Nr. 18/2018
Wahrheitspflicht / Unterschlagen wichtiger Informationen / Lauterkeit der Recherche

X. c. «Basler Zeitung» Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 21. Mai 2018

Drucken

Zusammenfassung

Rüge sowie «Freispruch» für «Basler Zeitung»

Die «Basler Zeitung» hat der Genderforscherin Franziska Schutzbach vorgeworfen, sie schreibe gegen die Meinungsfreiheit und rufe zum Boykott von Politikern auf. Der Schweizer Presserat sagt, die Zeitung habe diese Vorwürfe genügend belegt. Hingegen war die Behauptung falsch, Schutzbach habe ihre Dozentenstelle verloren. Für diese Aussage rügt der Presserat die «Basler Zeitung».
Wenn eine Hochschuldozentin in einem öffentlich zugänglichen Blog zu einem politischen Thema schreibt, dürfen Journalisten kritisch darüber berichten. Zudem hat die «Basler Zeitung» Schutzbach zu den Vorwürfen befragt und die entscheidende Passage aus Schutzbachs Antwort wörtlich im Artikel veröffentlicht. Damit hat die «Basler Zeitung» die Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen erfüllt.
Der Autor hat aber mit keinem Wort erwähnt, dass es sich beim Blog-Eintrag in grossen Teilen um ein Gedankenspiel handelte. Diese Information hätte dem Publikum geholfen, Schutzbachs Aussagen zu interpretieren. Der Journalisten-Kodex wurde damit aber nicht verletzt.
Eine zweite Beschwerde zum selben Thema kritisierte einen anderen Artikel der «Basler Zeitung». Der Presserat gibt dieser Beschwerde recht und stellt eine Verletzung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» fest. Der Titel «Schutzbach verliert Lehrauftrag» war falsch. Er beruht auf einem falsch wiedergegebenen Zitat. Richtig ist, dass kein Lehrauftrag entzogen worden ist, sondern schon länger festgestanden hatte, dass kein neuer erteilt wird.

Résumé

Blâme et «acquittement» pour la «Basler Zeitung»
La «Basler Zeitung» a reproché à Franziska Schutzbach, chercheuse sur la théorie du genre, d’être contre la liberté d’opinion et d’appeler au boycott d’hommes politiques. Le Conseil suisse de la presse indique que le journal a suffisamment étayé ses reproches. L’affirmation selon laquelle Franziska Schutzbach aurait perdu sa charge d’enseignement est par contre erronée. C’est pourquoi le Conseil de la presse blâme la «Basler Zeitung».
Quand une professeure d’université s’exprime dans un blog public sur un sujet politique, les journalistes sont autorisés à en parler en termes critiques. La «Basler Zeitung» a de plus entendu Franziska Schutzbach sur ces reproches et publié mot pour mot le passage décisif de sa réponse dans son article. Le journal a donc respecté son obligation d’entendre avant publication une personne faisant l’objet de reproches graves.
L’auteur a toutefois passé sous silence le fait que l’article du blog s’inscrivait en grande partie dans un jeu intellectuel. Cette information aurait aidé le public à interpréter les déclarations de Franziska Schutzbach. Il n’y a cependant pas eu atteinte au code de déontologie des journalistes.
Une seconde plainte sur le même sujet visait un autre article de la «Basler Zeitung». Le Conseil de la presse accepte celle-ci et constate une violation de la «Déclaration des devoirs et des droits du/de la journaliste». Le titre «Schutzbach verliert Lehrauftrag» (Franziska Schutzbach perd sa charge d’enseignement) était erroné. Il repose sur une phrase mal citée. En réalité, aucune charge d’enseignement n’a été retirée: il était clair depuis longtemps que cette charge ne serait pas renouvelée.

