Nr. 95/2020
Unvollständige Berichterstattung

(X. c. «Radio SRF 1»)

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I. Sachverhalt

A. Im Rahmen der Sportberichterstattung berichtet «Radio SRF 1» in regelmässigen Abständen über Tennisturniere, insbesondere solche, an denen Schweizer Tennisprofis teilnehmen.

B. Am 15. August 2018 reichte X. beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen die Berichterstattung vom «Radio SRF 1» ein. Sie bemängelte, dass über Tennisturniere mit Schweizer Beteiligung, an denen Roger Federer nicht teilnehme, nicht berichtet werde. Sie sieht darin eine Diskriminierung gegenüber anderen Tennisprofis, insbesondere gegenüber Stan Wawrinka, und führt Beispiele von stattgefundenen Tennisturnieren auf, über die «Radio SRF 1» nicht berichtet hat. Damit werde das Gleichheitsprinzip verletzt, da die Fokussierung auf Roger Federer diskriminierend sei.

C. Am 5. September 2018 trat der Schweizer Presserat gestützt auf Art. 13 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 11 Abs. 3 seines Geschäftsreglements nicht auf die Beschwerde ein, da diese offensichtlich unbegründet sei. Redaktionen seien gestützt auf die gewährleistete Meinungs- und Informationsfreiheit nach Art. 16 der Bundesverfassung frei in der Auswahl und Gewichtung der Themen, über die sie berichten. Aus dem Journalistenkodex lasse sich auch keine ausdrückliche Pflicht zur Ausgewogenheit ableiten und schon gar nicht auf Vollständigkeit, weshalb diese Auswahl keine Diskriminierung gegenüber Tennisprofis begründe. Die Beschwerdeführerin habe die Möglichkeit, eine ausführliche Begründung unter Kostentragung zu einem angemessenen Stundensatz zu verlangen (Art. 11 Abs. 3 Geschäftsreglement).

D. Mit Schreiben vom 17. September 2018 verlangte X. eine ausführliche Begründung des Nichteintretens vom Schweizer Presserat.

E. Gemäss Art. 13 Abs. 1 des Geschäftsreglements behandelt das Presseratspräsidium, bestehend aus dem Präsidenten Dominique von Burg sowie den Vizepräsidenten Casper Selg und Max Trossmann Beschwerden, auf die der Presserat nicht eintritt.

F. Das Presseratspräsidium hat die vorliegende Stellungnahme per 31. Dezember 2020 auf dem Korrespondenzweg verabschiedet.

II. Erwägung

Gestützt auf Art. 11 Abs. 1 seines Geschäftsreglements tritt der Presserat nicht auf eine Beschwerde ein, wenn sie offensichtlich unbegründet ist.

Die Beschwerdeführerin stellt die Frage, in welchem Umfang ein Medium, hier «Radio SRF 1», über Tennisprofis und Tennisturniere berichten darf oder soll und ob es dazu verpflichtet ist, Tennisprofis in der Berichterstattung gleichberechtigt zu behandeln und gleich oft über sie zu berichten.

Redaktionen sind grundsätzlich frei in ihrer Themenwahl und deren Gewichtung. Dies gewährleistet die in Art. 16 der Bundesverfassung garantierte Meinungs- und Informationsfreiheit. Ob sie ein bestimmtes Thema zu einem bestimmten Zeitpunkt für angezeigt halten, liegt im Ermessen der Redaktionen. Die Protokollerklärung des Presserates zu Ziffer 11 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» sagt ausdrücklich, was in einer freien Presse ohnehin gelten muss: «Die Redaktionen entscheiden im Rahmen der publizistischen Linie des Mediums selbstständig über den Inhalt des redaktionellen Teils.» Der Presserat soll und kann nicht darüber entscheiden, ob eine Themenwahl «richtig», «sachgerecht» oder «angemessen» war. Er beurteilt ausschliesslich, ob die in der «Erklärung» festgelegten Berufsregeln eingehalten wurden.

Ob «Radio SRF 1» nun mehr über Roger Federer berichtet als über andere Tennisprofis wie Stan Wawrinka und über welche Tennisturniere es berichtet, ist damit ganz der Sportredaktion des «Radio SRF 1» überlassen. Eine Verletzung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» liegt mit der Berichterstattung von «Radio SRF 1» nicht vor.

III. Feststellung

Der Presserat tritt auf die Beschwerde nicht ein, weil sie offensichtlich unbegründet ist.