwähnen. Der Beschwerdeführer kritisiert, die Redaktion des «Beobachter» betreibe durch die Publikationen und das Platzieren der Inserate Schleichwerbung für den Fensterspezialisten 4B.
C. Am 24. Januar 2019 reichte die anwaltlich vertretene Redaktion des «Beobachter» ihre Beschwerdeantwort ein. Sie vertritt den Standpunkt, durch die Deklaration der Zusammenarbeit mit dem Fensterspezialisten seien die Leserinnen und Leser ausreichend aufgeklärt. Gerade wegen der expliziten Publikation der Partnerschaft handle es sich nicht um Schleichwerbung. Weil der beanstandete Artikel zum Fensterwechsel und die weiteren gerügten Inhalte in einer Beilage erschienen sind, erachtet die Beschwerdegegnerin ihr Vorgehen als legitim. Der Verfasser des Artikels sei ein ausgewiesener Fachmann. Eine übers ganze Heft andauernde Hinlenkung der Leser hin zum Fensterspezialisten bewertet der «Beobachter» als subjektive Interpretation des Beschwerdeführers. Sie sei medienethisch irrelevant. Die Beschwerdegegnerin ist zudem der Ansicht, die Höhe des Unterstützungsbeitrags gehe den Beschwerdeführer nichts an.
Die Vorwürfe bezüglich allfälliger Verstösse gegen die Ziffern 9 und 11 habe X. nicht begründet, weshalb der «Beobachter» dafür plädiert, darauf nicht weiter einzugehen. Aufgrund aller aufgeführten Gründe beantragt die Beschwerdegegnerin, die Beschwerde abzuweisen.
D. Am 1. März 2019 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Presseratspräsidium behandelt, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann.
E. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 24. Februar 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Ziffer 10 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie in ihrer beruflichen Tätigkeit jede Form von kommerzieller Werbung vermeiden und von Seiten der Inserentinnen und Inserenten keinerlei Bedingungen akzeptieren. Gemäss Richtlinie 10.1 muss Werbung als solche oder durch andere dem Publikum geläufige Begriffe deklariert werden. Richtlinie 10.2 verpflichtet Journalistinnen und Journalisten, bei gesponserten Medienberichten den Namen des Sponsors transparent zu machen und die freie Themenwahl durch die Redaktion zu wahren.
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, in der Beilage mit dem Schwerpunkt Wärme habe die Redaktion des «Beobachter» diese Pflicht im Grundsatz missachtet und Schleichwerbung für den Fensterspezialisten 4B AG betrieben. Der «Beobachter» weist den Vorwurf zurück. Erstens betreffe die Beschwerde eine Beilage, die klar als solche erkennbar sei. Zweitens sei die Partnerschaft mit dem Fensterspezialisten schon in der Bildlegende neben dem Editorial deutlich hervorgehoben. Weiter werde auf Seite 21 nochmals ausdrücklich auf die Kooperation hingewiesen. Die Redaktion habe dadurch in angemessener Weise auf die kommerziellen Inhalte aufmerksam gemacht.
Aus Sicht des Schweizer Presserats hat die Redaktion des «Beobachter» den kommerziellen Einfluss in der betroffenen Beilage ausreichend erläutert. Der Name des Sponsors ist genannt, die Leserinnen und Leser werden nicht irregeführt. Die freie Wahl und Bearbeitung der Themen in der Beilage durch die Redaktion beurteilt der Presserat als nicht beeinträchtigt. Die Redaktion hat Ziffer 10 respektive Richtlinie 10.2 zur «Erklärung» nicht verletzt.
2. Der Beschwerdeführer regt an, mögliche Verstösse gegen Ziffern 9 (Vorteilsannahme) und 11 (journalistische Weisungen) der «Erklärung» zu prüfen. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, die Vorwürfe seien nicht begründet und deshalb sei darauf nicht einzugehen. Der Schweizer Presserat teilt diese Ansicht.
III. Feststellungen
1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.
2. Der «Beobachter» hat mit der Beilage «Beobachter Extra» mit dem Titel «Wohlig warm – was es braucht, damit ihr Heim gemütlicher wird» die Ziffer 10 (kommerzielle Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.