Nr. 19/2018
Wahrheitspflicht

Fairmedia c. «Basler Zeitung» Stellungnahme des Schweizer Presserats vom 28. Juni 2018

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Zusammenfassung

Rüge sowie «Freispruch» für «Basler Zeitung»

Die «Basler Zeitung» hat der Genderforscherin Franziska Schutzbach vorgeworfen, sie schreibe gegen die Meinungsfreiheit und rufe zum Boykott von Politikern auf. Der Schweizer Presserat sagt, die Zeitung habe diese Vorwürfe genügend belegt. Hingegen war die Behauptung falsch, Schutzbach habe ihre Dozentenstelle verloren. Für diese Aussage rügt der Presserat die «Basler Zeitung».
Wenn eine Hochschuldozentin in einem öffentlich zugänglichen Blog zu einem politischen Thema schreibt, dürfen Journalisten kritisch darüber berichten. Zudem hat die «Basler Zeitung» Schutzbach zu den Vorwürfen befragt und die entscheidende Passage aus Schutzbachs Antwort wörtlich im Artikel veröffentlicht. Damit hat die «Basler Zeitung» die Pflicht zur Anhörung bei schweren Vorwürfen erfüllt.
Der Autor hat aber mit keinem Wort erwähnt, dass es sich beim Blog-Eintrag in grossen Teilen um ein Gedankenspiel handelte. Diese Information hätte dem Publikum geholfen, Schutzbachs Aussagen zu interpretieren. Der Journalisten-Kodex wurde damit aber nicht verletzt.
Eine zweite Beschwerde zum selben Thema kritisierte einen anderen Artikel der «Basler Zeitung». Der Presserat gibt dieser Beschwerde recht und stellt eine Verletzung der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» fest. Der Titel «Schutzbach verliert Lehrauftrag» war falsch. Er beruht auf einem falsch wiedergegebenen Zitat. Richtig ist, dass kein Lehrauftrag entzogen worden ist, sondern schon länger festgestanden hatte, dass kein neuer erteilt wird.

Résumé

Blâme et «acquittement» pour la «Basler Zeitung»

La «Basler Zeitung» a reproché à Franziska Schutzbach, chercheuse sur la théorie du genre, d’être contre la liberté d’opinion et d’appeler au boycott d’hommes politiques. Le Conseil suisse de la presse indique que le journal a suffisamment étayé ses reproches. L’affirmation selon laquelle Franziska Schutzbach aurait perdu sa charge d’enseignement est par contre erronée. C’est pourquoi le Conseil de la presse blâme la «Basler Zeitung».
Quand une professeure d’université s’exprime dans un blog public sur un sujet politique, les journalistes sont autorisés à en parler en termes critiques. La «Basler Zeitung» a de plus entendu Franziska Schutzbach sur ces reproches et publié mot pour mot le passage décisif de sa réponse dans son article. Le journal a donc respecté son obligation d’entendre avant publication une personne faisant l’objet de reproches graves.
L’auteur a toutefois passé sous silence le fait que l’article du blog s’inscrivait en grande partie dans un jeu intellectuel. Cette information aurait aidé le public à interpréter les déclarations de Franziska Schutzbach. Il n’y a cependant pas eu atteinte au code de déontologie des journalistes.
Une seconde plainte sur le même sujet visait un autre article de la «Basler Zeitung». Le Conseil de la presse accepte celle-ci et constate une violation de la «Déclaration des devoirs et des droits du/de la journaliste». Le titre «Schutzbach verliert Lehrauftrag» (Franziska Schutzbach perd sa charge d’enseignement) était erroné. Il repose sur une phrase mal citée. En réalité, aucune charge d’enseignement n’a été retirée: il était clair depuis longtemps que cette charge ne serait pas renouvelée

Riassunto

Rimprovero e «assoluzione» per la «Basler Zeitung»

La «Basler Zeitung» ha accusato la ricercatrice di genere Franziska Schutzbach di scrivere contro la libertà d’opinione e di chiedere il boicottaggio di politici. Il Consiglio svizzero della stampa afferma che il giornale ha dimostrato a sufficienza tali accuse. L’affermazione che Schutzbach avesse perso il suo posto di insegnante era invece falsa. Per quest’ultima dichiarazione, il Consiglio della stampa rimprovera la «Basler Zeitung».

