Nr. 29/2012
Wahrheits- und Berichtigungspflicht / Anhörung / Identifizierung / Menschenwürde

(X. c. «Weltwoche») Stellungnahme des Presserates vom 31. Mai 2012

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Zusammenfassung

Schwere Vorwürfe: darauf hinweisen, ob sie bestritten sind.
X., ehemaliger Angestellter der Bank Julius Bär auf Cayman Islands und bekannt geworden als Whistleblower und Informant von Wikileaks hat beim Presserat Beschwerde gegen die «Weltwoche» eingereicht: Diese bezeichne ihn zu Unrecht als «Dieb» und «Erpresser». Der Presserat heisst die Beschwerde teilweise gut.
«Weltwoche»-Autor Alex Baur hatte im Zusammenhang mit der Affäre Hildebrand einen Artikel über Whistleblower geschrieben. In einem kurzen Absatz nimmt er den Fall von X. auf. Er bezeichnet X. als Datendieb und schreibt, X. habe versucht, die Bank Julius Bär mit diesen Daten zu erpressen.
Der Presserat hält die Bezeichnungen «Dieb» und «Erpresser» in konkreten Fall für knapp zulässig, da sie nicht in ihrer juristischen sondern in der umgangssprachlichen Bedeutung verwendet würden. Hingegen weist die «Weltwoche» nicht darauf hin, dass das Verfahren gegen X. noch läuft und er die gegenüber ihm erhobenen Vorwürfe unvermindert bestreitet. In dieser Unterlassung sieht der Presserat eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» in Bezug auf die Anhörung bei schweren Vorwürfen. Zwar sind die Vorwürfe nicht neu und eine Anhörung war deshalb nicht zwingend. Die «Weltwoche» hätte aber zumindest das Dementi von X. erwähnen sollen.

Résumé

Reproches graves: s’ils sont contestés, il faut le mentionner

X., ancien employé de la Banque Julius Bär aux Iles Cayman et qui s’est signalé comme «whistleblower» et informateur de Wikileaks, a déposé plainte auprès du Conseil de la presse contre la «Weltwoche»: cette dernière l’avait traité, à tort selon lui, de voleur» et de «maître chanteur». Le Conseil de la presse admet partiellement cette plainte.
Un auteur de la «Weltwoche», Alex Baur, avait écrit un article consacré aux «whistleblower». Dans un court paragraphe il aborde le cas X. Il y traite ce dernier de «voleur de données», affirmant qu’il essayait de faire chanter la banque Julius Bär avec ces données. Le Conseil de la presse considère que les expressions «voleur» et «maître chanteur» sont dans ce cas tout juste acceptables, car elles ne sont pas employées dans le sens juridique, mais relèvent du langage courant. En revanche, la «Weltwoche» ne précise pas que la procédure contre X. est toujours en cours et qu’il continue de rejeter les accusations formulées contre lui. Le Conseil de la presse voit dans cette omission une violation du chiffre 3 de la «Déclaration des devoirs et des droits du/de la journaliste» relatif à l’obligation d’auditionner une personne visée par un reproche grave. Certes, ces reproches ne sont pas nouveaux et une audition de X. n’était pas nécessaire. En revanche, la «Weltwoche» aurait dû signaler à tout le moins le démenti de X.

Riassunto

Addebiti gravi: occorre precisare se sono contestati
X., l’ex dipendente della Banca Julius Bär alle Isole Cayman, definito lo «spifferatore» (whistleblower) a WikiLeaks dei segreti della banca, aveva presentato al Consiglio della stampa un reclamo contro la «Weltwoche» che lo definiva in un articolo, a torto secondo lui, «ladro» e «ricattatore». Il reclamo è stato parzialmente accolto.
Alex Baur, l’articolista della «Weltwoche», aveva dedicato ai «whistleblower» un articolo nell’ambito del «caso Hildebrand». Brevemente accennando al caso di X., definiva quest’ultimo come un ladro di dati e ricattatore della banca. Per il Consiglio della stampa, i termini «ladro» e «ricattatore» vanno intesi in senso generico, popolare, non come una definizione giuridica, e in questo senso possono essere, al limite, accettati. Ma la «Weltwoche» ha omesso di precisare che contro X. la causa è ancora pendente e che egli si oppone risolutamente ad accuse del genere. L’omissione configura, a giudizio del Consiglio della stampa, una violazione della cifra 3 della «Dichiarazione dei doveri e dei diritti del giornalista», che prescrive l’ascolto delle persone oggetto di gravi addebiti. È vero che non si trattava di accuse nuove, per cui l’audizione non era obbligatoria. Ma la «Weltwoche» avrebbe dovuto almeno menzionare che le accuse erano state dall’interessato più volte smentite.