Riassunto

Rimprovero e «assoluzione» per la «Basler Zeitung»

La «Basler Zeitung» ha accusato la ricercatrice di genere Franziska Schutzbach di scrivere contro la libertà d’opinione e di chiedere il boicottaggio di politici. Il Consiglio svizzero della stampa afferma che il giornale ha dimostrato a sufficienza tali accuse. Invece, l’affermazione che Schutzbach avesse perso il suo posto di insegnante era falsa. Per questa dichiarazione, il Consiglio della stampa rimprovera la «Basler Zeitung».

Quando una docente universitaria scrive su un argomento politico in un blog accessibile al pubblico, ai giornalisti è permesso di riferire in modo critico. Inoltre, la «Basler Zeitung» ha interrogato Schutzbach circa le accuse e letteralmente pubblicato il passaggio decisivo dalla risposta di Schutzbach nell’articolo. Pertanto, la «Basler Zeitung» ha adempiuto al suo obbligo di ascoltare una persona in caso di addebiti gravi.
L’autore non ha menzionato, tuttavia, che la voce del blog era in gran parte un gioco di pensiero. Queste informazioni avrebbero aiutato il pubblico ad interpretare le dichiarazioni di Schutzbach. Tuttavia, questo non ha violato il codice giornalistico.

Un secondo reclamo sullo stesso tema ha criticato un altro articolo della «Basler Zeitung». Il Consiglio della stampa ha accolto la denuncia e ha constatato una violazione della «Dichiarazione dei doveri e dei diritti del giornalista». Il titolo «Schutzbach perde la posizione di insegnante» era sbagliato. Si basa su una citazione errata. E’vero che non è stata ritirata alcuna cattedra, ma da tempo era stato stabilito che non sarebbe stato rilasciato alcun nuovo incarico di insegnamento.

I. Sachverhalt

A. Vom 15. bis 28. November 2017 veröffentlichte die «Basler Zeitung» eine Reihe von Artikeln zur Genderforscherin Franziska Schutzbach. Die Artikel sind abgesehen von einer Ausnahme vom Journalisten Serkan Abrecht gezeichnet. Im Folgenden geht es insbesondere um den Artikel «Dozentin schreibt gegen die Meinungsfreiheit» mit dem Untertitel «Die Basler Soziologin Franziska Schutzbach möchte ihre politischen Gegner aus dem Alltag verdrängen» vom 15. November. Der Artikel befasst sich unter anderem mit Schutzbachs Blog-Eintrag «Sofortiger parlamentarischer Ungehorsam» vom 25. Mai 2016 auf ihrem eigenen Blog. Die anderen erwähnten Artikel: «Schutzbachs Idee ist total daneben» vom 16. November, «SVP fordert Entlassung von Franziska Schutzbach» vom 17. November, «Uni distanziert sich von Schutzbach» vom 24. November und «Schutzbach verliert Auftrag» vom 28. November 2017.

B. Am 1. Dezember 2017 wandte sich X. mit einer Beschwerde an den Schweizer Presserat. Abrecht habe mit der Artikelserie wissentlich unzutreffende Behauptungen über Schutzbach veröffentlicht mit dem Ziel, diese als Demokratie-feindin zu brandmarken und auf Basis dieser wahrheitswidrigen Darstellung aus dem Lehrbetrieb der Universität Basel zu drängen. Die «Basler Zeitung» sei der Wahrheitspflicht (Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten», nachfolgend «Erklärung») nicht nachgekommen.

Die Aussage im Titel «Dozentin schreibt gegen die Meinungsfreiheit» sei aus seiner Sicht unzutreffend, schreibt der Beschwerdeführer. Im Blog-Eintrag von Schutzbach, mit dem sich der Artikel vom 15. November 2017 befasst, handle es sich um Überlegungen und Vorschläge, die im Blog als «utopisches Gedankenspiel» bezeichnet würden. Als Beispiel zitiert er aus dem Blog: «Aber was wäre, wenn die einzelnen Parlamentarier_innen sich als Individuen ab sofort dazu entscheiden, diesen reaktionären Kräften sämtliche Legitimität abzusprechen, im Sinne eines Aktes zivilen Ungehorsams?» Schutzbach selber schreibe von einer «steilen Ansage», auf die sie selber keine Antwort habe, ob es der richtige Weg sei.
Unter dem Vorwurf der Verletzung der Wahrheitspflicht beschwert sich X. zudem über die Schutzbach zugeordnete Aussage, «die Schweizer Bürger müssten alle ‹rechtsnationalen› Politiker boykottieren». Schutzbach habe nie explizit Schweizer Bürger angesprochen und auch nicht zu einem Boykott aufgerufen. Sie habe lediglich auf die Möglichkeit hingewiesen, wirtschaftlichen Ungehorsam zu leisten.

