KI-Leitfaden des Presserats: Das Making-of
Edito Susan Boos (Präsidentin Schweizer Presserat)
Der Schweizer Presserat hat soeben einen Leitfaden zum journalistischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) publiziert.
Wie ist er entstanden? Am Anfang standen Fragen wie: Was verstehen wir überhaupt unter dem diffusen Begriff «Künstliche Intelligenz»? Und müssen die «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (kurz «Erklärung» oder auch «Journalismuskodex») sowie die dazugehörenden Richtlinien ergänzt werden? Es obliegt dem operativen Presserat, die Richtlinien zu pflegen – also nach Bedarf zu überarbeiten oder zu ergänzen. Der operative Presserat, das sind 21 Mitglieder: 15 JournalistInnen und sechs PublikumsvertreterInnen, die in drei Kammern organisiert sind. Es ist auch der operative Presserat, der sich mit den Beschwerden beschäftigt und die entsprechenden Stellungnahmen publiziert.
Um die KI-Frage einzugrenzen, erarbeiteten zwei Mitglieder des Presserats einen ersten Entwurf. Der Entwurf ging in die Kammern, wurde dort diskutiert, korrigiert, gekürzt und ergänzt. Am Ende verabschiedete das Plenum den vorliegenden Leitfaden. Das mag kompliziert klingen, liefert aber ein stringentes, sehr breit abgestütztes Ergebnis. Der Leitfaden ist knapp und alltagstauglich, da er auf den Erfahrungen von ausgewiesenen PraktikerInnen aufbaut, gehören den drei Kammern doch JournalistInnen von allen Medienhäusern an, von Tamedia, NZZ, über Ringier, CH Media, RSI/RTR, «Le Temps» bis zu «Republik» und WOZ.
Der Leitfaden fokussiert insbesondere auf generative KI-Programme. Diese Programme sind in der Lage, verschiedene plausible Inhalte (Text, Bild, Ton) zu erstellen, die einen starken «Realitätseffekt» erzeugen. JournalistInnen müssen daher bei der Verwendung dieser Programme wachsam und zurückhaltend sein, um einen vertrauenswürdigen Journalismus zu gewährleisten.
Die Kammermitglieder haben entschieden, dass es bezüglich der «Pflichten der Journalistinnen und Journalisten», zurzeit keine neuen Richtlinien braucht, da die bestehenden auch für die korrekte Verwendung generativer KI-Programme gelten.
Was der operative Presserat noch nicht vertieft diskutiert hat, ist die Frage, ob die Richtlinien zu den «Rechten der Journalistinnen und Journalisten» ergänzt werden müssten. Die Rechte sind ebenfalls im Kodex verankert, werden aber nur sehr selten in Beschwerden thematisiert. Da KI aber die ganze Branche durcheinander wirbeln wird und somit auch die Arbeitsbedingungen der JournalistInnen tangiert, wird sich der Presserat auch mit dieser Problematik beschäftigen.
Ob es sinnvoll ist, allenfalls die «Erklärung» mit einer Bestimmung zu KI zu ergänzen, ist noch offen. Die «Erklärung» ist in der Obhut der Stiftungsrates des Presserates – es obliegt ihm, sie zu überarbeiten oder zu ergänzen (dem Stiftungsrat gehört praktisch die gesamte Medienbranche an*). Der Stiftungsrat wie der operative Presserat werden die KI-Thematik weiter intensiv verfolgen.
*Im Stiftungsrat sitzen VertreterInnen von Impressum, Schweizer Syndikat Medienschaffender, Syndicom, Konferenz der ChefredaktorInnen, Verband Schweizer Medien und SRG