Quando una docente universitaria scrive su un argomento politico in un blog accessibile al pubblico, ai giornalisti è permesso di riferire in modo critico. Inoltre, la «Basler Zeitung» ha interrogato Schutzbach circa le accuse e letteralmente pubblicato il passaggio decisivo dalla risposta di Schutzbach nell’articolo stesso. Pertanto, la «Basler Zeitung» ha adempiuto al suo obbligo di ascoltare una persona in caso di addebiti gravi.
L’autore non ha tuttavia menzionato, che la voce del blog è stata in gran parte un gioco di pensiero. Queste informazioni avrebbero aiutato il pubblico ad interpretare le dichiarazioni di Schutzbach. Tuttavia ciò non ha violato il codice giornalistico.

Un secondo reclamo sullo stesso tema ha criticato un altro articolo della «Basler Zeitung». Il Consiglio della stampa ha accolto la denuncia e ha constatato una violazione della «Dichiarazione dei doveri e dei diritti del giornalista». Il titolo «Schutzbach perde la posizione di insegnante» era sbagliato. Si basava infatti su una citazione errata. Vero è che non è stato revocato alcun incarico di insegnament, ma da tempo era stato stabilito che non sarebbe stato rilasciato alcun nuovo incarico.

I. Sachverhalt

A. Am 28. November 2017 veröffentlichte die «Basler Zeitung» («BaZ») den Artikel «Schutzbach verliert Auftrag» (in der Online-Ausgabe: «Schutzbach verliert Lehrauftrag»), verfasst von Serkan Abrecht. Der Untertitel lautet: «Dozentin wird nicht mehr lehren». Im Artikel heisst es, die Genderwissenschaftlerin Franziska Schutzbach habe den letzten Rückhalt der Uni wohl letzte Woche verloren, als sich Andrea Schenker-Wicki, Rektorin der Universität Basel, von ihr öffentlich distanziert habe. Nachdem die «BaZ» die demokratiekritischen Äusserungen Schutzbachs publik gemacht habe, seien zahlreiche Beschwerden über Schutzbach bei der Uni-Leitung eingegangen. Wie die «BaZ» wisse, hätten sich Mitglieder des Universitätsrats eingeschaltet und bei der Rektorin interveniert. Diese solle sich daraufhin an den Dekan Walter Leimgruber von der Philosophisch-Historischen Fakultät gewandt haben, dessen Fakultät das Zentrum Genderstudies angegliedert sei. Auf Anfrage habe Leimgruber gesagt, Schutzbach werde nicht länger an der Universität lehren. Die Genderwissenschaftlerin habe einen befristeten Lehrauftrag inne, der Ende Januar auslaufe. «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten», schreibt die «BaZ». Sie werde also weder Seminare geben noch anderweitig im Auftrag der Uni Lehre betreiben. Die Entscheidung, Franziska Schutzbach keinen weiteren Lehrauftrag zu erteilen, sei aber schon vor einiger Zeit gefällt worden. Obwohl Schutzbach jeweils zwei Wochenstunden ihre Studentinnen und Studenten unterrichte, sei Schutzbach keine «Dozentin», sondern lediglich eine «Lehrbeauftragte», so schreibe Leimgruber. Die «BaZ» fährt fort, Schutzbach gehöre zu den rund 3000 Doktorandinnen und Doktoranden, die derzeit in Basel promovierten. Zudem sei sie weiterhin Mitglied der basel-städtischen Gleichstellungskommission.

B. Am 27. Februar 2018 reichte Fairmedia beim Schweizer Presserat Beschwerde gegen den Artikel der «Basler Zeitung» ein. Fairmedia macht geltend, Serkan Abrecht betitle seinen Artikel über Franziska Schutzbach vom 28. November 2017 mit «Schutzbach verliert Lehrauftrag». Zudem zitiere er den Dekan der Philosophisch-Historischen Fakultät Walter Leimgruber inkorrekt mit den Worten «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten». Damit lege Abrecht Leimgruber die Äusserung in den Mund, dass Franziska Schutzbach nicht weiter an der Universität lehren werde. Eine Äusserung, die Leimgruber nicht gemacht habe. Mit der Titel-Text-Kombination und dem entstellten Zitat des Dekans habe der Autor beim Leser wahrheitswidrig und wider besseres Wissen suggeriert, dass Schutzbach ein bereits erteilter Lehrauftrag der Universität Basel wieder entzogen worden sei. Dekan Leimgruber habe den Autor via Mail im Vorgang zur Veröffentlichung des Artikels über den Sachverhalt betreffend Franziska Schutzbach aufgeklärt. Dieses Mail sei in Form einer Abschrift verschiedenen Journalistinnen und Journalisten und auch Fairmedia zugegangen. Leimgruber habe im Mailverkehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Schutzbach kein Lehrauftrag entzogen worden sei, sondern schon länger festgestanden habe, dass ihr für das damals kommende Semester kein Lehrauftrag erteilt worden sei. Die Basler «TagesWoche» habe zudem am 29. November 2017 eine Richtigstellung publiziert, welche die wortwörtliche Stellungnahme des Dekans wiedergab. Folglich liege ein Verstoss gegen Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (nachfolgend «Erklärung») vor.

