Nr. 19/2005
Fehlende Beschwerdebegründung

(X. c. «Tages-Anzeiger» / «Tagblatt der Stadt Zürich») Stellungnahme des Presserates vom 20. Mai 2005

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I. Sachverhalt

A. Am 8. Dezember 2004 berichteten der «Tages-Anzeiger» («Wenn der Nachbar mit dem Pickel kommt») und das «Tagblatt der Stadt Zürich» («Nachbarkrach in Albisrieden: Senior griff zum Vorschlaghammer») über eine Verhandlung vor dem Bezirksgericht Zürich. Gegenstand des Strafprozesses war ein Nachbarschaftsstreit, in dessen Verlauf gemäss der Anklageschrift der Bezirksanwaltschaft ein 75-jähriger Rentner den Parkplatz seines Nachbarn zerstört und diesen beschimpft und bedroht hatte.

B. Am 15. Dezember 2004 veröffentlichte der «Tages-Anzeiger» unter dem Titel «Detektiv attackiert Katzenfreunde» einen Bericht über einen Zusammenstoss zwischen einem Detektiv und einem Ehepaar, dass jahrelang «wilde Büsi in einem privaten Park in Herrliberg gefüttert» habe.

C. Anfangs Januar 2005 sandte X. Auszüge der oben unter A. und B. erwähnten Medienberichte samt seinen persönlichen, teils ehrverletzenden, Kommentaren zur «Tamedia-Hetze» dem Presserat zu. Sinngemäss warf der Beschwerdeführer den beiden Redaktionen vor, wider besseres Wissen die aktenkundig falschen Vorwürfe der Justiz wiederholt zu haben, statt diese entsprechend ihrer journalistischen Pflicht als «haltloses Geschwätz» zu bezeichnen.

D. Am 12. Januar 2005 forderte das Presseratssekretariat den Beschwerdeführer auf, seine Beschwerde gemäss den Vorgaben von Art. 8 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates zu begründen und insbesondere auch vollständige Kopien der beanstandeten Medienberichte einzureichen.

E. Mit Schreiben vom 31. Januar 2005 teilte X. dem Presserat mit, es sei für ihn «unverständlich bis unzumutbar», dass er «eine Sache, die derart klar ist, noch begründen solle». In offensichtlich allgemein bekannten Fällen müsste ein blosser Hinweis genügen, damit der Presserat von sich aus tätig werde.

F. Gemäss Art. 9 Abs. 3 des Geschäftsreglements des Schweizer Presserates sind offensichtlich unbegründete Beschwerden durch das Presseratspräsidium zurückzuweisen. Dasselbe gilt für Beschwerden, bei denen es an einer Voraussetzung mangelt, um darauf einzutreten.

G. Das Presseratspräsidium bestehend aus dem Presseratspräsidenten Peter Studer und den beiden Vizepräsidentinnen Sylvie Arsever und Esther Diener-Morscher hat die vorliegende Stellungnahme per 20. Mai 2005 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Ausgehend von Art. 6 seines Geschäftsreglements wird der Presserat auf Beschwerde hin (Abs. 1) oder ausnahmsweise – mit Mehrheitsbeschluss des Presseratsplenums – aus eigener Initiative tätig (Abs. 2). Das Presseratsplenum hat dazu an seiner Sitzung vom 28. Februar 2003 folgende Grundsätze verabschiedet: Der Presserat greift einen Sachverhalt nur dann aus eigener Initiative aus, wenn er ein berufsethisch relevantes Thema generell aufarbeiten will, wenn ein Fall eine grosse Zahl von Medien betrifft oder bei aktuellen Einzelfällen, die in der öffentlichen medienethischen Diskussion auf grosse Aufmerksamkeit stossen. Hingegen greift er Einzelfälle nicht von sich aus auf, bei denen die Einreichung einer Beschwerde und die Ausarbeitung einer Beschwerdebegründung zwar möglich und zumutbar wäre, die Betroffenen aber darauf verzichten. Bei den beanstandeten Berichten von «Tages-Anzeiger» und «Tagblatt der Stadt Zürich» sind die Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2 des Geschäftsreglements offensichtlich nicht erfüllt.

2. Gemäss Art. 8 des Geschäftsreglements sind Beschwerden zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss den massgeblichen Sachverhalt enthalten und zudem angeben, welche Punkte der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» aus Sicht des Beschwerdeführers durch den beanstandeten Medienbericht verletzt worden sind. Mit der Beschwerdebegründung ist weiter eine Kopie des beanstandeten Medienbeitrags einzureichen. Nachdem der Beschwerdeführer trotz entsprechender Aufforderung durch das Presseratssekretariat weder die einverlangte Beschwerdebegründung noch vollständige Kopien der beanstandeten Medienberichte nachgereicht hat, kann der Presserat auf die Beschwerde nicht eintreten.

III. Feststellung

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.