I. Sachverhalt

A. Am 12. Januar 2012 veröffentlichte die «Weltwoche» einen Artikel von Alex Baur mit dem Titel «Ehrenhafte Verräter». Der Autor vergleicht darin verschiedene Schweizer Fälle von Whistleblowing. Unter anderem greift Alex Baur in einem Abschnitt den Fall von X. auf. Dieser, ein ehemaliger Angestellter der Bank Julius Bär auf Cayman Islands, hatte 2008 Kundendaten der Bank an verschiedene Steuerämter und an Wikileaks weitergegeben und somit publik gemacht. Dafür wurde X. 2011 vom Bezirksgericht Zürich erstinstanzlich verurteilt – wegen Verletzung des Bankgeheimnisses, Drohung und Nötigung. Sowohl X. als auch die Staatsanwaltschaft haben das Urteil weitergezogen. Das Verfahren läuft noch.
Der «Weltwoche»-Artikel von Alex Baur bezeichnet X. im Untertitel folgendermassen: «X., Datendieb und Erpresser». Weiter schreibt Baur: «Der ehemalige Mitarbeiter der Bank Julius Bär hatte auf den Cayman Islands vermeintlich brisante Kundendaten geklaut, mit denen er seinen (ehemaligen) Arbeitgeber zu erpressen versuchte. X. fühlte sich von der Bank schlecht behandelt, bei einer Beförderung wurde er übergangen. Nachdem sich die Bank nicht erpressen liess, verschickte X. die Bankdaten an diverse Redaktionen und übergab sie schliesslich Wikileaks. Bislang hat freilich kein Journalist die Informationen verwendet, was darauf hinweist, dass sie nicht von öffentlicher Brisanz sind.»
B. Am 31. Januar 2012 beschwerte sich X. beim Presserat über den Bericht der «Weltwoche». Er beanstandete insbesondere, die «Weltwoche» habe es unterlassen, ihn vor der Publikation folgender wahrheitswidriger Behauptungen anzuhören: Er sei ein Dieb und Erpresser; er habe von der Bank Julius Bär brisante Kundendaten geklaut und damit seinen ehemaligen Arbeitgeber zu erpressen versucht, weil er sich von der Bank schlecht behandelt und bei einer Beförderung übergangen fühlte sowie bisher habe kein Journalist die Aussagen verwertet. Mit der Nennung seines Namens und der Bezeichnung als «Dieb» und «Erpresser» habe Alex Baur zudem den Ruf des Beschwerdeführers geschädigt sowie dessen Privatsphäre und Menschenwürde verletzt. Da das Verfahren nach wie vor hängig sei, gelte für ihn zudem immer noch die Unschuldsvermutung. Und schliesslich habe es das Wochenmagazin unterlassen, eine Berichtigung abzudrucken.