Weiter macht Fairmedia geltend, der Autor habe ausserdem nachweislich wichtige Elemente von Informationen unterschlagen und Tatsachen entstellt, indem er die von Leimgruber eindeutig und klar ihm gegenüber gemachten Äusserungen unrichtig wiedergegeben bzw. unterdrückt habe. Das verstosse gegen Ziffer 3 der «Erklärung» (Unterschlagen wichtiger Informationen und Entstellung von Äusserungen) vor.

Schliesslich habe die «BaZ» ihre wider besseren Wissens wahrheitswidrigen Aussagen und Entstellungen bzw. die teilweise unterdrückten Aussagen Leimgrubers nicht berichtigt – auch nach Erscheinen der Richtigstellung des Dekans in der «TagesWoche». Dies obwohl die «BaZ» zum Thema Schutzbach kampagnenartig zahlreiche weitere Artikel in der «BaZ» brachte. Somit liege auch ein Verstoss gegen Ziffer 5 der «Erklärung» und gegen Richtlinie 5.1 (Berichtigungspflicht) vor.

C. Mit Datum vom 12. April 2018 nahm Autor Serkan Abrecht für die «Basler Zeitung» Stellung. Er beantragt die Abweisung der Beschwerde. Die «BaZ» habe weder «wahrheitswidrig» noch «wider besseres Wissen» Informationen verbreitet, wie dies die Beschwerdeführerin darstelle. Zum Zitat Leimgruber führt er aus: Zu dem Zeitpunkt, als Dekan Leimgruber dem Autor geantwortet habe, habe sich die Universität öffentlich von den Aussagen von Franziska Schutzbach distanziert. Als Nachweis verweist er auf den in der «BaZ» veröffentlichten Artikel «Uni distanziert sich von Schutzbach» vom 24. November 2017. Sinngemäss habe der Autor daher davon ausgehen dürfen, dass Schutzbach für das nächste Semester keinen Lehrauftrag mehr erhalten habe. Er habe nicht geschrieben, ein «bereits erhaltener Lehrauftrag» – wie die Beschwerdeführerin geltend mache – sei wieder entzogen worden, sondern lediglich festgehalten, dass sie keinen Lehrauftrag für das nächste Semester habe. Weiter habe er, wie von Walter Leimgruber ausgeführt, festgehalten, dass dies nichts mit den vorangegangenen Berichten zu tun habe. Dekan Leimgruber habe dem Autor gegenüber mit keinem Wort ausgeführt, dass Franziska Schutzbach gar keinen Antrag auf einen neuen Lehrauftrag gestellt habe. In telefonischer Absprache mit Matthias Geering, dem Medienverantwortlichen der Universität Basel, sei der Autor nach Erscheinen des Artikels zum Schluss gekommen, dass es inhaltlich nichts zu beanstanden gebe. Journalisten seien nicht dazu verpflichtet, Aussagen wortwörtlich wiederzugeben. Im damaligen Kontext seien Leimgrubers Aussagen sinngemäss wiedergegeben worden. Dass sich Schutzbach gar nicht um einen Lehrauftrag bemüht habe, habe der Dekan der «BaZ» gegenüber verschwiegen. Zur Berichtigungspflicht führt die «BaZ» aus, im Nachgang zur Berichterstattung habe Walter Leimgruber seine Aussagen in diversen Medien präzisiert. Da Leimgruber jedoch ergänzende Aussagen gemacht habe, die er dem Autor gegenüber nicht geäussert habe (insbesondere die Aussage, Franziska Schutzbach habe keinen Antrag auf die Verlängerung ihres Lehrauftrags gestellt), habe sich die «BaZ» in der Folge entschieden – dies wiederum in Absprache mit der Kommunikationsabteilung der Universität Basel – den Titel der Berichterstattung online anzupassen. Anstelle von «Schutzbach verliert Lehrauftrag» hiess es fortan «Kein Lehrauftrag für Schutzbach». Weiter hätten weder Leimgruber noch die Uni Basel die Richtigstellung, wie sie in der «TagesWoche» stand, an die «BaZ» gesandt oder von ihr verlangt, diese abzudrucken. Aussagen von anderen Medien verbreite die «BaZ» nicht unbesehen als Richtigstellungen, da sie deren Wahrheitsgehalt nicht überprüfen könne. Korrekterweise hätte Leimgruber seine Richtigstellung der «BaZ» zustellen müssen. Zu den weiter aufgeführten Artikeln in der Belegsammlung der Beschwerdeführerin könne die «BaZ» keine Stellung nehmen. Dabei handle es sich um subjektive Kommentare/Leitartikel zweier Autoren und eines Kolumnisten, deren Inhalt nicht die «Lehrauftragsdebatte» thematisiere. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Beschwerde aus politischen Gründen erfolgt sei. Es gehe darum, einen Journalisten abzustrafen, der das kritische Gedankengut einer politischen Gesinnungsgenossin der Vorstandsmitglieder der Beschwerdeführerin Fairmedia thematisiert hatte. In deren Beschwerde gehe es in keiner Weise um die Aussagen Schutzbachs oder deren Nazi-Vergleich. Genau darum drehe sich jedoch der beanstandete Artikel.