Weiter sei die Behauptung der «Basler Zeitung» unzutreffend, Schutzbach beschreibe bei folgender Aussage nicht, um welchen Fehler es sich genau handle: «Wir können nicht jeden verdammten Fehler der Geschichte mehrmals machen». Vielmehr sei die Aussage im Blog eindeutig verlinkt.

Zudem unterstelle Abrecht Schutzbach, sie vergleiche Feminismuskritiker direkt mit Massenmördern. Die als Beleg zitierte Passage von Schutzbach geissle jedoch die Ideologie des Antifeminismus und nicht die Kritik des Feminismus.

Weiter bleibe Abrecht jeden Beleg für die Aussage schuldig, Schutzbach spreche anderen das Recht auf freie Meinungsäusserung ab.

Vor der Veröffentlichung des Artikels vom 15. November 2017 habe Abrecht von Schutzbach bereits Antworten auf die von der «Basler Zeitung» gestellten Fragen erhalten. Er zitiere ja bereits aus dieser Antwort. Abrecht habe aber alle anderen Aussagen aus Schutzbachs Antwort nicht erwähnt, obwohl diese zum Verständnis von deren Gedanken beigetragen hätten. Damit sei die «Basler Zeitung» Ziffer 3 der «Erklärung» (keine wichtigen Elemente von Informationen unterschlagen) nicht nachgekommen. Auch der Grundsatz von Ziffer 4 der «Erklärung», sich bei der Beschaffung von Informationen keiner unlauteren Methoden zu bedienen, sei zumindest tangiert.

In den weiteren Artikeln vom 16., 17., 24. und 28. November 2017 wiederhole die «Basler Zeitung» die nicht belegbaren und unzutreffenden Behauptungen, Schutzbach fordere, rechten Politikern das Maul zu verbieten, und diese zu boykottieren. Ebenso werde die tatsachenwidrige Aussage wiederholt, mit ihrem Blog-Eintrag habe Schutzbach den Politikern die Meinungsfreiheit und die politische Legitimität absprechen wollen.

C. Am 17. Januar 2018 beantragte Redaktor Serkan Abrecht im Namen der «Basler Zeitung», die Beschwerde sei zur Verbesserung zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführer keine konkreten Verstösse gegen den Journalistenkodex nenne, was es schwierig mache, eine präzise Stellungnahme abzugeben.

Am 23. Januar wies das Präsidium des Presserats den Antrag ab, da die Begründung der Beschwerdeschrift genügend sei.

D. In der Beschwerdeantwort vom 1. Februar 2018 wies Autor Abrecht die Vorwürfe des Beschwerdeführers zurück. In seinem Bericht vom 15. November 2017 stütze er sich auf Schutzbachs Blog-Eintrag von 2016 mit dem Titel «Sofortiger parlamen-tarischer Ungehorsam». Es sei seine Auffassung, dass Schutzbach ihre Aussagen als «Aufruf» und nicht als «Gedankensprung» gemeint habe. Sie würde diese «Gedanken» wohl nicht äussern, wenn sie nicht selbst hinter diesen stehen würde. Schutzbach selbst schreibe in ihrer Antwort auf die Anfrage der «Basler Zeitung» von einem «Aufruf»: «Der konkrete Blog-Eintrag von mir ist ein Aufruf an Individuen, nach ihrem ethischen Gewissen zu handeln und menschenfeindliche, rassistische Akteure zu boykottieren.»

