Nr. 6/2022
Leserbriefe

(X. c. «K-Tipp»)

I. Sachverhalt

A. Am 20. Oktober 2021 erschien im Konsumentenmagazin «K-Tipp» ein Leserbrief von X. Er bezog sich auf einen zuvor erschienenen Artikel zum Thema Herabsetzung der Zoll-Freibeträge und hatte den Wortlaut: «Wir kaufen im Ausland gern Geschenke, Kleider, Schuhe und Andenken. Jetzt aber drohen Kostenschock und Zollstau. Wer ergreift die Initiative für die Freiheit der Schweizerinnen und Schweizer, damit sie dort einkaufen können, wo es am günstigsten ist?» Gezeichnet war der Leserbrief mit X., Schwerzenbach ZH (Vorname und Name waren ausgeschrieben, Anm. des Presserats).

B. Am 24. Oktober 2021 reichte X. Beschwerde beim Schweizer Presserat ein. Sie macht geltend, der Wortlaut ihres Leserbriefes sei von der Redaktion des «K-Tipp» unstatthaft abgeändert worden. Die Zeitschrift weise auf der Leserbriefseite darauf hin, habe ihr das auch per Mail so kommuniziert, dass Leserbriefe gekürzt werden könnten, nicht jedoch, dass sie umgeschrieben werden könnten. Damit, dass dies in ihrem Fall erfolgt sei, verletze die Redaktion die Ziffern 3 (Unterschlagen wichtiger Informationen, Entstellen von Tatsachen), 4 und 5 (Berichtigung) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» (im Folgenden «Erklärung»). Aus dem der Beschwerde beigelegten Mailverkehr mit der Redaktion ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin an zweierlei Anstoss nahm: Zum einen hatte sie eine Senkung des Freibetrags für im Ausland erworbene Güter wegen deren Auswirkung auf Urlauber kritisiert, welche Geschenke für Verwandte aus dem Ausland mitbringen wollten. Durch die Umformulierung beziehe sich die Kritik nun aber auf alle, die im Ausland billig einkaufen wollten. Das habe sie nicht so gemeint und das stelle sie in ein schiefes Licht. Sie werde damit als geizig dargestellt. Und zum zweiten habe sie gefragt, wer das Referendum für die Freiheit der Schweizer ergreife. Damit habe sie bewusst auf ein demokratisches Mittel Bezug genommen, was mit dem umgeschriebenen Text abgeändert worden sei.

C. Am 12. November 2021 bat der Presserat die Konsumenteninfo AG, im Namen von «K-Tipp» zur Beschwerde Stellung zu nehmen und orientierte die Parteien, dass er die Beschwerde gestützt auf Artikel 17 Absatz 2 des Geschäftsreglements aus verfahrensökonomischen Gründen auf den Aspekt des unsachgemässen Umgangs mit Leserbriefen beschränke, also auf die Ziffer 5 der «Erklärung» und dort auf den umgeschriebenen Satz «damit sie dort einkaufen können, wo es am günstigsten ist».

D. Mit Beschwerdeantwort vom 9. Dezember 2021 beantragte der Anwalt der Konsumenteninfo AG namens des «K-Tipp», die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Er begründet dies damit, dass es den Redaktionen gemäss Richtlinie 5.2 (Leserbriefe und Online-Kommentare) zur «Erklärung» zustehe, Leserbriefe zu kürzen und zu redigieren. Genau dies habe die Redaktion nach bestem Wissen getan. Es sei inhaltlich nichts Wesentliches an der fraglichen Passage geändert worden. Aus den Sätzen: «Wer ergreift das Referendum für die Freiheit der Schweizer?» und «Während die Grenzgänger mit der Einfuhrbescheinigung öfter günstig einkaufen, endet jeder Urlaub mit einem Kostenschock und Zollstau» habe die Redaktion korrekt gekürzt und umformuliert mit dem Satz: «Wer ergreift die Initiative für die Freiheit der Schweizerinnen und Schweizer, damit sie dort einkaufen können, wo es am günstigsten ist?» Angesichts des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin mit dieser Fassung nicht einverstanden war, habe «K-Tipp» den fraglichen Nebensatz ohne Anerkennung einer Pflicht aus dem PDF auf ihrer Website entfernt. Woanders sei der Leserbrief nicht mehr aufgeführt.

E. Am 7. Februar 2022 teilte der Presserat den Parteien mit, die Beschwerde werde vom Präsidium des Presserats behandelt, bestehend aus Susan Boos, Präsidentin, Annik Dubied, Vizepräsidentin, Max Trossmann, Vizepräsident, und Ursina Wey, Geschäftsführerin.

F. Das Präsidium des Presserats hat die vorliegende Stellungnahme am 4. März 2022 verabschiedet.

II. Erwägungen

1. Der Presserat geht davon aus, dass der ursprüngliche Leserbrief der Beschwerdeführerin nicht einfach zu verstehen und entsprechend im Wortlaut nicht druckreif war. Als Beispiel, zitiert aus den Unterlagen der Beschwerdeführerin, diene der Auszug: «Wir kaufen gerne im Ausland Kleidung, Schuhe, Geschenke von hausgemachten Lebensmittel = Wertschätzung am Zoll? Spezialitäten (1 l Kernöl
€ 25,–), Dankeschön an Nachbarn = gestrichen»). «K-Tipp» ist recht zu geben, dass hier ein Fall vorliegt, wo gemäss Richtlinie 5.2 nicht nur gekürzt, sondern auch redigiert werden darf und muss.

2. Es bleibt die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin gerügte Passage und deren Kürzung wie von Richtlinie 5.2 gefordert «dem Sinn entsprechend» erfolgt ist. Aus dem Leserbrief der Beschwerdeführerin geht hervor, dass sie speziell das Interesse von UrlauberInnen anspricht, welche durch die Senkung des Freibetrags behindert würden, wenn sie Geschenke über die Grenze bringen wollen, während die redigierte Fassung davon spricht, dass alle Schweizerinnen und Schweizer dort einkaufen können sollen, wo es am günstigsten ist. Das ist nicht eine präzise Zusammenfassung, es war so von der Beschwerdeführerin offenbar nicht gemeint, aber sie ist insofern nachvollziehbar, als die Beschwerdeführerin in ihrem Text Grenzgänger mit deren Vorteilen den Urlaubern gegenüberzustellen und so Gleichberechtigung für alle zu fordern scheint. Deswegen kann der Presserat die gefundene Formulierung nicht als falsch taxieren.

Es fragt sich aber, ob die Redaktion nach Erhalt des Leserbriefes nicht gleich die redigierte Version zurückschicken sollte, anstatt nur einen Formbrief mit dem Hinweis, dass der Brief gekürzt werden könnte. Ebenso wäre es hilfreich, wenn der Hinweis in der Zeitschrift, wonach Leserbriefe gekürzt werden können, ergänzt würde mit «redigiert und gekürzt werden können». Insbesondere mahnt aber der Presserat den «K-Tipp», Leserbriefe möglichst sorgfältig zu bearbeiten.

III. Feststellungen

1. Der Presserat weist die Beschwerde ab.

2. «K-Tipp» hat mit der Bearbeitung des Leserbriefes von X. die Ziffer 5 (Leserbriefe und Online-Kommentare) der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» nicht verletzt.