D. Das Präsidium des Presserates wies den Fall der 3. Kammer zu, der Max Trossmann (Präsident), Marianne Biber, Jan Grüebler, Barbara Hintermann, Seraina Kobler und Markus Locher angehören.

E. Die 3. Kammer des Presserates behandelte die Beschwerde in ihrer Sitzung vom 19. April 2018 und auf dem Korrespondenzweg.

II. Erwägungen

1. Ziffer 1 der «Erklärung» verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie sich an die Wahrheit halten und sich vom Recht der Öffentlichkeit leiten lassen, die Wahrheit zu erfahren. Die Beschwerdeführerin Fairmedia sieht in der Kombination von Titel «Schutzbach verliert Lehrauftrag» und nicht korrektem Zitieren der Aussagen von Dekan Walter Leimgruber Ziffer 1 (Wahrheitspflicht) der «Erklärung» verletzt. Die «BaZ» macht geltend, Leimgruber habe dem Autor gegenüber mit keinem Wort ausgeführt, dass Schutzbach gar keinen Antrag auf einen neuen Lehrauftrag gestellt habe. Die Beschwerdegegnerin gibt damit implizit zu, dass der Titel «Schutzbach verliert Lehrauftrag» falsch ist. Zu fragen ist, ob dies auch für das Zitat «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten» gilt. Die Beschwerdeführerin legt der Beschwerde eine Abschrift der Fragen, die Serkan Abrecht Leimgruber am 22. November 2017 zugestellt hat, sowie dessen Antworten vom 24. November 2017 bei. Eine der Fragen lautet: «Wie mir Herr Geering mitteilte, hat Frau Schutzbach einen Lehrauftrag bei Ihrer Fakultät, der am 31. Januar 2018 ausläuft. Wird die Fakultät Schutzbachs Lehrauftrag verlängern?» Die Antwort: «Die Planung für das nächste Semester ist seit einiger Zeit abgeschlossen, Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag.» Die Beschwerdegegnerin äussert sich nicht direkt zu dieser Abschrift, mithin anerkennt sie sie implizit. Aus der Aussage des Dekans, die Planung für das nächste Semester sei seit einiger Zeit abgeschlossen, Frau Schutzbach habe für das nächste Semester keinen Lehrauftrag, lässt sich unschwer schliessen, dass von einem Verlust des Lehrauftrags keine Rede sein kann. Insofern ist es auch irrelevant, ob Schutzbach einen Antrag auf einen neuen Lehrauftrag gestellt hat. Dass die Aussagen Leimgrubers sinngemäss wiedergegeben worden seien – wie die «BaZ» geltend macht – trifft somit nicht zu. Die Kombination von Titel und Aussage im Text stellt im Ergebnis einen Verstoss gegen Ziffer 1 der «Erklärung» dar.