Schutzbach habe tatsächlich nicht explizit von «Schweizer Bürgern» geschrieben. Sie habe aber gefordert, dass Parlamentarier Vorstösse/Referenden/Initiativen von Rechtsnationalen nicht bearbeiten sollten und dass Bürger deren politische Souveränität nicht anerkennen sollten. Deshalb sei «Schweizer Bürger» korrekt, da nur Schweizer Staatsbürger das Stimmrecht hätten.

Auf einen weiteren Vorwurf des Beschwerdeführers geht die «Basler Zeitung» nicht ein: Die Aussage, Schutzbach schreibe nicht, was sie mit Fehlern der Geschichte meine, sei falsch, denn die Stelle sei im Blog-Eintrag verlinkt.

Die «Basler Zeitung» weist den Vorwurf zurück, sie habe frei erfunden, dass Schutzbach Feminismuskritiker direkt mit Massenmördern vergleiche. Schutzbach nenne in einem Beitrag der Basler «Tageswoche» den Norweger Anders Breivik selbst als extremes Beispiel für Antifeminismus. Es werde mit keinem Satz behauptet, Schutzbach mache diesen Vergleich mit allen Feminismuskritikern. Zum Vorwurf, er, Abrecht, mache keinen Unterschied zwischen Feminismuskritikern und Antifeministen, schreibt der Beschwerdegegner, auch Antifeministen seien Kritiker des Feminismus. Deshalb sei die gewählte Formulierung korrekt.

Bei der Textpassage «Trotzdem gelte auch für Schutzbach das Recht auf freie Meinungsäusserung – auch wenn sie dieses anderen absprechen möchte», handle es sich nicht um eine Aussage des Autors, sondern auch im zweiten Satzteil um eine Aussage von Markus Schefer, Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel. Deshalb müsse sich der Beschwerdeführer an diesen wenden.

Zum Vorwurf, die «Basler Zeitung» habe die Antworten von Schutzbach nicht korrekt verwendet, erklärt der Beschwerdegegner: Er habe kurz nach acht Uhr morgens seine Fragen an Schutzbach geschickt mit der Angabe einer «Deadline» um 17 Uhr. Im Verlaufe des Nachmittags habe Schutzbach eine ausführliche Stellungnahme gesandt. Er habe Schutzbach darauf hingewiesen, dass in der Ausgabe vom nächsten Tag kein Platz für einen solch umfangreichen Text sei. Er habe sie gebeten, ein Zitat abzusegnen. Zudem habe er versucht, Schutzbach nach 17 Uhr telefonisch zu erreichen. Schutzbach habe sich erst in der Nacht wieder gemeldet. Schutzbachs Antworten seien in der Folgeausgabe vom 16. November 2017 unzensiert und unkommentiert abgedruckt worden.

E. Das Präsidium des Presserats wies den Fall der 3. Kammer zu. Diese setzt sich zusammen aus Max Trossmann (Kammerpräsident), Marianne Biber, Jan Grüebler, Barbara Hintermann, Seraina Kobler und Markus Locher.

F. Die 3. Kammer des Presserats behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 19. April 2017 und auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. a) Die Grunddifferenz der beiden Seiten bezieht sich auf die Interpretation des Blog-Eintrags von Schutzbach vom Mai 2016. Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, Schutzbach habe darin in Form eines Gedankenspiels lediglich gefragt, was geschehen würde, wenn rechte Politiker boykottiert würden. Die «Basler Zeitung» nimmt dagegen Schutzbachs Aussagen als Grundlage für einen Artikel, ohne in diesem zu erwähnen, dass der Blog in der Form eines Gedankenspiels geschrieben ist. Es ist zwar nicht die Aufgabe des Presserats, festzustellen, was Schutzbach mit ihrem Blog sagen wollte. Allerdings hat der Presserat aufgrund der Beschwerde zu prüfen, ob die «Basler Zeitung» den Inhalt des Blogs akkurat wiedergegeben hat. Und ob die Redaktion mit ihrer Berichterstattung den Journalistenkodex verletzt hat oder nicht.