Der Beschwerdeführer rügt mithin teils ausdrücklich, teils sinngemäss eine Verletzung der Ziffern 1 (Wahrheit), 3 (Anhörung), 5 (Berichtigung), 7 (Privatsphäre, Unschuldsvermutung) und 8 (Menschenwürde) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten».
C. Am 20. Februar 2012 beantragte Alex Baur, Redaktor der «Weltwoche», die Beschwerde sei abzuweisen, soweit der Presserat überhaupt darauf eintrete. Da er keinem Journalistenverband angehöre, sei es fraglich, ob der Presserat überhaupt zuständig sei.
Journalisten seien nicht verpflichtet, bei einem Bericht, der sich auf ein Gerichtsurteil stütze, den Verurteilten nochmals zu schweren Vorwürfen anzuhören. Und ebenso wenig könne bei einem Artikel der mehrere Fälle vergleiche, verlangt werden, dass Medienschaffende sämtliche zitierten Fälle nochmals nachrecherchierten. Er habe sich mit den im beanstandeten Artikel vom 12. Januar 2012 zitierten Fällen zuvor intensiv auseinandergesetzt und am 27. Januar 2011 auch einen ausführlichen Artikel über den Beschwerdeführer veröffentlicht («Ein schlechter Informant»), den dieser nie beanstandet habe.
Die im Artikel verwendeten Termini «Dieb» und «Erpresser» seien nicht streng juristisch zu interpretieren. Massgebend sei vielmehr, was das Publikum im konkreten Kontext darunter verstehe. Bei der weiteren beanstandeten Passage – «X. fühlte sich von der Bank schlecht behandelt, bei einer Beförderung wurde er übergangen» habe er, Baur, sich wörtlich auf die mündliche Urteilsbegründung des Bezirksgerichts Zürich gestützt. Ebenso halte er uneingeschränkt an der Aussage fest, «bisher hat freilich kein Journalist die Informationen verwertet». X. sei als Person von öffentlichem Interesse, welcher die Medienöffentlichkeit aus freien Stücken gesucht habe. Er müsse sich gefallen lassen, dass seine Rolle auch kritisch hinterfragt wird. Ebenso wenig könne ernsthaft von einer Verletzung der Menschenwürde die Rede sein. Schliesslich habe der Beschwerdeführer nie eine Berichtigung verlangt.
D. Der Presserat wies die Beschwerde der 1. Kammer zu, der Francesca Snider (Kammerpräsidentin), Michael Herzka, Pia Horlacher, Klaus Lange, Francesca Luvini, Sonja Schmidmeister und David Spinnler (Mitglieder) angehören.
E. Nach Abschluss des Schriftenwechsels reichte X. am 6. März 2012 eine «Stellungnahme zur Beschwerdeantwort der ‹Weltwoche› vom 20. Februar 2011 / Beschwerde» nach. Darin setzt er sich ausführlich mit dem «Weltwoche»-Artikel «Ein schlechter Informant» vom 27. Januar 2011 auseinander, welcher eine ganze Reihe wesentlicher «Falschaussagen» enthalte.
I. Die 1. Kammer behandelte die Beschwerde an ihrer Sitzung vom 31. Mai 2012 sowie auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen
1. Der Presserat behandelt die vorliegende Beschwerde ungeachtet davon, ob Alex Baur einem der Trägerverbände der «Stiftung Schweizer Presserat» als Mitglied angehört. Gemäss Artikel 1 Absatz 4 seines Geschäftsreglements erstreckt sich die Zuständigkeit des Schweizer Presserates auf den redaktionellen Teil journalistisch bearbeiteter Medien und damit zusammenhängender Fragen und ist mithin an keine Verbandsmitgliedschaften gebunden.
2. Nicht einzutreten ist hingegen auf das nach Abschluss des Schriftenwechsels eingegangene Schreiben des Beschwerdeführers vom 6. März 2012. Gemäss Artikel 10 Absatz 1 des Presseratsreglements beträgt die Beschwerdefrist sechs Monate ab Publikationsdatum. Mithin ist sie in Bezug auf den «Weltwoche»-Artikel «Ein schlechter Informant» vom 27. Januar 2011 längst abgelaufen.
3. Darf die «Weltwoche» den Beschwerdeführer als «Dieb» und «Erpresser» bezeichnen? Der Presserat hat insbesondere Letzteres kontrovers diskutiert und eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» schliesslich aus folgenden Überlegungen knapp verneint:
Zunächst ist bei der Beurteilung mit zu berücksichtigen, dass sich nach dem Zwischentitel «X., Dieb und Erpresser» lediglich zwei kurze Abschnitte des Artikels «Ehrenhafte Verräter» mit dem Fall des Beschwerdeführers befassen. Die für die Leserschaft verständliche Hauptaussage dieser Passage besteht darin, dass X. nach Auffassung von Alex Baur nicht zu den «echten» Whistleblowern zählt, die sich aus lauteren Motiven an die Öffentlichkeit wenden.
Geht man von einer streng juristischen Begrifflichkeit aus (Artikel 139 Strafgesetzbuch: Diebstahl – Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zur Aneignung; respektive Artikel 156 Strafgesetzbuch: Erpressung –  Androhung von Gewalt oder ernstlicher Nachteile zur Veranlassung einer unrechtmässigen Vermögensverschiebung zwecks Bereicherung), braucht die «Weltwoche» die Begriffe «Dieb» und «Erpresser» nicht korrekt. Denn soweit dies aus den dem Presserat eingereichten – allerdings bei weitem nicht vollständigen – Unterlagen aus dem hängigen Strafverfahren ersichtlich ist, werden dem Beschwerdeführer dort weder «Diebstahl» noch «Erpressung» vorgeworfen. Diebstahl scheidet juristisch aus, weil die «geklauten» Daten nicht als «bewegliche Sache» gelten. Und in Bezug auf den Straftatbestand der Erpressung werden X. offenbar lediglich nötigende Handlungen vorgeworfen.
Der Text von Alex Baur nimmt allerdings keinerlei Bezug auf das nach wie vor hängige Strafverfahren gegen X. Es handelt sich mithin nicht um eine Gerichtsberichterstattung, bei der in Bezug auf die Verwendung juristischer Begriffe höhere Anforderungen zu stellen wären. Vielmehr fasst die «Weltwoche» in ihrer Kurzfassung des Falls lediglich den Lebenssachverhalt grob zusammen, der sich nach ihrer Auffassung seinerzeit auf den Cayman Islands ereignet hat. Nämlich, dass X. «brisante Kundendaten» seines ehemaligen Arbeitgebers «geklaut» und damit seinen Arbeitgeber «erpresst» habe. Für die Interpretation der umstrittenen Termini ist in diesem Kontext deshalb nicht die juristische, sondern die umgangssprachliche Bedeutung massgebend. Diese umfasst sowohl bei «Diebstahl» als auch bei «Erpressung» Handlungen und Sachverhalte, die bei juristischer Betrachtungsweise nicht unter die strafrechtlichen Tatbestände fallen.
In Bezug auf den «Klau» von Kundendaten hat der Presserat bereits bei der Beantwortung einer früheren Beschwerde von X. festgehalten, dass dieser unbestrittenermassen Kundendaten der Cayman-Niederlassung der Bank Bär in Verletzung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen an Dritte weitergegeben hat. Es sei berufsethisch nicht zu beanstanden, wenn ein Medium diesen Vorgang in einer für ein Laienpublikum verständlichen Weise als «Datenklau» bezeichne (Stellungnahme 45/2008).
Ebenso wenig wird die Leserschaft nach Auffassung des Presserates aufgrund der Verwendung des Terminus «Erpresser» über den tatsächlichen Sachverhalt getäuscht. Zumal die «Weltwoche» in ihrer Kurzfassung dem Beschwerdeführer nicht explizit unterstellt, er habe die Bank Julius Bär genötigt, um für sich einen Vermögensvorteil zu erlangen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der ehemalige Arbeitgeber offenbar behauptete, X. habe nicht bloss Julius-Bär-Mitarbeitende genötigt, sondern von der Bank (erfolglos) Geld verlangt, bevor er die Daten Wikileaks ausgehändigt habe (so beispielsweise der Bericht «X.: Hinweise oder Erpressung; Bericht vom 18. Januar 2011, veröffentlicht auf www.swissinfo.ch). Dem widersprach der Beschwerdeführer und behauptete, er habe  ein Abfindungsangebot der Bank Julius Bär seinerzeit abgelehnt. Für den Presserat geht die Verwendung des Begriffs «Erpresser» unter diesen Umständen zwar weit, eine Verletzung von Ziffer 1 (Wahrheit) der «Erklärung» ist für ihn jedoch knapp nicht erstellt.
