Nr. 13/2015
Löschen eines Online-Kommentars

(X. c. «Tages-Anzeiger») Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 4. Mai 2015

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I. Sachverhalt

A. Der «Tages-Anzeiger» publizierte am 5. April 2014 im Leserforum einen Text des Ombudsmanns der Tamedia, Ignaz Staub, unter dem Titel «Nichtssagende Rechthaberei». Ignaz Staub bezieht sich darin auf das Sprichwort «Allen Leuten Recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann» und führt aus, entgegen der Ansicht von einigen Lesern mutierten Journalisten nicht einfach zu Revolverhelden. Es gebe sehr wohl Redaktionen, die sich um ausgewogene Berichterstattung oder faires Feedback bemühten. So sei im Newsnet des «Tages-Anzeiger» beispielsweise die Kommentarfunktion zu einem Artikel über Martin Heidegger gesperrt worden. Die Redaktion habe dies mit der Erfahrung begründet, dass sich bei Themen wie Nationalsozialismus oder Antisemitismus häufig Leute zu Wort meldeten, deren Reaktionen unter die Gürtellinie zielten. Ein Leser hatte diese Massnahme mit dem Vorwurf an den Autor des Artikels über Heidegger kritisiert, dieser sei eine Mimose. Ignaz Staub stellte in seinem Text fest, dass die Massnahme nichts mit Mimosenhaftigkeit zu tun habe, sondern mit Professionalität. Er verweist auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der feststellt, dass Onlineportale rechtlich für alles verantwortlich zeichnen, was sie veröffentlichen.

B. Am 3. Oktober 2014 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde ein. Der Text unterstelle ihm «nichtssagende Rechthaberei», weil er die Löschung seines Online-Kommentars zu dem Artikel angeprangert habe.

C. Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 verzichtete der Rechtsdienst der Tamedia AG auf eine formelle Beschwerdeantwort, da er die Beschwerde als offensichtlich unbegründet erachtet. Der «Tages-Anzeiger» bzw. dessen Ombudsmann habe dem Beschwerdeführer nirgends nichtssagende Rechthaberei vorgeworfen, letzterer sei im beanstandeten Text nicht einmal namentlich erwähnt.

D. Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

E. Das Presseratspräsidium bestehend aus Präsident Dominique von Burg, Vizepräsidentin Francesca Snider und Vizepräsident Max Trossmann hat die vorliegende Stellungnahme per 4. Mai 2015 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Gestützt auf Artikel 11 Absatz 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn diese offensichtlich unbegründet erscheint.

2. Der Titel der Kolumne «In eigener Sache» von Ignaz Staub lautet «Nichtssagende Rechthaberei». Darin kommt Staub zum Schluss, dass es, trotz aller Kritik, durchaus Redaktionen gibt, die sich um ausgewogene Berichterstattung oder faires Feedback bemühen. Als Beispiel nennt er die Sperrung der Kommentarfunktion zu einem Artikel über Martin Heidegger durch Newsnet und fügt die Begründung der Redaktion an. Worauf ein Leser dem Autor des Artikels vorgeworfen habe, eine Mimose zu sein, die keine Kritik ertrage. Dieser Leser, der mit dem Beschwerdeführer identisch ist, wird nicht namentlich genannt. Auch wird nirgends ein direkter Bezug zwischen dem Titel der Kolumne und dem (unbekannten) Leser hergestellt. Die Vorwürfe des Beschwerdeführers zielen deshalb ins Leere, die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet.

III. Feststellung

Der Presserat tritt nicht auf die Beschwerde ein.