Wenn eine Hochschuldozentin einen öffentlich zugänglichen Beitrag mit politischem Inhalt schreibt, können Journalisten diesen aufnehmen und über dessen Inhalt berichten. Sie müssen dabei aber den durch die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» vorgegebenen Sorgfaltspflichten nachkommen. Der Blog-Eintrag von Schutzbach ist in der Form eines Gedankenspiels aufgebaut. Das zeigen mehrere Formulierungen: «Aber was wäre, wenn …», «Jetzt mal als utopisches Gedankenspiel: …», «Das ist natürlich eine steile Ansage. Ich habe keine Antwort, ob das wirklich der richtige Weg wäre», «Aber ich stelle mir vor: …» und «Daneben gibt es natürlich auch Möglichkeiten des wirtschaftlichen Ungehorsams: …». Anderseits ist nicht klar, ob jede Aussage Teil dieses Gedankenspiels ist. Dies gilt insbesondere für den Titel «Sofortiger parlamentarischer Ungehorsam» und für den letzten Satz des Blog-Eintrags: «Es braucht eine kompromisslose Entscheidung der einzelnen, solche Politiker_innen, Parteien und deren Vorschläge nicht mehr zu akzeptieren, nicht mehr umzusetzen. Auch dann nicht, wenn diese gewählt wurden.» Zudem argumentiert Schutzbach in ihrer Antwort auf die Fragen der «Basler Zeitung» an keiner Stelle, dass es sich lediglich um ein Gedankenspiel handle. Sie spricht von «Zuspitzung» und von einem «satirischen Mittel», mit dem sie in ihrem Blog oft arbeite.

Schutzbach schreibt, dass sich ihr Aufruf an «Individuen» und «Einzelne» richtet. Aber auch das zieht sich nicht durch den ganzen Text. Auch Bundesämter, Richter, Parlamentarier, Schulleitungen usw. sind erwähnt. Amtspersonen dazu aufzurufen, bei ihrer Tätigkeit bestimmte Politiker zu boykottieren, hat eine wesentlich andere Qualität als ein Boykott-Aufruf an Privatpersonen.

Die «Basler Zeitung» hat, indem sie schreibt, Schutzbach schreibe gegen die Meinungsfreiheit und rufe zum Boykott von Politikerinnen und Politikern auf, die Wahrheitspflicht gemäss Ziffer 1 der «Erklärung» nicht verletzt.

Hätte die «Basler Zeitung» schreiben sollen, dass der Blog in der Form eines Gedankenspiels geschrieben ist? Dies hätte den Leserinnen und Lesern geholfen, die Aussagen von Schutzbach zu interpretieren. Der Presserat hat intensiv diskutiert, ob mit dieser Unterlassung die Ziffer 3 der «Erklärung» verletzt worden ist, in der es heisst, Journalisten «unterschlagen keine wichtigen Elemente von Informationen». Er ist zum Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist.

b) Vor der umstrittenen Textpassage, «Trotzdem gelte auch für Schutzbach das Recht auf freie Meinungsäusserung – auch wenn sie dieses anderen absprechen möchte», steht ein wörtliches Zitat von Markus Schefer, Ordinarius für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel. Für das Publikum ist deshalb klar, dass der erste in der indirekten Rede geschriebene Teil eine Aussage von Schefer ist. Dies gilt jedoch nicht für den zweiten, durch einen Gedankenstrich abgetrennten Teil. Da dieser im Präsens steht, ist für das Publikum nicht klar, ob die Aussage von Schefer stammt oder von Journalist Abrecht. Aus journalistisch-handwerklicher Sicht ist zu sagen, dass ein Zitat, das die Kernaussage des Artikels stützen soll, wortwörtlich zwischen Anführungs- und Schlusszeichen stehen sollte. Aus medienethischer Sicht ist die Aussage hingegen nicht zu beanstanden, da sie eine Kernaussage des Blogs aufnimmt, auch wenn nicht klar ist, wer diese geäussert hat.

