I. Sachverhalt
A. Am 12. März 2013 veröffentlichten der «Tages-Anzeiger» (Titel: «Wenn Apparatschiks die Schweizer Wirtschaft vertreten») und «Der Bund» (Titel: «Apparatschiks im Wirtschaftsverband») eine Kolumne des ehemaligen Preisüberwachers und SP-Nationalrats Rudolf Strahm. Darin vertritt der Kolumnist die These, das Hauptproblem des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse sei es, «dass nicht Wirtschaftsführer, sondern Apparatschiks ohne praktischen Erfahrungshintergrund die Wirtschaft vertreten». So gebe sich Economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta als «Sprecher der Wirtschaft» obwohl er ausser als Praktikant nie in der Wirtschaft gearbeitet habe. Und Economiesuisse-Funktionär «X. wurde im Bundesamt für Energie zweimal nicht befördert und rächt sich seither mit Nadelstichen gegen das Bundesamt». In der bundesrätlichen Energiepolitik habe Economiesuisse bislang jede Energiepolitik hintertrieben, «verbog die von ihm bestellte KOF/ETH-Studie zu einer Abrechnung gegen das Departement Leuthard. Laut Insidern folgen die Funktionäre mit ihrer obstruktiven Linie den beiden gut zahlenden Mitgliedkonzernen Axpo und Alpiq, während die Energiebranchen rund um die Cleantech-Industrien, erneuerbaren Energien und Gebäudetechnik mit Tausenden von Firmen schlicht ignoriert werden.»
B. Am 10. April 2013 beschwerte sich X. beim Schweizer Presserat über die obengenannte Kolumne. Als stellvertretender Bereichsleiter bei der Geschäftsstelle von Economiesuisse in Zürich sei er Mitglied des Kaders des Wirtschaftsdachverbands. Im Gegensatz zu Direktor Gentinetta sei er aber keine Person von öffentlichem Interesse. Nach Auffassung des Beschwerdeführers haben die Redaktionen von «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» mit der Veröffentlichung des beanstandeten Texts die Richtlinien 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) und 7.2 (Identifizierung) zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt. Rudolf Strahm werfe ihm eine «obstruktive Linie» und das «Verbiegen» einer KOF/ETH-Studie vor. Vor derartigen Vorwürfen hätte er angehört werden müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Und weder die Angabe seines Namens noch sonstige Angaben, «wie die – wenn auch falsche – Behauptung, ich sei nach zweimaliger Nichtbeförderung zu Economiesuisse geflüchtet, gehören in die Presse».
C. Gemäss Art. 12 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.
D. Das Presseratspräsidium, bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann, hat die vorliegende Stellungnahme per 14. Juni 2013 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Gemäss Artikel 10 Absatz 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn diese offensichtlich unbegründet erscheint.
2. Gemäss der Praxis des Presserates erstreckt sich die berufsethische Verantwortung der Redaktionen zwar auch auf die Veröffentlichung von Kolumnen. Ähnlich wie bei Leserbriefen (vgl. dazu die Richtlinie 5.2 zur «Erklärung») müssen Redaktionen bei Kolumnen aber nur dann redigierend eingreifen, wenn berufsethische Normen in offensichtlicher Weise verletzt sind (vgl. dazu zuletzt die Stellungnahme 51/2012).
3. Gestützt auf die Richtlinie 3.8 zur «Erklärung» sind Journalistinnen und Journalisten verpflichtet, Betroffene vor der Publikation schwerer Vorwürfe anzuhören. Gemäss der Praxis des Presserates gilt ein Vorwurf insbesondere als schwer, wenn er dem Betroffenen ein illegales oder damit vergleichbares Verhalten unterstellt (Stellungnahme 19/2013).
Für den Presserat bewegt sich die Kritik Strahms an den energiepolitischen Positionen im Rahmen des üblichen politischen Meinungskampfs. Weder der Vorwurf der einseitigen Interpretation einer bestellten Studie noch derjenige, die Funktionäre von Economiesuisse verfolgten eine «obstruktive Linie» wiegen für den Presserat schwer genug, dass die Redaktion hätte redigierend eingreifen und gegebenenfalls den Beschwerdeführer vor der Publikation hätte anhören sollen.
4. Gemäss der Ziffer 7 zur «Erklärung» respektieren die Medienschaffenden «die Privatsphäre der einzelnen Personen, sofern das öffentliche Interesse nicht das Gegenteil verlangt». Die zugehörige Richtlinie 7.2 (Identifizierung) verlangt, dass die Medienschaffenden «die beteiligten Interessen (Recht der Öffentlichkeit auf Information, Schutz der Privatsphäre) sorgfältig» abwägen. Eine identifizierende Berichterstattung ist zulässig, «sofern die betroffene Person ein politisches Amt beziehungsweise eine staatliche oder gesellschaftlich leitende Funktion wahrnimmt und der Medienbericht damit im Zusammenhang steht».
Vorliegend führt der Beschwerdeführer selber aus, dass er als stellvertretender Bereichsleiter der Geschäftsstelle von Economiesuisse in Zürich zum Kader des Wirtschaftsdachverbands gehört. Die beanstandete Kolumne bezieht sich zudem auf diese Tätigkeit. Vor allem aber tritt der Beschwerdeführer als Energieexperte von Economiesuisse regelmässig öffentlich auf und äussert sich in dieser Funktion auch in den Medien. Entsprechend ist es berufsethisch zulässig, seinen Namen im Kontext mit seiner beruflichen Tätigkeit zu nennen.
III. Feststellung
Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.