In Bezug auf die weitere vom Beschwerdeführer als wahrheitswidrig gerügte Aussage «X. fühlte sich von der Bank schlecht behandelt, bei einer Beförderung wurde er übergangen» ist darauf hinzuweisen, dass diese Darstellung des Sachverhalts nicht bloss der Sichtweise der Bank Julius Bär entspricht, sondern offensichtlich auch vom erstinstanzlichen Richter im Strafverfahren als erwiesen erachtet wurde (vgl. dazu beispielsweise den Bericht «Ex-Banker X. zu bedingter Geldstrafe verurteilt» vom 19. Januar 2011, veröffentlicht auf www.sf.tv).
Und schliesslich mag die Formulierung «bisher hat freilich kein Journalist die Informationen verwertet» zwar insofern stark zugespitzt sein, als insbesondere einige internationale Medien aus
führlich über den «Fall X.» berichtet haben. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass die ausgewählten Medien und der Plattform Wikileaks zugespielten angeblich äusserst brisanten Kundendaten und Dokumente soweit ersichtlich bis heute zu keinerlei spektakulären journalistischen Enthüllungen geführt haben.
Ist eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» (Wahrheit) aus den dargelegten Gründen zu verneinen, entfällt damit von vornherein auch eine allfällige Verletzung der Berichtigungspflicht (Ziffer 5 der «Erklärung»).
4. Aus berufsethischer Optik liegt das Problem der – zwangsläufig – verkürzenden und zuspitzenden Darstellung des Falls durch die «Weltwoche» denn auch nicht bloss in der Verwendung gerade noch vertretbarer Begriffe als vielmehr darin, dass ein umstrittener, strafrechtlich nicht abschliessend geklärter Sachverhalt für die Leserschaft als unumstössliche, feststehende Tatsache daherkommt.
Zwar war eine Anhörung des Beschwerdeführers vor der Veröffentlichung der Vorwürfe deshalb nicht zwingend, weil diese nicht neu sind (vgl. dazu die Stellungnahmen 10 und 23/2008). Die «Weltwoche» wäre jedoch verpflichtet gewesen, zumindest darauf hinzuweisen, dass X. die Vorwürfe bestreitet. Und soweit sich Alex Baur darauf beruft, die Anhörungspflicht entfalle hier, weil er sich auf amtliche Quellen stützt, hätte er diesfalls die Quelle zwingend nennen und zudem darauf hinweisen müssen, dass das Verfahren nach wie vor hängig und die erstinstanzliche Verurteilung (wegen Drohung, mehrfacher versuchter Nötigung und mehrfacher Verletzung des Bankgeheimnisses) nicht rechtskräftig ist (Stellungnahme 57/2010). Mithin hat die «Weltwoche» die Ziffer 3 der «Erklärung» (Anhörung bei schweren Vorwürfen) verletzt. Nicht verletzt sieht der Presserat hingegen die Ziffer 7 der «Erklärung» unter dem Aspekt der Unschuldsvermutung, da der beanstandete Bericht weder das hängige Strafverfahren noch die erstinstanzliche Verurteilung des Beschwerdeführers explizit erwähnt.
5. Offensichtlich unbegründet sind für den Presserat zudem die weiteren Beanstandungen von X. Nachdem er im Zusammenhang mit den umstrittenen Kundendaten mehrfach selber an die Öffentlichkeit getreten ist, dürfen die Medien in diesem Zusammenhang identifizierend über ihn berichten. Und ebenso wenig verletzt die wie ausgeführt unter dem Aspekt der Wahrheitspflicht (knapp) zulässige Verwendung der Begriffe «Dieb» und «Erpresser» die Ziffer 8 der «Erklärung» (Menschenwürde).
III. Feststellungen
1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen.
2. Die «Weltwoche» hat mit der Veröffentlichung des Artikels «Ehrenhafte Verräter» vom 12. Januar 2012 die Ziffer 3 (Anhörung bei schweren Vorwürfen) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.
3. Darüber hinausgehend wird die Beschwerde abgewiesen.
4. Die «Weltwoche» hat die Ziffern 1 (Wahrheit), 5 (Berichtigung), 7 (Identifizierung, Unschuldsvermutung) und 8 (Menschenwürde) der «Erklärung» nicht verletzt.