Der Beschwerdeführer sieht weitere unwahre Äusserungen der «Basler Zeitung». Der Presserat beurteilt die Wahrheitspflicht damit jedoch nicht verletzt:

– Da Schutzbach politische Akteure und auch Stimmberechtigte in der Schweiz anspricht, kann die «Basler Zeitung» von «Schweizer Bürgern» schreiben.

– Die Aussage, «so vergleicht sie Feminismus-Kritiker direkt mit Massenmördern», ist ungenau. Da aber das Originalzitat von Franziska Schutzbach aus der «Tageswoche» direkt auf diese Aussage folgt, kann sich das Publikum selber ein Bild machen: «Was ist Antifeminismus? Ein extremes Beispiel ist der rechtsradikale Attentäter Anders Breivik, …»

– Die Behauptung des Journalisten, Schutzbach schreibe nicht, um welchen Fehler es sich bei der Aussage «jedem verdammten Fehler der Geschichte» handelt, ist gemäss den Unterlagen, die dem Presserat vorliegen, falsch. Die Stelle ist im Blog-Eintrag verlinkt. Da es sich aber um keine wichtige Information und auch um keinen schwerwiegenden Vorwurf handelt, ist der Journalistenkodex nicht verletzt.

– Die Wahrheitspflicht ist auch in den beanstandeten Artikeln «Schutzbachs Idee ist total daneben» vom 16. November, «SVP fordert Entlassung von Franziska Schutzbach» vom 17. November, «Uni distanziert sich von Schutzbach» vom 24. November 2017 nicht verletzt. Diese Berichte wiederholen einige Aussagen des Artikels vom 15. November, die weiter oben bereits behandelt worden sind. Bezüglich des Artikels vom 28. November 2017 verweist der Presserat auf seine Stellungnahme 19/2018.

2. Korrekterweise hat die «Basler Zeitung» Schutzbach eine Liste von Fragen mit den gegen sie erhobenen Vorwürfen geschickt. Schutzbach hat innerhalb der geforderten Frist geantwortet. Im Artikel ist aus dieser Antwort zitiert worden: «Es gibt einen Unterschied zwischen Meinungen, politischen Beiträgen zu öffentlichen Debatten und Wissenschaft. Ich möchte niemandem den Mund verbieten. Der konkrete Blogeintrag von mir ist ein Aufruf an Individuen, nach ihrem ethischen Gewissen zu handeln und menschenfeindliche rassistische Akteure zu boykottieren.» Damit übernimmt die «Basler Zeitung» aus der Antwort wesentliche Passagen zum Hauptvorwurf, Schutzbach wolle die Meinungsfreiheit von Politikern einschränken. Es ist auch die Antwort auf die konkrete Frage von Abrecht: «Ist es korrekt, dass Sie bestimmten Politikern den Mund verbieten möchten?» In der zur «Erklärung» gehörigen Richtlinie 3.8 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) heisst es, Stellungnahmen seien «im gleichen Medienbericht kurz und fair wiederzugeben». Die «Basler Zeitung» hat dies getan. Sie ist nicht verpflichtet, eine Antwort vollständig wiederzugeben. Im Übrigen hat die «Basler Zeitung» die Antworten Schutzbachs am nächsten Tag, dem 16. November 2017, in voller Länge abgedruckt.

3. Ziffer 4 (Unlautere Methoden bei der Beschaffung von Informationen) ist nicht tangiert.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. Die «Basler Zeitung» hat mit den Artikeln «Dozentin schreibt gegen die Meinungsfreiheit» vom 15. November 2017, «Schutzbachs Idee ist total daneben» vom 16. November 2017, «SVP fordert Entlassung von Franziska Schutzbach» vom 17. November 2017 und «Uni distanziert sich von Schutzbach» vom 24. November 2017 Ziffer 1 (Wahrheitspflicht), Ziffer 3 (Unterschlagen wichtiger Informationselemente) und Ziffer 4 (Unlautere Methoden bei der Beschaffung von Informationen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.