2. Die Beschwerdeführerin macht zudem einen Verstoss gegen Ziffer 3 der «Erklärung» daran fest, dass der Autor wichtige Elemente von Informationen unterschlagen und Tatsachen entstellt habe, indem er die von Dekan Leimgruber im Vorgang zum Erscheinen des Artikels dem Autor gegenüber gemachten Äusserungen unrichtig wiedergegeben bzw. unterdrückt habe. Die Redaktion macht zu diesem Punkt keine Ausführungen. Zu fragen ist daher, ob die Tatsache, dass die «BaZ» Leimgrubers Aussage «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag» (mit vorausgehender Information, dass die Planung für das nächste Semester seit einiger Zeit abgeschlossen ist) wie folgt zitiert: «Frau Schutzbach hat für das nächste Semester keinen Lehrauftrag erhalten» eine Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» darstellt bzw. ob mit der Ergänzung der Aussage Leimgruber um das Wort «erhalten» ein wichtiges Element an Information unterschlagen bzw. Tatsachen entstellt worden sind. Weiter unten im Text wird gesagt, die Entscheidung, Schutzbach keinen weiteren Lehrauftrag zu erteilen, sei schon vor einiger Zeit gefällt worden. Insofern ist der Artikel in sich selbst widersprüchlich. Letztlich aber wird hier ein Zusammenhang zwischen der laut «BaZ» geäusserten Kritik an Schutzbach und dem Nichterhalt eines neuerlichen Lehrauftrags hergestellt. Dieser Zusammenhang besteht nicht, wie die zitierten Aussagen Leimgrubers belegen. Darin erkennt der Presserat eine Verletzung von Ziffer 1 der «Erklärung» (s. Erwägung 1). Eine allfällige Verletzung von Ziffer 3 der «Erklärung» ist durch Ziffer 1 der «Erklärung» bzw. Erwägung 1 abgedeckt.

3. Die Beschwerdeführerin sieht in der fehlenden Berichtigung eine Verletzung von Ziffer 5 der «Erklärung». Die Beschwerdegegnerin macht geltend, korrekterweise hätte Leimgruber seine Richtigstellung der «BaZ» zustellen müssen. Die zu Ziffer 5 der «Erklärung» gehörende Richtlinie 5.1 verlangt von Journalistinnen und Journalisten, dass sie die Berichtigungspflicht unverzüglich von sich aus wahrnehmen. Die materielle Unrichtigkeit betrifft die Fakten und nicht die sich auf erwiesene Fakten abstützenden Werturteile. Zu fragen ist somit, ob die von der «BaZ» vorgenommene Anpassung des Titels des Online-Berichts (statt «Schutzbach verliert Lehrauftrag» neu «Kein Lehrauftrag für Schutzbach») genügt, um der Berichtigungspflicht nachzukommen. Die Redaktion sagt nichts darüber, wann sie diese Anpassung vornahm, weshalb der Presserat nicht beurteilen kann, ob dies unverzüglich geschehen ist. Der «BaZ» ist jedoch zugutezuhalten, dass sie die Anpassung von sich aus vorgenommen hat. In seiner Stellungnahme 6/2016 hatte sich dem Presserat die Frage gestellt, ob eine Berichtigung allein in der Datenbank (der SDA) ohne Hinweis an die Redaktionen genügte, um der Berichtigungspflicht nachzukommen. Er war zum Schluss gekommen, dass nur ein Hinweis an die Redaktionen dazu führen könnte, dass allfällig falsche Informationen auch für die Öffentlichkeit noch korrigiert werden. Der Leser jeden Berichts, der sich auf die SDA-Meldung abstützte, habe nichts von dieser Falschmeldung erfahren. Diese Argumentationslinie gilt auch im vorliegenden Fall: Eine Berichtigung hätte unverzüglich und separat in einer neuen Ausgabe der «BaZ» vorgenommen werden müssen, um die korrekte Information den Leserinnen und Lesern in der Print- und Onlineversion zugänglich zu machen. Zudem wäre eine Kennzeichnung der vorgenommenen Änderung des Titels («Kein Lehrauftrag für Schutzbach» statt «Schutzbach verliert Lehrauftrag») im Sinne der Nachvollziehbarkeit für die Leser nötig gewesen.

Ausserdem beschränkte sich die Zeitung darauf, lediglich den irreführenden Titel richtigzustellen. Die Passagen im Lauftext, die sich auf Schutzbachs Lehrauftrag bezogen und auf die sich der falsche Titel stützte, hat die Redaktion nicht berichtigt. Auch das inkorrekt wiedergegebene Zitat des Dekans blieb unverändert stehen. Die «BaZ» ist somit der Pflicht zur umgehenden und vollständigen Berichtigung gemäss Ziffer 5 der «Erklärung» nicht nachgekommen.

III. Feststellungen

1. Die Beschwerde wird gutgeheissen.

2. Die «Basler Zeitung» hat mit dem Artikel «Schutzbach verliert Lehrauftrag» vom 28. November 2017 die Ziffern 1 (Wahrheit) und 5 (Berichtigung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt.