Nr. 63/2011
Illustrationen

(X. c. «20 Minuten Online») Stellungnahme des Schweizer Presserates vom 23. Dezember 20

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I. Sachverhalt

A. Am 5. November 2011 veröffentlichte «20 Minuten Online» eine Bildzusammenstellung von Senta Keller mit dem Titel: «Karriere-Killer. Männer zwischen Macht, Gewalt und Sex». Gezeigt werden die Köpfe von Dominique Strauss-Kahn, Jörg Kachelmann, Julian Assange und Herman Cain. Der zugehörige Kurztext lautet: «Der Republikaner Herman Cain ist auf dem Weg ins Weisse Haus über Sex-Vorwürfe gestolpert. Er ist nicht der erste. Die Kombination Sex, Gewalt und Macht scheint sich zu häufen.»

B. Am 7. November 2011 beschwerte sich X. beim Presserat über «die Bildzusammenstellung inkl. Untertitelung, mit Herrn Kachelmann und drei anderen weltweit prominenten (…) Männern, denen Sexualdelikte vorgeworfen werden.» Die Bildgestaltung und die zugehörige Untertitelung suggeriere der Leserschaft, Jörg Kachelmann stehe mit dem Terminus «Männer zwischen Macht, Gewalt und Sex» in Zusammenhang und er sei ein Sexualstraftäter «wie die anderen drei abgebildeten mutmasslichen Sexualstraftäter. Eklatant und wider besseres Wissen wird hier Herr Kachelmann rufschädigend mit anderen mutmasslichen und weltbekannten Sexualstraftätern abgebildet, obschon Herr Kachelmann rechtsgültig freigesprochen wurde und unschuldig ist.»

Mit dem beanstandeten Bericht habe «20 Minuten Online» die Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Unterschlagung/Entstellung von Informationen), 7 (sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen) und 8 (Menschenwürde/Diskriminierung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sowie die Richtlinie 3.4 zur «Erklärung» (Illustrationen) verletzt.

C. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Esther Diener-Morscher und Vizepräsident Edy Salmina, hat die vorliegende Stellungnahme per 23. Dezember 2011 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gemäss Artikel 10 Absatz 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf offensichtlich unbegründete Beschwerden ein.

2. Sämtliche Rügen des Beschwerdeführer beruhen auf der von ihm aufgestellten These, «20 Minuten» vermittle mit seiner Bildauswahl, den Titeln und dem zugehörigen Text den wahrheitswidrigen Eindruck, Jörg Kachelmann sei – trotz rechtskräftigem Freispruch – ein Sexualstraftäter.

Nach Auffassung des Presserats ist diese These offensichtlich unhaltbar und die Beschwerde von X. damit gegenstandslos. Den vier von «20 Minuten» abgebildeten Prominenten ist gemeinsam, dass sie wegen Sexvorwürfen in der Öffentlichkeit standen oder stehen. Gemäss Kenntnisstand des Schweizer Presserats ist jedoch (bisher) keiner der vier in diesem Zusammenhang strafrechtlich verurteilt. Ebenso wenig behauptet dies Senta Keller im beanstandeten Bericht. Vielmehr thematisiert sie den – keineswegs neuen und auch im Fall von Jörg Kachelmann unbestrittenen – Zusammenhang, wonach sich Sexvorwürfe  ungeachtet ihres Wahrheitsgehalts für Prominente immer wieder als Stolperstein entpuppen. Diesen Zusammenhang darf «20 Minuten Online» bei Jörg Kachelmann auch nach dem im Mai 2011 rechtskräftig gewordenen Freispruch weiterhin thematisieren.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.