I. Sachverhalt
A. Am 28. September 2023 erschien in den «Obersee Nachrichten» ein Artikel mit dem Titel «Lokale Talente aus Rapperswil erobern die Finanzwelt als Goldsponsor der Lakers», gezeichnet mit «Marktinfo». Darin wird berichtet, in der Finanzszene von Rapperswil habe sich eine «bemerkenswerte Erfolgsgeschichte» entwickelt. Zwei Jungunternehmer aus Rapperswil, Q. und D., hätten Fidro, «einen prominenten unabhängigen Finanzvertrieb entwickelt, der darauf abzielt, die finanzielle Bildung und Stabilität der Gemeinschaft zu fördern». Doch dies sei noch nicht alles: Als neuer Goldsponsor des Eishockey-Clubs «Lakers» seien die beiden «an vorderster Front, um ihre Unterstützung für lokale Sport- und Gemeinschaftsinitiativen zu demonstrieren». Sie hätten in ihrem «ständigen Streben nach Innovation» auch «eine revolutionäre App eingeführt, die darauf abzielt, die Art und Weise zu verändern, wie Menschen ihre Finanzen verwalten». Die App biete nicht nur eine umfassende Übersicht über «Finanzpolicen», sondern vermittle auch wertvolles Finanz-Know-how durch interaktives Coaching. «Das Budgetplanungstool ermöglicht es den Nutzern, ihre Ausgaben zu optimieren und finanzielle Freiheit zu erreichen.» Die App biete auch die Möglichkeit, «ein Teil der finanziellen Revolution zu werden». Der Text endet mit der Feststellung, die Firma der beiden sei «mehr als nur ein Finanzvertrieb – die Firma ist eine Triebkraft für Wandel. (…) Fidro hat seinen Platz als Motor für eine erfolgreichere Zukunft gefunden.»
B. Am 6. Dezember 2023 reichte X. Beschwerde gegen den Artikel beim Schweizer Presserat ein. Der Beschwerdeführer macht Verstösse gegen die zur «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend: «Erklärung») gehörende Richtlinie 10.1 (Trennung redaktioneller Teil und Werbung) sowie Richtlinie 10.3 (Lifestyle-Berichte; Nennung von Marken und Produkten) geltend.
Zur Begründung einer Verletzung des Trennungsgebotes von redaktionellem Teil und Werbung zitiert der Beschwerdeführer zunächst die Passage «Mit dem ständigen Streben nach Innovation haben Q. und D. kürzlich eine revolutionäre App eingeführt, die darauf abzielt, die Art und Weise zu verändern, wie Menschen ihre Finanzen verwalten». Der Beschwerdeführer schreibt, diese Formulierung «trieft nur so vor PR-Sprech», der Inhalt sei klar werberisch und stehe damit für den gesamten Artikel. Die weitere Passage «Die Fidro-Gründer, die seit Jahren in der Finanzbranche tätig sind, haben sich zu einem prominenten unabhängigen Finanzvertrieb entwickelt, der darauf abzielt, die finanzielle Bildung und Stabilität ihrer Gemeinschaft zu fördern» belege, dass für die Leserschaft überhaupt nicht zu erkennen sei, dass es sich hier möglicherweise um einen bezahlten Artikel handle. Der reine Hinweis «Marktinfo» reiche dazu nicht aus.
Die Richtlinie 10.3 (Lifestyle-Berichte; Nennung von Marken und Produkten) sei verletzt mit unkritischen Sätzen und dem Anpreisen als Sensation wie der Passage: «Fidro ist mehr als nur ein Finanzvertrieb – die Firma ist eine Triebkraft für Wandel. In einer Zeit, in der finanzielle Bildung und Stabilität wichtiger sind denn je, hat Fidro seinen Platz als Motor für eine erfolgreichere Zukunft gefunden.»
C. Am 5. März 2024 nahmen der Geschäftsleiter und der Verlagsleiter der «Obersee Nachrichten» zur Beschwerde Stellung. Sie bedauern, dass es zu Missverständnissen gekommen sei, dass die Trennung zwischen bezahltem und redaktionellem Inhalt offenbar unzureichend gewesen sei. Bisher seien sie der Überzeugung gewesen, dass die Kennzeichnung mit «Marktinfo» ausreichend sei, um den werblichen Charakter eines Textes deutlich zu machen. Man werde diese Praxis jetzt ändern und eine klare Kennzeichnung vornehmen.
D. Am 3. März 2024 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde gemäss Artikel 13 Abs. 1 vom Präsidium behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Jan Grüebler, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.
E. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 16. Juni 2024 verabschiedet.
II. Erwägungen
1. Beim vorliegenden Text handelt es sich fraglos um reine Werbung, welche eine Firma sowie deren Betreiber und deren Produkte in marktschreierischer Weise anpreist. Es werden selbst die kühnsten und fragwürdigsten Behauptungen eins zu eins wiedergegeben, nichts wird nur ansatzweise relativiert. Der Verlag konzediert denn auch, dass es sich hier um Werbung handelte.
Werbung ist natürlich zulässig und als Finanzquelle für die Verlage und deren Redaktionen auch sehr erwünscht. Aber sie muss – gemäss Ziffer 10 der «Erklärung» und Richtlinie 10.1 – für die Leserschaft klar als solche erkennbar sein. Das betrifft die Bezeichnung des Textes als bezahlte Werbung oder die klare Unterscheidbarkeit im Layout. Idealerweise sollte beides die Lesenden auf den Unterschied zum redaktionellen Teil aufmerksam machen, wie das etwa die Lauterkeitskommission der Werbewirtschaft vorschreibt. Im vorliegenden Fall ist die Unterscheidbarkeit überhaupt nicht gegeben: Das Layout unterscheidet sich in keiner Weise vom redaktionellen Teil und die Bezeichnung «Marktinfo» kann die Leserschaft nicht als Hinweis darauf verstehen, dass sie jetzt bezahlte Werbung statt eines redaktionellen Textes vorgesetzt bekommt. Der Text verletzt die Richtlinie 10.1 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung).
2. Die Richtlinie 10.3 (Lifestyle-Berichte; Nennung von Marken und Produkten) bezieht sich auf redaktionelle Texte über Konsumgüter oder Dienstleistungen, in welchen Produkte oder Firmen «hochlobend» und/oder übermässig häufig genannt werden. Zwar ist aufgrund der dem Presserat vorliegenden Unterlagen nicht völlig klar, welche Vereinbarung dem hier vorliegenden Text zugrunde lag. Aber es ist davon auszugehen, dass der Text gegen Bezahlung gänzlich vom Auftraggeber übernommen wurde. Somit handelt es sich um reine Werbung und nicht um den in Richtlinie 10.3 angesprochenen redaktionellen Text mit häufiger als nötig erwähnten Produktenamen oder Dienstleistungsmarken. Die daraus entstehende Problematik, Verlust von Glaubwürdigkeit des Mediums, ist allerdings die gleiche. Die Richtlinie 10.3 (Lifestyle-Berichte; Nennung von Marken und Produkten) wurde nicht verletzt.
III. Feststellungen
1. Der Presserat heisst die Beschwerde in der Hauptsache gut.
2. Die «Obersee Nachrichten» haben mit dem Artikel «Lokale Talente aus Rapperswil erobern die Finanzwelt als Goldsponsor der Lakers» vom 28. September 2023 Ziffer 10 (Trennung zwischen redaktionellem Teil und Werbung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.